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13.10.12 / Wie das Frische Haff zu seinem Namen kam / Eine interessante Frage aus dem Leserkreis und ihre nicht weniger interessante Antwort

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-12 vom 13. Oktober 2012

Wie das Frische Haff zu seinem Namen kam
Eine interessante Frage aus dem Leserkreis und ihre nicht weniger interessante Antwort

Es war ein Leserbrief, den ich nach kurzem Überfliegen auf die linke Seite meines Schreibtisches legte – getreu dem Motto: Das mach’ ich doch mit links! Dachte ich – aber als ich mich dann näher mit ihm beschäftigte, kamen mir doch Zweifel. Und als ich in meinem Archiv nachzuforschen begann, stellte ich fest, dass ich die zuerst so einfach scheinende Leserfrage vollkommen unterschätzt hatte. Und biss mich so an ihr fest, dass ich jetzt nach langem Recherchieren auf dem Lösungsweg angekommen bin, der sich bisher als der beste erwiesen hat: ein Extra-Beitrag auf unserer Familienseite! Herr Wolfgang Neugebauer aus Bad Segeberg hat die Frage gestellt, und sie lautet: Wie kam das Frische Haff zu seinem Namen?

Unser Landsmann, der schon oft in Gesprächen über Ostpreußen danach gefragt wurde, ist ziemlich ratlos und möchte diese Kenntnislücke schließen. Deshalb wandte er sich an mich, weil mir mehr Möglichkeiten zur Recherche offen stehen, er selber blieb bei seinen Nachforschungen an dem Fluss Frisching als Namensgeber hängen, der aus der gleichnamigen Region – südlich des Pregels, westlich der Alle – kommend in Brandenburg in das Haff mündet. Frisching ist auch der Name eines Dorfes bei Pr. Eylau und einer Ortschaft im Kreis Wehlau. Das hatte ich auch beim ersten Lesen der Frage angenommen, mit der ich mich seltsamerweise bisher nie beschäftigt hatte. Also hieß es absichern! Zuerst bei wikipedia. Und da stieß ich auf folgende Eintragung: „Zeitweise hieß das Haff auch Friesisches Haff, eine Bezeichnung, die von den ersten deutschen Siedlern auf der Nehrung, den Friesen, stammte. Der Begriff wurde im Laufe der Zeit zu Fries’sches Haff und später zu Frisches Haff.“

Das erschien mir denn doch zu mager, zumal als einzige Quelle die aus dem Jahr 1676 stammende geografische Dokumentation „Spectulum Germaniiae“ angegeben war. Also her mit dem „Altpreußischen Wörterbuch“! Und ich fand folgende Erklärung: „In Ordenschroniken heißt es ,das frische Wasser‘ oder ,frisches Meer‘! Oder auch nur schlechthin ,Hab‘. Der Dichter Simon Dach schreibt anno 1634 in einem Poem: ,… auf die Fluth des frischen Habes‘. Dass der Name auf den Fluss Frisching zurückgeht, ist unwahrscheinlich.“ Aber in diesem Wort steht doch ein unsichtbares Fragezeichen und lässt Herrn Neugebauers und meiner Vermutung noch ein Türchen offen. Das aber schlägt der Schriftsteller Louis Passage in seinem 1878 erschienenen Bericht „Aus baltischen Landen“ wieder zu, denn er vermerkt über das Frische Haff: „Betreff seines Namen bedeutet der wohl in der Tat ein frisches Wasser und hat weder mit der Flusse Frisching noch mit der altpreußischen Sprache etwas zu tun.“ Aber aus dieser werden doch die anderen in das Frische Haff mündenden Flüsse namentlich gespeist. Der Frisching muss doch schon vor der Ordenszeit einen Namen gehabt haben und erst recht das Haff?

Hat es auch, denn nach den ersten Berichten der Seefahrer im 9. Jahrhundert hieß es „Aistenmeer“, benannt nach der damaligen Bezeichnung für die Urbevölkerung: „Aistan“, die Achtbaren, nannten die Goten unsere prussischen Vorfahren. Das Haff hatte für die Seefahrt eine große Bedeutung, denn zu jener Zeit gelangten die Schiffe von der Ostsee durch ein Tief im südlichen Teil der Nehrung nach Truso, dem großen Handelsplatz am Drausensee. Die deutsche Bezeichnung „Meer“ deckt sich fast mit dem prussischen Wort „mary“ für Haff. Wie der Frisching in jener Zeit genannt wurde, habe ich bisher nicht feststellen können. Der Ort wurde 1268 gegründet, vielleicht von einem Siedler, der aus Friesland oder so ähnlich hieß. Dann würden wir bei wikipedia richtig liegen. Da aber die See im Laufe der Jahrhunderte immer wieder die schmale Nehrung durchbrach und sich vor allem im nördlichen Teil neue Tiefs bildeten, wenn die alten versandeten – das Pillauer entstand um 1510 –, könnte es doch das „frische Wasser“ sein, das von der See in das Haff strömte. In der Hennebergschen Chronik von 1584 wird der Südteil nicht als „Frisches Haff“ erwähnt, der Name wird nur im Zusammenhang mit den nördlichen Gauen Natangen und Samland genannt. Das würde für das „Frische Wasser-Haff“ sprechen. Aber wiederum mündet bei Brandenburg der Frisching ins Haff, auch als es noch „Aistenmeer“ hieß, wie die Zeichnung von Heinz Georg Podehl verdeutlicht. Sie wurde dem im Verlag Rautenberg erschienenen historischen Roman von Charlotte Wüstendörfer „Patulne und Tyrune“ entnommen.            R.G.


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