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29.09.12 / Unbeliebter Kandidat / Martin Schulz könnte dennoch Präsident der EU-Kommission werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-12 vom 29. September 2012

Unbeliebter Kandidat
Martin Schulz könnte dennoch Präsident der EU-Kommission werden

Weit bevor im Jahr 2014 die Amtszeit des EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso endet, haben die ersten Gedankenspiele begonnen, wer seine Nachfolge antreten könnte. Innerhalb der Fraktion der europäischen Sozialdemokraten wird der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz (SPD), als aktueller Favorit für den Kommissionsvorsitz gehandelt. Da geplant ist, den jeweiligen Kandidaten für den Kommissionspräsidenten auch im Wahlkampf der Europawahl 2014 groß herauszustellen, darf allerdings bezweifelt werden, dass Schulz tatsächlich als Sympathieträger im europaweiten Wahlkampf taugt. Sein Umgangsstil wird oftmals als arrogant und polemisch empfunden. Einiges Aufsehen erregte etwa der gelernte Buchhändler, als er Kritikern der Euro-Rettungsversuche um den Wirtschaftsprofessor Hans-Werner Sinn relativ unverblümt bescheinigte, von dem, was sie äußerten, nicht allzu viel zu verstehen.

Als zunehmend unwahrscheinlich gilt, dass der derzeitige Amts­inhaber, der Portugiese José Manuel Barroso, nochmals zu einer dritten Amtszeit antritt. Zu gering ist inzwischen der Rückhalt im eigenen Lager, dem Parteienbündnis Europäische Volkspartei (EVP-Fraktion), zu der auch die deutsche CDU gehört. Selbst in den eigenen Reihen der EVP gilt Barroso inzwischen als verbraucht und Mann von gestern. Ebenso unwahrscheinlich ist, dass Barroso noch einmal die Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel für eine Wiederwahl erhalten könnte. Im Jahr 2004 war es noch ihr Einsatz, der für Barroso den Weg an die Spitze der EU-Kommission frei machte. Den damals gewährten Vertrauensvorschuss dürfte Barroso inzwischen mehrfach verspielt haben. Zu lange hatte er etwa gegen den ausdrück­lichen Willen der deutschen Kanzlerin an der Idee von Euro-Bonds festgehalten.

Einem Bericht des polnischen Politmagazins „Uwazam Rze“ zufolge, wird im Bündnis der europäischen Volksparteien inzwischen der polnische Ministerpräsident Donald Tusk als der derzeit „einzige mögliche“ Kandidat für die Nachfolge Barrosos angesehen. Ob die Karriereplanungen für Schulz oder Tusk überhaupt eine Chance auf Umsetzung haben, hängt nicht zuletzt von den Wahlen zum Europaparlament ab, die für Juni 2014 angesetzt sind. Eine anhaltende Euro-Krise und zunehmender Verdruss an der Brüsseler Politik könnte dafür sorgen, dass EU-kritische Kräfte erstmals in solchem Umfang ins Europaparlament einziehen, dass die bisher komfortable Machtbasis der etablierten Pro-EU-Kräfte im EU-Parlament ins Wanken gerät. Die Grundlage dafür, dass sogar kleinere europakritische Parteien aus Deutschland erstmals eine Chance haben, ins Parlament einzuziehen, könnte das Bundesverfassungsgericht gelegt haben: Die bisher in Deutschland bei Europawahlen geltende Fünfprozenthürde ist im November 2011 für nichtig erklärt worden.

Bleiben wird allerdings ein lang bekannter eklatanter Missstand: Wählern kleinerer, bevölkerungsarmer Staaten wurde ein Stimmgewicht eingeräumt, das bis zum Zwölffachen des Stimmgewichts der Wähler großer Staaten wie Deutschland beträgt. Mit dem inzwischen geltenden Lissabon-Vertrag ist dieser Missstand nicht etwa abgestellt, sondern sogar noch weiter verstärkt worden. N.H.


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