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13.10.12 / Unter der Fuchtel Sudermanns / Vor 125 Jahren wurde der Dichter und Dramatiker Rolf Lauckner in Königsberg geboren, der aber im Grunde nur eines war: Stiefsohn

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-12 vom 13. Oktober 2012

Unter der Fuchtel Sudermanns
Vor 125 Jahren wurde der Dichter und Dramatiker Rolf Lauckner in Königsberg geboren, der aber im Grunde nur eines war: Stiefsohn

Ostpreuße. Geboren ’87 in Königsberg.“

So beginnt die Autobiographische Skizze des Schriftstellers Rolf Lauckner, dessen Geburtstag sich am 15. Oktober zum 125. Mal jährt. Seine Skizze umfasst die erste Hälfte seines Lebens bis in das Jahr 1923. Er nennt darin Orte  und Länder, beschreibt auch die Entwick­lung seines dichterischen Werks, erwähnt aber weder Familie noch Freunde, denn nicht die eigene Vita, sondern das Werk sollte im Vordergrund stehen.

 Diese Haltung, die zur Vernichtung der meisten privaten Papiere und Korrespondenzen führte, behielt Rolf Lauckner sein ganzes Leben konsequent bei.

Sein Leben war durch einen besonderen Umstand wesentlich geprägt: Er war der Stiefsohn von Hermann Sudermann (1887–1928), einem seinerzeit sehr berühmten ostpreußischen Dichter, der einen aufwendigen Lebensstil im Gutshaus in Blankensee nahe Potsdam und in der Villa in Berlin-Grunewald führte. Die Mutter Clara geborene Schulz (1861–1924) war Schriftstellerin, gab ihren Beruf aber auf. Sie hatte nach dem frühen Unfalltod ihres Mannes 1891 Hermann Sudermann geheiratet und die Kinder Rolf, seine ältere Schwester llse und den jüngeren, früh verstorbenen  Bruder Witte mit in die Ehe gebracht. Mit Suderman bekam sie eine weitere Tochter, Hede.

Die beiden Lauckner-Kinder gingen zunächst nach Dresden in ein Internat. Für den jungen Rolf ergab sich eine vielschichtige und zugleich widerspruchsvolle Be­ziehung zum Stiefvater, den er zwar bewunderte, von dem er sich aber in Leben und Werk abgrenzen musste.

Lauckner hatte großen materiellen, sozialen und ideellen Nutzen durch diese Verbindung. Der Stiefvater ermöglichte ihm nicht nur das – allerdings ungeliebte – Jura- und Volkswirtschaftsstudium in Würzburg sowie ein halbjähriges Referendariat in seiner  ostpreußischen Heimat in Labiau, sondern auch zahlreiche Reisen ins Ausland. Er war in Schweden, Norwegen, England, Frankreich, Spanien, Italien und zog durch den Balkan bis in die Türkei. Lauckner studierte unter anderem in Lausanne, wo er seine spätere Frau kennengelernt hatte, Elfriede Thum, die als Malerin besser unter dem Pseudonym Erich Thum bekannt war.

Rolf Lauckner arbeitete von 1912 bis 1923 in Berlin und Stuttgart neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit als Redakteur bei der Zeitschrift „Über Land und Meer“. Zu dem Redaktionsposten hatte ihm der Schriftsteller Rudolf Presber verholfen, den er wie andere einflussreiche Persönlichkeiten auch im Sudermannschen Salon kennengelernt hatte, darunter solche, die seinen Weg zur Bühne ebneten: Ludwig Fulda, Helene Thimig, Max Reinhardt, Friedrich Kayssler und Jürgen Fehling – alles Protagonisten seiner frühen Bühnengestalten. Und dort verkehrte auch der später bei einem Attentat getötete Reichsaußenminister Walther Rathenau, der auf das Wirken Lau­ckners ebenfalls einen großen Einfluss ausgeübt hatte.

In der Redaktion und deren Umfeld traf er Paul Fechter, Frank Thieß, Julius Levin, Ferdinand Bruckner, Wilhelm Mießner, Heinrich Lautensack, und Paul Zech.

Nachdem das Wochenblatt in der Inflation sein Erscheinen hatte einstellen müssen, arbeitete Lauckner als freier Schriftsteller. Sein dichterisches Werk setzt noch während des Referendariats 1912 mit einem Lyrikband  ein und endet 1950 mit den Gedichten „Schauen, Schaffen, Sinnen“.

Dazwischen liegt ein reiches und vielgestaltiges Oeuvre, denn der hochmusikalische Lauckner beschäftigte sich nicht nur mit dem Wort, sondern intensiv auch mit der Musik. So schrieb er Melodramen, Opernlibretti und sechs Drehbücher für den Tonfilm. Die Dramen spannen inhaltlich, formal und sprachlich einen Bogen von expressionistischen Stücken wie „Schrei aus der Straße“ und „Wahnschaffe“ bis hin zu Komödien und Historiendramen wie „Bernhard von Weimar“. Manche Theaterstücke verdienten durchaus die Aufmerksamkeit der heutigen Bühnenwelt. Nur an Romane und größeren Erzählungen wagte er sich nicht heran.

Trotz des später distanzierten Verhältnisses zu seinem Stiefvater Sudermann hatte Lauckner nach dessen Tod 1928 das schwere Amt des Testamentsvollstreckers übernommen. So musste er eine Auseinandersetzung ums Erbe mit Hede Sudermann austragen, und er gründete 1929 die Hermann Sudermann-Stiftung. Sie besteht heute noch, vergibt jedoch künftig wegen der aktuellen Sozialgesetzgebung keine Geldspenden für nicht ganz so finanzkräftige Autoren mehr, sondern den Hermann-Sudermann-Preis für Dramatik. Rolf Lauckner ist es auch zu verdanken, dass das Sudermannhaus in Blankensee erhalten ist. Wie sein Stief- und Übervater liebte auch er die brandenburgische Landschaft, die beide an Ostpreußen erinnerte.

Nach der Veröffentlichung seiner „Gesammelten Werke“ in den frühen 50er Jahren starb der krebskranke Rolf Lauckner am 27. April 1954 an einer Lungenentzündung in Bayreuth. Er folgte seiner Frau Elfriede, die zwei Jahre zuvor verstorben war. Beide wurden auf dem Halensee-Friedhof in Berlin-Grunewald im Familiengrab von Clara und Hermann Sudermann beerdigt. Gisela Henze


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