25.04.2024

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13.10.12 / Berlin im Regen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-12 vom 13. Oktober 2012

Berlin im Regen
von Vera Lengsfeld

Allen Versprechungen zum Trotz wird es wohl nichts mit den mediterranen Temperaturen in Berlin. Nach einem lausigen Sommer lässt der goldene Herbst auf sich warten. Was machen die Berliner und ihre Besucher? Sie lassen sich nicht unterkriegen. Nach dem Motto: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur unpassend angezogene Menschen“, hüllen sie sich in Regenkleidung und beleben die Stadt.

Am Alexanderplatz und am Neptunbrunnen ist ein Andrang, als schiene die Sonne. Nur Marx und Engels stehen bedrippelt in der Ecke. Sie mussten für den U-Bahnbau beiseite rücken. Das Marx-Engels-Forum, wie eine Grünanlage zwischen Neptunbrunnen und Spree fix benannt wurde, als die Schöpfer des Marxismus-Leninismus nicht auf ihrem ursprünglich vorgesehenen Standort, dem Marx-Engels-Platz, aufgestellt werden konnten, gibt es nicht mehr. Nun warten die beiden mit finsteren Gesichtern darauf, dass sich jemand ihrer erbarme und sie zum Sozialistenfriedhof bringe.

Auf dem Schinkelplatz gibt es trotz Regen eine Demo der neu gegründeten Schinkelplatzinitiative, die sich gegen die Bebauung eines der herausragendsten Plätze der Hauptstadt mit einem langweiligen Bürogebäude wehrt, dessen Entwurf aussieht, als hätte ein Laie am Computer geübt. Sogar aus Frankfurt sind Aktivisten gekommen, die sich dort für die Revision der Abrisssünden der 70er Jahre stark machen.

Die wunderschöne Schinkelsche Bauakademie, die einst hier stand, wurde, nachdem ihr Wiederaufbau nach Bombenschäden fast  vollendet war, auf Beschluss des Politbüros der SED demontiert. Immerhin ist das Gebäude nicht wie das Schloss gesprengt, sondern abgetragen worden. Die Teile wurden sorgfältig eingelagert, weil das Gebäude an anderer Stelle wieder aufgebaut werden sollte. Dazu kam es aus Geldmangel nie. Jetzt gäbe es die Chance, Schinkels Werk am alten Platz wieder herzustellen. Einen Verein, der sich dafür stark macht, gibt es seit langem, aber noch keinen politischen Willen.

An der Mauergedenkstätte Bernauer Straße ist ebenfalls viel los. Jahrelang fristete das Mauermahnmal ein Schattendasein. Eine Stadträtin der PDS hatte den größten Teil der Grenzanlagen, die hier erhalten bleiben sollten, kurzerhand abreißen lassen, auch den Wachturm. Was übrig geblieben war, vermittelte keinen Eindruck, wie brutal die Grenze war. Das ist nun anders. Über einen Kilometer markieren Eisenstelen den Verlauf der Grenze. Mit Bildern und Dokumentationen wird deutlich gemacht, wie die Stadt  auseinandergerissen wurde. Am Ende bietet die Versöhnungskapelle, die anstelle der gesprengten Kirche entstand, Schutz vor dem Regen. Wer das gesehen hat, weiß, warum Berlin so anziehend ist.


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