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29.09.12 / Jubiläum in »Goldgräberstimmung« / 50 Jahre ESO – Die Organisation betreibt in Chile mit europäischem Geld Astrophysik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-12 vom 29. September 2012

Jubiläum in »Goldgräberstimmung«
50 Jahre ESO – Die Organisation betreibt in Chile mit europäischem Geld Astrophysik

Am 5. Oktober wird die Europäische Südsternwarte (ESO) 50 Jahre alt. Die „Europäische Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre“, so ihr korrekter offizieller Titel, ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung; sie zählt heute 15 Mitgliedsländer und betreibt Teleskope in Chile.

Angefangen hat alles vor sechs Jahrzehnten. Als einer der ersten sprach sich der Astrophysiker Walter Baade für einen Zusammenschluss der astronomischen Forschung in Europa aus. 1953 schlug er ein gesamteuropäisches Institut zur Erforschung des südlichen Himmels vor, weil ei­nerseits nur im Süden interessante Himmelsregionen wie das Zentrum der Milchstraße im Sternbild Sagittarius, die sonnennächsten Sterne Alpha Centauri und Proxima Centauri sowie unsere Nachbargalaxien, die große und die kleine Magellansche Wolke, beobachtet werden können, andererseits die Sternwarten in Argentinien, Chile, Südafrika und Australien lediglich kleinere Instrumente besaßen oder schlechter ausgestattet waren als die großen Observatorien Europas. So entstand die Idee, mit dem Geld des vergleichsweise reichen Europas auf der geographisch günstigeren Südhälfte der Erde Astrophysik zu betreiben.

In der Folgezeit trafen sich unter anderem die Astronomen Baade, Jan Hendrik Oort, André Danjon, Bertil Lindblad, Pieter Oosterhoff, Adriaan Blaauw und Otto Heck­mann an verschiedenen europäischen Forschungseinrichtungen. Gemeinsam betrieben sie Lobbying für diese Idee. Nachdem die Astronomen bei ihren Regierungen intensive Überzeugungsarbeit geleistet hatten, unterzeichneten Vertreter aus Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Schweden am 5. Oktober 1962 die Gründungsvereinbarung für die ESO.

Ihr erster Direktor wurde noch im selben Jahr mit Heckmann einer der bekanntesten Befürworter des Projektes in Deutschland. Bereits ein Jahr vor der ESO-Gründung hatte er an Oort geschrieben: „… es würde mir als lohnende Aufgabe erscheinen, den Rest meines wissenschaftlichen Lebens dem Aufbau des ESO zu widmen“. Im selben Schreiben zeigte er allerdings auch ein Problem auf: „Da ich aber mit der Universität Hamburg und der Hamburger Sternwarte sehr fest verknüpft bin, so ist die Lösung dieser alten Bindungen schwierig …“

Da kam es Heck­mann entgegen, dass das Zentrum der ESO anfangs in Hamburg lag. Die Sternwarte in Hamburg verlor jedoch an Bedeutung und München lief der Hansestadt den Rang ab. In den 70er Jahren entstand in Garching eine Wissenschaftsstadt, wo neben mehreren Max-Planck-Instituten und anderen Forschungseinrichtungen auch die ESO hinzog.

Die erste Sternwarte der Organisation wurde auf dem 2400 Meter hohen La Silla in Chile errichtet. Das Observatorium besitzt optische Teleskope mit Spiegeldurchmessern von bis zu 3,6 Metern. Der HARPS-Spektograf in La Silla ist derzeit eines der besten Instrumente weltweit zur Suche nach Exoplaneten. 1999 ging das Very Large Telescope (VLT) auf dem Cerro Paranal in der Atacamawüste in Betrieb. Das VLT ist führend in der europäischen Astronomie und lieferte zum Beispiel die ersten direkten Bilder eines Exoplaneten und bestimmte genauer den Durchmesser wie die Temperatur des Plutomonds Charon. Im Norden Chiles wird derzeit das Atacama Large Millimeter/sub­milli­meter Array (ALMA) errichtet, das 2013 fertiggestellt sein soll und von Europa, Nordamerika und Ostasien in Zusammenarbeit mit der Republik Chile getragen wird. Insgesamt 66 Präzisionsantennen arbeiten wie ein einzelnes Teleskop und untersuchen die Grundbausteine von Sternen, Planetensystemen und Galaxien.

ESO-Generaldirektor Tim de Zeeuw, sozusagen der aktuelle Nachfolger Heck­manns, ist hinsichtlich der Zukunft optimistisch gestimmt: „Das 50-jährige Jubiläum der ESO kommt genau zur rechten Zeit, denn in der europäischen bodengebundenen Astronomie herrscht Goldgräberstimmung. Seit ihrer Gründung im Jahr 1962 hat die ESO einen langen Weg zurückgelegt. Heute spielt die ESO als erfolgreichstes Observatorium der Welt eine führende Rolle in der astronomischen wissenschaftlichen Gemeinschaft.“ Ulrich Blode


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