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20.10.12 / Feindbild Unternehmer / Paris vertreibt seine raren Investoren durch zusätzliche Steuererhöhungen – Klassenkampf neu belebt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-12 vom 20. Oktober 2012

Feindbild Unternehmer
Paris vertreibt seine raren Investoren durch zusätzliche Steuererhöhungen – Klassenkampf neu belebt

Statt wie im Wahlkampf versprochen, die französische Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen, hat Fançois Hollande bisher nur an der Steuerschraube gedreht. Für viele Unternehmer scheint das Maß nun aber voll zu sein – während einige das Land verlassen, bilden andere nun eine Protestbewegung.

Nur wenige Monate ist es her, dass viele Franzosen erstmals Bekanntschaft mit dem für sie sperrigen Wort „le Mittelstand“ machten. Kaum einer der Kontrahenten im Wahlkampf ließ die Gelegenheit aus, sich als Bewunderer des deutschen Modells mittelständischer Unternehmen zu präsentieren. Zwar hat Frankreich sehr viele Kleinstunternehmen und einige international agierende Großkonzerne, ein Mittelstand nach deutschem Muster fehlt allerdings weitgehend. Berechnungen der Landesbank Saar zufolge, kommen auf einen französischen Mittelständler zwei deutsche. Wo es den französischen Mittelstand gibt, da sind seine Gewinnmargen gering, wird wenig Geld in Forschung gesteckt und kaum exportiert. Diese Schwäche hat einen gehörigen Anteil daran, dass im Jahr 2011 die Lücke zwischen Einfuhren und Ausfuhren auf fast 70 Milliarden Euro angewachsen ist. Vom Wahlkampfversprechen, dies zu ändern, ist wenig übrig geblieben. Die Entwick-lung geht sogar eher in die Gegenrichtung: Zum Stopfen des 30-Milliarden-Haushaltslochs im Jahr 2013 sollen Besserverdienende und Unternehmer erst einmal über zusätzliche Steuern in Höhe von 20 Milliarden Euro zur Kasse gebeten werden.

Die populistischen Steuerpläne zeigen schon jetzt verheerende Folgen, denn sie wirken demoralisierend. Nicht nur auf Großunternehmen, die es nach dem Willen Hollandes vor allem treffen soll, sondern auch auf die vor wenigen Monaten noch gepriesenen Kleinunternehmen und Mittelständler. Schnellen Zulauf erlebt derzeit etwa die Bewegung „Les Pigeons“. Das Wort steht im französischen nicht nur für Tauben, sondern umgangssprachlich auch für „Gelackmeierte“. Als genau solche sehen sich viele Unternehmer mittlerweile. In kurzer Zeit haben sich über die Internetdienste Facebook und Twitter 50000 Menschen zusammengefunden, die sich mit den Zielen der „Pigeons“ solidarisieren. Die Steuerpolitik seit dem Amtsantritt Hollandes scheint darauf aus zu sein, jeglichen unternehmerischen Ehrgeiz auszutreiben, so einer der Vorwürfe der „Pigeons“. Grenzsteuersätze, die von derzeit 32 Prozent auf über 60 Prozent ansteigen sollen, würden zu einer „fast schon sadistischen Demotivation“ führen, lautet eine weitere Klage.

Dass Investoren und Unternehmensgründer endgültig von jeglichem Engagement in Frankreich abgeschreckt werden, fürchten allerdings nicht nur die „Tauben“. „Politische Ideologie sei in Zeiten schwerer struktureller Krise keine gute Lösung“, so lautete unlängst die Warnung von Fran­çois-Henri Pinault, Chef des Luxusgüter-Konzerns PPR (Gucci, Yves Saint Laurent), in Richtung Hollandes. Konsequenzen hat bereits sein Konkurrent Bernard Arnault vom Konzern LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) gezogen. Der reichste Franzose will seinen französischen Pass abgeben und stattdessen Belgier werden. Zwar dementiert Arnauld, dass steuerliche Motive ihn außer Landes treiben, doch es wird davon ausgegangen, dass die Pläne der sozialistischen Regierung, eine 75-Prozent-Abgabe auf Jahreseinkommen von mehr als einer Million Euro einzuführen, der Grund für seinen Weggang sind.

Dass Unternehmer und Besserverdienende nun als diejenigen in den Fokus gestellt werden, die geschröpft werden sollen, um Haushaltslöcher zu stopfen, könnte außer zunehmender Steuerflucht noch eine andere Folge haben. Im Gegensatz zur deutschen Erkenntnis, dass das Wohl der Arbeitgeber und Arbeitnehmer eng miteinander verbunden ist, ist in weiten Teilen der französischen Gesellschaft noch immer ein Bild vom Unternehmer weit verbreitet, das an Klassenkampf erinnert. Der „patron“, der Unternehmer, als Gegner und Ausbeuter, der geschröpft und bekämpft werden muss. Auf die Spitze getrieben wurde diese weitverbreitete Haltung bereits in einigen Arbeitskämpfen, als Manager und Unternehmer als Geiseln genommen wurden.

Die ohnehin eher auf Konfrontation angelegte Einstellung wird noch durch die französischen Gewerkschaften bestärkt. Anders als in Deutschland existiert keine dominierende Einheitsgewerkschaft wie der Deutsche Gewerkschaftsbund, sondern mehrere größere Einzelgewerkschaften konkurrieren miteinander und überbieten sich bei ihren Forderungen an die Arbeitgeber. Die Zeit seit seinem Machtantritt im Mai hat Präsident Hollande weitgehend mit Ankündigungen verstreichen lassen, inzwischen trübt sich die Lage der französischen Wirtschaft immer mehr ein. Bei der Arbeitslosigkeit wurde erstmals seit 13 Jahren die Drei-Millionen-Marke wieder überschritten, eine schwache Binnennachfrage und nachlassende Exporte werden bald zu weiteren Entlassungen führen. Der Kreditversicherer Euler-Hermes rechnet vor diesem Hintergrund mit mehr als 64000 Unternehmensinsolvenzen in Frankreich – ähnlich hoch lag die Zahl zuletzt im Krisenjahr 2008. Norman Hanert


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