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29.09.12 / Keine Alternative / Weißrussische Parlamentswahl war nur eine Inszenierung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-12 vom 29. September 2012

Keine Alternative
Weißrussische Parlamentswahl war nur eine Inszenierung

Nach der Wahl ist vor der Wahl. So könnte man die Situation nach der weißrussischen Parlamentswahl am vergangenen Wochenende beschreiben. Zwar hatte Alexander Lukaschenko diesmal einige Kandidaten der Opposition offiziell zugelassen, deren Wahlkampf wurde jedoch massiv behindert. Bilder von Verhaftungen Oppositioneller durch Männer in Zivil gingen um die Welt. Selbst vor ausländischen Reportern machten Lukaschenkos Häscher keinen Halt. Auch ZDF-Korrespondentin Anne Gellinek wurde zur unerwünschten Person erklärt.

Zwei Kandidaten der größten Oppositionsparteien „Vereinigte Bürgerpartei“ und „Weißrussische Volksfront“ bewiesen Mut, indem sie wenige Tage vor der Wahl ihre Kandidatur zurückzogen und zum Boykott der Wahl aufriefen. Sie begründeten ihren Schritt damit, dass sie ein Zeichen setzen wollten gegen die undemokratische Art und Weise des Regimes. Ihre Wahlkampfveranstaltungen waren behindert worden, Auftritte im Staatsfernsehen unmöglich. Es habe keinen Sinn, sich an einer Farce zu beteiligen. Nirgendwo sind die Namen der Kandidaten zu lesen. Das legt den Schluss nahe, dass sie selbst Teil der Farce sind. Der Oppositionelle Alexander Milinkewitsch behauptet, dass Lukaschenko ohnehin nur Kandidaten zugelassen habe, die ihre Kandidatur wieder zurückziehen würden. Ernsthafte Oppositionelle hätten erst gar nicht die Zulassungshürde geschafft.

Hohe Geldstrafen für „destruktive Ideen“ und der Ausschluss von künftigen Wahlen, das droht den Kandidaten, die ihre Kandidatur zurückgezogen hatten. Lydia Jermoschina, Chefin des Zentralen Wahlkomitees, hat bereits eine entsprechende Gesetzesänderung vorgeschlagen.

Durch die Unterdrückung des oppositionellen Wahlkampfs weiß die Bevölkerung so gut wie nichts über Existenz und Ziele einzelner Parteien. In den staatlichen Massenmedien wird durchgängig negativ über sie berichtet, sie werden als Destrukteure oder Spinner herabgesetzt. Nach der Wahl triumphierte Lukaschenko ob des Rück-zugs der Opposition. Er verhöhnte die Kandidaten als „feige Typen“. Experten glauben, dass die Zulassung einer begrenzten Opposition inszeniert war und Lukaschenko dazu diente, der Europäischen Union zu beweisen, wie demokratisch er ist, weil Weißrussland von Europa eine Lockerung der Wirtschaftssanktionen erwarte.

Der Boykott löste auch innerhalb der Opposition Diskussionen aus. Während Bürgerpartei und Volksfront betonen, dies sei ein erster Schritt hin zu ehrlichen Wahlen, halten die Vertreter von „Gerechte Welt“, „Weißrussische Sozialdemokraten“ und Bewegung „Sag die Wahrheit“ den Rückzug für eine Kapitulation, die nur dem Ansehen der Politiker schade. Weil eine Parlamentswahl in Weißrussland ohnehin relativ unbedeutend ist, will die Opposition ihre Kräfte nun auf die Präsidentenwahl 2015 konzentrieren. Ob sie das Volk erreicht, steht in den Sternen. Milinkewitsch, der 2005 schon einmal gegen Lukaschenko angetreten war, berichtet von einer tiefen Depression, in der die Gesellschaft stecke. Die Opposition müsse sich auf einen Kandidaten und eine klare Aussage einigen, um eine Chance zu haben. Ein Faktor könnte ihnen in die Hände spielen: Die Wirtschaft befindet sich auf ungebremster Talfahrt. Sollte die Unterstützung aus Russland ausbleiben, könnte dieser Umstand dazu beitragen, Lukaschenkos Herrschaft zu beenden. M. Rosenthal-Kappi


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