29.03.2024

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06.10.12 / Siegt Hitler bei Facebook?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-12 vom 06. Oktober 2012

Moment mal!
Siegt Hitler bei Facebook?
von Klaus Rainer Röhl

Hätte Hitler bei Facebook gesiegt? Klar. Das Internet hat heute weitaus mehr Möglichkeiten und erreicht mehr Menschen als das Radio und die Riesenaufmärsche und Kundgebungen von 1932. Die Flugreisen des „Führers“ während der Wahlkämpfe mit drei Ansprachen am Tag, immer im Reichsprogramm des Rundfunks übertragen, erreichten jeden Staatsbürger. Aber die hatten wirklich noch die freie Wahl. Die Deutschen in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg konnten ihre zahllosen eigenen Parteizeitungen lesen und statt zu Hitlers Kundgebungen im Sportpalast auch zu den ebenfalls musikalisch, von schmissiger Schmalmeien-Blasmusik eingerahmten Massenkundgebungen mit den stimmgewaltigen Agitationen des begnadeten Volksredners Ernst Thälmann gehen. Was ein aufrüttelndes Fest für die Sinne gewesen sein muss, gerade als Kontrastprogramm zu Hitler und Goebbels – die Kundgebungen fanden gleich hintereinander, wenn möglich am gleichen Ort in Berlin und anderen Großstädten statt.

Die Möglichkeiten für Demagogen waren seit der Kaiserzeit um das Hundertfache gewachsen. Das Interesse unserer Großväter an den Kundgebungen war groß, die Volksreden großartiges Theater mit Pauken und Trompeten und die Anteilnahme des Publikums ausschlaggebend. Sozialdemokraten und Konservative konnten mit Radikalen am Ende nicht mehr mithalten. Das Publikum wirkte mit. Die Kampflieder sangen die Menschen laut und begeistert mit, oft waren es die gleichen mit umgedichtetem Text wie „Brüder in Zechen und Gruben“ oder das unsterbliche Lied für den Südtiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer, dessen Kehrreim statt „wie könnt ich je vergessen / mein schönes Land Tirol“ jetzt hieß „wir sind die junge Garde / des Proletariats.“ Fast alle Lieder handeln von der Freiheit! Seltsam. Keine Schallplatte hat bis heute die „Freiheitslieder“ der Feinde der Freiheit aufgezeichnet – ich kann sie alle auswendig. Vielleicht sollte ich eines Tages selbst eine solche Platte produzieren.

Die Kundgebungen, auf denen unsere Großeltern im November 1932 darüber entschieden, ob Hitler oder Stalin am Ende in Deutschland regieren sollte, wurden beendet mit erhobener Faust und „Rot-Front“, gelegentlich auch gleich mit „Heil Moskau!“ und der „Internationalen“. Oder mit „Sieg Heil!“ und ausgestrecktem Arm und dem Deutschlandlied. Unsere Vorfahren hatten die Wahl und wirkten bei der Auswahl ihrer Lieblinge mit. „Heil Moskau“ oder „Heil Hitler!“

Haben die Internet-Nutzer von heute mehr Macht? Das Internet verkürzt die Schnelligkeit der Verbreitung von Propaganda auf ein paar Sekunden und erweitert die Reichweite praktisch auf die ganze Welt. Wirken wir über das Internet bei den politischen Entscheidungen mit? Das ist selbst bei den Piraten nicht mehr sicher. Wer wählte den neuen Kanzlerkandidaten der SPD? War es wenigstens eine Urabstimmung per Internet? Stimmten die 19 Millionen deutscher Internetnutzer der Milliarden-Verschuldung durch den europäischen Rettungsschirm ESM zu, mit einem Mausklick?

Freilich kann man mit Facebook Leute zusammentrommeln und sie an einem bestimmten Ort in Massen erscheinen lassen – etwa 3000 Menschen auf einer Geburtstagsparty in einer Dreizimmerwohnung oder eine Million in einem ägyptischen Park. Eine geschickte und gut organisierte Strategie vermag, wie wir bei der „Arabellion“ gesehen haben, ganze Herrschafts-Eliten zu stürzen und andere an ihre Stelle zu setzen. Geplant ist alles, sogar die Todesopfer und ihre Anzahl. Spontan, wie unsere romantischen Feuilletonisten und Nah-Ost-Experten immer noch meinen, sozusagen als ein „Schwarmverhalten“ der kleinen User-Amöben, ist da nichts. So brachte der sogenannte arabische Frühling in fast allen betroffenen Ländern einen Sieg des Islamismus, in unterschiedlicher Stärke und Offenheit. In einigen Ländern sogar die Wiedereinführung der Scharia. Bei den arabischen Frauen sehen wir bei jeder Fernsehübertragung fast nur noch das Kopftuch, statt der zaghaften Unabhängigkeits-Erklärung der ersten Tage die Untertänigkeits-Erklärung – im Grunde also die ideologische Rückkehr zum Harem.

Es ist wahr: Nicht der Buchdruck ist an Luthers Aufstieg schuld, aber er beschleunigte ihn. Bis die Gegenreformation sich seiner bediente. Der Buchdruck ist ebenso wenig aus der Welt zu bannen wie die Schrift und das Internet. Doch über die Schrift und den Buchdruck wissen wir was, offenbar. Aber wer oder was ist das Netz? Sitzt es in einem Haus mit Telefonen, hat es Adresse und Hausnummer?

Niemand von den milliardenschweren Unternehmen, die das weltweite Netz betreiben und verbreiten, ist schuldig, wollen die gebildeten Naseweise der Medien uns weismachen. Das Netz ist ein Phänomen, heißt es, wie eine Naturgewalt, ein Tsunami oder ein Hurrikan. Oder eben Face­book. Machen wir uns schlau: Was ist Facebook? Ein amerikanisches Unternehmen mit einem Milliarden-Umsatz durch Werbeeinnahmen. Eine Firma, die im Mai 2012 kurz vor dem Börsengang 100 Milliarden US-Dollar wert war. Erfunden wurde das Unternehmen von einem Studenten der Harvard University namens Mark Zuckerberg. Der Name der Firma bezieht sich auf die sogenannten Facebooks, die Erst-Studenten an amerikanischen Colleges mit Fotos ihrer Mitstudenten erhielten, um die gegenseitige Orientierung zu erleichtern. Mark Zuckerberg und einige Freunde übertrugen die Idee auf eine Internet-Plattform. Jeder Internet-Nutzer kann sich kostenlos anmelden und die übrigen (Millionen) Mitglieder kennenlernen, unter Angabe einiger persönlicher Daten. Rein geht es schnell, raus nur unter sehr beschwerlichen Umständen. „Gute Freunde“ lassen sich nicht gern verlassen. Facebook hat in mehreren Finanzierungsschritten rund 1,24 Milliarden US-Dollar Kapital eingesammelt, die uns noch so gut in Erinnerung gebliebene Firma Goldmann-Sachs legte dort beispielsweise im Januar 2011 mal eben 450 Millionen an. Hat die kluge Erfindung aus den USA mit einem Umsatz von vier Milliarden US-Dollar im letzten Jahr die Situation verändert? Ist an den Lagerfeuern vom „Platz der Befreiung“ in Kairo und den Dauerfeuern in Madrid, Athen und London mehr soziale Gerechtigkeit entstanden? Präzise gefragt, ist die Facebook-Generation „links“? Hat sie noch irgendetwas mit den politischen Hasspredigten der politisch Korrekten und ökologisch Radikalen zu tun, mit den entflammten Müsli-Essern, die fremde Gene nicht auf unseren Äckern dulden wollen und die Felder mit „artfremdem“ Saatgut ab­fackeln? Mit der gleichen Freude an dem hellen Feuerschein, der die Islamisten beim Abfackeln der deutschen Fahne ergreift? Oder ist die Facebook-Generation Vorbote einer ganz anderen Revolution, kommt eines Tages ein Hitler aus dem Netz? Oder ein neuer Stalin, den die Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht einen großen, bedeutenden Mann nennt?

Bloß nicht hysterisch werden bei dem neuen Medium. Wie bei allen neuen Mitteln, die erfunden werden, um die Menschheit zu beuteln, gibt es nach einiger Zeit ein Gegenmittel. Nicht jede öffentliche Werbung für Verbrechen und die Darstellung von Verbrechen muss geduldet werden. Fordern wir bei der nächsten Wahl ein Verbot der politischen Pornographie: Die Verherrlichung von Stalin und Hitler, von Bin Laden und dem militanten Islamismus. Fordern wir es auch per Mausklick. Vielleicht hilft es.


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