26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.09.12 / Dämpfer für Schottland / Keine automatische EU-Mitgliedschaft bei Unabhängigkeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-12 vom 29. September 2012

Dämpfer für Schottland
Keine automatische EU-Mitgliedschaft bei Unabhängigkeit

Einen starken Dämpfer haben schottische Hoffnungen erhalten, automatisch EU-Mitglied zu werden, sobald man sich von Großbritannien getrennt hat. Es ist EU-Kommissionschef José Manuel Barroso, der den Traum von der Mitgliedschaft, die quasi von Großbritannien „geerbt“ würde, hat zerplatzen lassen. Neue Staaten, die EU-Mitglied werden, müssten sich dafür in einem eigenen Verfahren bewerben, so Barroso in einem BBC-Interview. In der Aussage steckt mehr Brisanz, als zunächst scheinen mag. Bisher hatte der schottische Ministerpräsident Alex Salmond den Eindruck verbreitet, ein unabhängiges Schottland würde nach seiner Abspaltung von Großbritannien automatisch als Nachfolgestaat die Konditionen der britischen EU-Mitgliedschaft übernehmen.

Barrosos Absage ist Wasser auf die Mühlen von Kräften, die an der Union mit Großbritannien festhalten wollen. Süffisant heißt es nun etwa aus den Reihen der sogenannten „Better Together“-Kampagne, Barrosos Bemerkungen würden auch die Zusicherungen von Salmond in Frage stellen, dass Schottland nicht den Euro oder EU-Verpflichtungen zu Grenzkontrollen übernehmen müsse.

Zusätzlich birgt das nun absehbare Prozedere von Aufnahmeverhandlungen für die schottischen Unabhängigkeitsbestrebungen noch eine andere Gefahr. Im Anschluss an die Beitrittsverhandlungen ist eine Vertragsratifizierung durch alle 27 EU-Länder erforderlich. Durch einfache Nichtunterzeichnung des Vertrages könnte nicht nur Großbritannien die EU-Mitgliedschaft Schottlands blockieren, sondern auch all jene Länder, in denen es ebenfalls Abspaltungstendenzen gibt, könnten aus taktischen Gründen dagegen stimmen.

Für Spanien ist der Versuch, ein Exempel zu statuieren, naheliegend. Madrid versucht selbst, die immer stärker werdenden Separationsbestrebungen in Katalonien und dem Baskenland zu unterbinden. Rein vorsorglich könnte auch Italien versucht sein, Absetzversuche der annektierten Südtiroler zu entmutigen. Verfolgt wird die Dis-kussion um den künftigen EU-Status von Schottland vor allem in Katalonien. Wie in Schottland ist auch dort für das Jahr 2014 eine Abstimmung über die Unabhängigkeit geplant. Zumindest nach den bisherigen Planungen, denn inzwischen mehren sich die Zeichen, dass die Loslösungsbestrebungen eskalieren könnten. Unter der Parole „Katalonien, ein neuer Staat in Europa“, sind bereits am 11. September mehr als 1,5 Millionen Menschen für die Unabhängigkeit auf die Straße gegangen. Der größten Massendemonstration seit dem Tode Francos im Jahr 1975 folgte ein spektakuläres Scheitern von Verhandlungen am 20. September zwischen dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und dem katalonischen Ministerpräsidenten Artur Mas. Auf dem Tisch lag die Forderung, Katalonien ein eigenes Finanzierungssystem zu geben. Mit über 20 Prozent trägt Katalonien überdurchschnittlich zur Wirtschaftsleistung Spaniens bei, ist aber selbst soweit unterfinanziert, dass es in Madrid um Finanzhilfen bitten muss. Eigentlich dazu gedacht, separatistischen Regungen den Wind aus den Segeln zu nehmen, könnten die fehlgeschlagenen Verhandlungen über einen Fiskalpakt mit dem spanischen Zentralstaat nun sogar zum Katalysator der katalonischen Abspaltungstendenzen werden. Wohin die Entwicklung nun gehen könnte, hatte Mas bereits vor den Verhandlungen mit Rajoy klar gemacht: „Wenn es kein Abkommen gibt, ist der Weg zur Freiheit Kataloniens frei“. Norman Hanert


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren