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20.10.12 / Kniefall vor China

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-12 vom 20. Oktober 2012

Kniefall vor China
von Harald Tews

Chinas Regierung jubelt. Zum ersten Mal sei ein Nobelpreis an einen chinesischen Bürger vergeben worden, hieß es in den offiziellen Medien, nachdem der 57-jährige Schriftsteller Mo Yan den Literaturnobelpreis erhielt. Rechnet man genauer, dann ist er schon der vierte Chinese, der einen Nobelpreis bekam. Die Staatsmedien unterschlagen, dass der inhaftierte Bürgerrechtler Liu Xiaobo 2010 ebenso den Friedensnobelpreis erhalten hatte wie 1989 der Dalai Lama. Und selbst einen Literaturnobelpreisträger hat man schon seit 2000 aufzuweisen. Damals erhielt der im französischen Exil lebende Lyriker Gao Xingjian den Preis. Zugegeben: Es war eine politische Entscheidung, denn der Dissident hatte weder vorher noch hinterher Bleibendes geschaffen, selbst Sinologen kennen ihn kaum. Aber wann ist die Vergabe des Literaturnobelpreises nicht politisch? Autoren wie zuletzt Vargas Llosa (2010), Pamuk (2006), Pinter (2005) oder selbst Grass (1999) wurden auch, wenn nicht gar vor allem, für ihr politisches Engagement geehrt. Obwohl die Entscheidung für Mo Yan, der mit dem Roman „Das rote Kornfeld“ international erfolgreich war, kaum umstritten ist, erscheint sie wie ein Kniefall vor Chinas Regierung. Denn der Autor gilt als „Staatsschriftsteller“, der bei Auslandsreisen im offiziellen Gefolge mitreist. Wenn man schon die gesamte EU mit dem Friedensnobelpreis auszeichnen kann, dann sollte man nächstes Mal Chinas Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart mit dem Nobelpreis ehren. Das ist dann ein Abwasch: Dissidenten und Opportunisten in einem Boot – das wäre doch mal was.


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