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13.10.12 / Nur dem Geld verpflichtet? / Debatte über Nebenjobs bei Abgeordneten lässt Bürger an ihren Vertretern zweifeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-12 vom 13. Oktober 2012

Nur dem Geld verpflichtet?
Debatte über Nebenjobs bei Abgeordneten lässt Bürger an ihren Vertretern zweifeln

Hohe Arbeitsbelastung mache die Lektüre aller zu beschließenden Gesetze unmöglich, klagen Parlamentarier. Frage ist nur, welche Arbeit sie so belastet.

Die Debatte um die stattlichen Nebeneinkünfte des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück hat in der ersten Runde nur Verlierer hinterlassen. Den Sozialdemokraten ist eine Stimmung des Neides auf die Füße gefallen, die sie selbst kräftig geschürt haben. Steinbrück und andere SPD-Spitzennebenverdiener werden das Raunen im Saal ertragen müssen, wenn sie demnächst wieder gegen Banker-Boni und Managergehälter wettern.

Union und FDP ihrerseits sehen sich aus der Rolle des Anklägers jäh auf die Anklagebank versetzt. Listig hat die Opposition gekontert, dass es doch die Schwarz-Gelben gewesen seien, welche die komplette Offenlegung der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten blockiert hätten. Kaum diskutiert wird ein weiterer Aspekt, der politisch noch schwerwiegender erscheint als die Frage nach dem Geld.

In hässlicher Regelmäßigkeit müssen die Deutschen erfahren, dass ihre Volksvertreter Beschlüsse fassen, die diese selbst nicht verstanden haben. So ist den Äußerungen etlicher Politiker zum Euro-Rettungsschirm ESM zu entnehmen, dass sie gar nicht begreifen, was sie da abgenickt haben. Dabei handelt es sich um einen Beschluss von historischer Tragweite, der die Zukunft Deutschlands erheblich beeinträchtigen könnte. In böser Erinnerung ist auch das berüchtigte „57-Sekunden-Gesetz“. Im Frühjahr hatte der Bundestag nach nur 57-sekündiger Beratung ein Gesetz beschlossen, dass die staatlich gespeicherten Privatadressen der Bürger zur frei verfügbaren Handelsware machte. Erst als der Skandal öffentlich wurde, nahmen die Abgeordneten den Akt kleinlaut wieder zurück.

Als Ausrede dient den (zu Recht) Gescholtenen stets der Hinweis auf ihre „enorme Arbeitbelastung als Abgeordnete“, von der sich der normale Bürger angeblich gar keine Vorstellung machen könne.

Wenn diese Belastung wirklich so gewaltig sein soll, dass sie grobe Fehler entschuldigen und großzügige Diäten samt satter Altersversorgung rechtfertigt, dann fragt sich der gemeine Wähler, woher die vermeintlich Überlasteten die viele Zeit hernehmen für so ausgiebige Nebentätigkeiten.

Steinbrück behauptet, seine Redetätigkeit sei integraler Teil seiner politischen Arbeit, also streng genommen gar keine „Nebentätigkeit“. Das erscheint wenig glaubwürdig vor dem Hintergrund, dass er sich etliche Termine von gewerblichen Redneragenturen hat vermitteln lassen.

So bleibt der fahle Eindruck, dass zahlreiche Abgeordnete ihre eigentliche Arbeit schleifen lassen, nur um Geld dazu zu verdienen. Das aber ist nicht nur ärgerlich, es ist gefährlich. Gerade in Zeiten einer globalen Krise hat die volle Aufmerksamkeit der Volksverteter dem Schicksal des Landes zu gehören. Dafür werden sie auskömmlich bezahlt.     Hans Heckel


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