24.04.2024

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06.10.12 / Altersschwätzer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-12 vom 06. Oktober 2012

Jan Heitmann:
Altersschwätzer

Eigentlich sollten wir Deutschen stolz sein können auf Günter Grass, schließlich ist er Literaturnobelpreisträger. Doch gerade, seit er diese hohe Auszeichnung erhalten hat, ist er mehr als nur der Autor berühmter Romane. Zunehmend vermischt er seine Rolle des öffentlich auftretenden Literaten mit seiner Literatur. So kann es nicht verwundern, dass er nachgelegt hat und auch sein neuer Gedichtband „Eintagsfliegen“ wieder Angriffe auf die israelische Politik enthält. Wieder geht es um das Atomprogramm, allerdings nicht um einen Erstschlag gegen den Iran, sondern um den zweifellos kritikwürdigen Umgang der israelischen Justiz mit dem Nuklearforscher Mordechai Vananu. Dass seine Urteilskraft allerdings erheblich getrübt ist, sieht man allein schon an der Lobeshymne auf seinen rumänischen Schriftstellerkollegen Oskar Pastior, der immerhin in den Diensten von Ceausescus Foltergeheimdienst Securitate gestanden hat.

Auf Kritik reagiert Grass stereotyp, nämlich mit selbstgefälliger Lamoryanz. Ausgerechnet er, der an seine Mitmenschen stets höchste ethisch-moralische Ansprüche gestellt hat – denen er, wie wir heute wissen, selbst nicht gerecht wurde. Wie ein Fallbeil ließ er sein scharfes Urteil auf jeden von ihm Kritisierten herabsausen. Und jetzt, mit altersbedingt nachlassender literarischer Schaffenskraft, mutiert er auch noch zum unorthodoxen Mahner, der die Welt mit seinen geistigen Ergüssen nur noch nervt. Für Grass gilt das Gleiche wie für manchen ehemaligen Politiker: Wer nichts mehr zu sagen hat oder zu einem differenzierten Urteil nicht mehr fähig ist, sollte schweigen. Und wir sollten den Altersschwätzer Grass einfach nicht mehr ernst nehmen.


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