29.03.2024

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20.10.12 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-12 vom 20. Oktober 2012

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

es ist ein Satz, der in den an uns gerichteten Schreiben immer wiederkehrt und kaum in einem Wunschbrief fehlt: „Für jeden Hinweis wäre ich dankbar!“ Er beweist, dass unsere Ostpreußische Familie für viele Suchende der letzte Hoffnungsträger ist, lässt aber auch die Schwere der Fragen erkennen, die uns oft vor unlösbar scheinende Aufgaben stellen und die sich dann auch als solche erweisen. Trotzdem lassen wir nichts unversucht, und so beginnen wir auch heute unsere Kolumne mit einer Anfrage, die diese Schwierigkeiten besonders verdeutlicht: Sie kommt aus Chemnitz von Herrn Udo Thierfelder, der von einer dort wohnenden Leserin auf unsere Zeitung aufmerksam gemacht wurde. Er ist schon seit langer Zeit dabei, seine Familie mütterlicherseits zu finden, kommt aber auch nicht weiter. Was verständlich ist, wenn man die wenigen Angaben liest, die er über seine Mutter und ihre Herkunft machen kann. Herr Thierfelder schreibt:

„Meine Mutter ist im Jahre 1946 als Kleinkind im Erzgebirge adoptiert worden, nachdem sie in einem Kinderheim in Reitzenhain (Sachsen) einige Zeit gelebt hat. Dorthin ist sie wahrscheinlich um 1943/44 als Kleinkind – etwa ein bis zwei Jahre alt – mit einem Kindertransport aus der Königsberger Gegend gekommen. Das Einzige, was wir wissen, ist der Name meiner Mutter sowie die Berufe meiner Großeltern. Meine Oma war Ärztin, mein Opa muss Soldat gewesen sein. Ich habe schon mit vielen Ämtern und Organisationen Kontakt aufgenommen, aber letztlich ohne Erfolg, weil das größte Problem der fehlende Familienname ist. Ohne diesen komme ich nicht weiter. Haben Sie eine Möglichkeit, mir zu helfen? Es muss doch Übersichten geben, in denen eine Ärztin mit Kind verzeichnet ist. Gibt es Unterlagen von Offizieren mit der Angabe des Berufes der Ehefrau? Vielleicht kann auf Grund des doch recht seltenen Vornamens Thelse eine Suche erfolgen?“

Man ersieht aus diesen Ausführungen, welche Vorstellungen manche Anfragenden über das uns zur Verfügung stehende Doku-Material haben. Gehen wir nicht näher auf diese Unmöglichkeiten ein, sondern befassen uns mit den wenigen Fakten, die vielleicht eine Basis für die Suche bilden könnten. Es ist anzunehmen, dass das Kind Thelse im Spätsommer 1944 mit einem Kindertransport aus dem zerbombten Königsberg nach Sachsen kam. Die Tatsache, dass es bereits 1946 adoptiert wurde, deutet darauf hin, dass die Eltern entweder verstorben oder damals nicht in der Lage waren, nach dem Verbleib des Mädchens zu forschen. Vielleicht ist die Mutter bei den Bombenangriffen ums Leben gekommen, vielleicht war der Vater gefallen oder in Gefangenschaft geraten. Da der Nachname von Thelse unbekannt war, unter dem das Kind vielleicht von Angehörigen gesucht wurde, konnte es auch nicht gefunden werden. Der einzige konkrete Ansatzpunkt ist der für Ostpreußen ungewöhnliche Mädchenname. Er könnte darauf hindeuten, dass ein Elternteil aus Friesland stammte. Da das Mädchen nicht mehr im Säuglingsalter war, als es in das Kinderheim in Reitzenhain kam, es somit seit seiner Geburt bis zum Transport in oder um Königsberg gelebt haben muss, besteht ein Fünkchen Hoffnung, dass jemand von unseren älteren Leserinnen und Lesern das Kind und seine Familie gekannt hat. Hier setzen wir zuerst einmal an. (Udo Thierfelder, Am Ahrehang 124 in 09114 Chemnitz, Telefon 0177/1704753, E-Mail: thierfeldertrio@googlemail.com)

Wie sich unsere Leserschaft bemüht zu helfen und mit welcher Akribie, zeigt das Schreiben von Herrn Hans-Georg Baltrusch, einem unserer eifrigsten Mitdenker. Es bezieht sich auf die Suchfrage von Frau Ilona Hofmann nach ihrer leiblichen Mutter Annemarie Bastian, die im Jahr 1938 unehelich in Königsberg geboren wurde. Zu diesem Termin macht Herr Baltrusch spezielle Angaben, die Frau Hofmann weiter helfen könnten. Ich bringe sie hier im Wortlaut, da er auch für andere Suchende ein wichtiger Hinweis sein könnte. Herr Balt­rusch erklärt in der an Frau Hofmann gerichteten E-Mail Folgendes:

„Seit dem 1. Juli 1938 führten die Standesämter nicht mehr Geburts-, Heirats- und Sterberegister ohne Verbindung der Register untereinander, sondern Gebur­-ten-, Familien-, und Sterbebücher. Diese damalige Neuregelung führte dazu, dass bei allen Beurkundungen Hinweise auf die jeweiligen vorherigen Eintragungen vermerkt wurden. Das heißt in Ihrem speziellen Fall, dass zum Geburtseintrag Ihrer Mutter, da sie unehelich (heute nicht ehelich) geboren wurde, unter der Geburtseintragung Hinweise auf das Geburtsdatum der eigenen Mutter mit Standesamt und Geburtsregisternummer, aber auch über ihre Heirat und den Sterbefall stehen müssen. Das Standesamt 1 in Berlin, Rückerstraße 9 in 10119 Berlin, verwahrt Königsberger Register, allerdings mit gewissen Lücken unter anderem für das Standesamt I Königsberg (Pr) Geburtenbücher mit Eintragungen vom 22. September bis 18. Oktober 1938 und dann wieder vom 14. bis 28. November 1938. Vom Standesamt II Königsberg (Pr) sind Eintragungen vom 3. bis 29. Oktober 1938 und vom Standesamt III Königsberg (Pr) vom 3. bis 25. Oktober 1938 vorhanden. Diese Angaben konnte ich einem 1992 herausgegebenen Gesamtverzeichnis für die ehemaligen deutschen Ostgebiete entnehmen. Also in Ihrem Fall rate ich Ihnen, sich mit dem Standesamt 1 in Berlin in Verbindung zu setzen und eine ,Beglaubigte Kopie aus dem Geburtenbuch mit Angaben über Geburts-, Heirats- und Sterbehinweisen‘ zu beantragen. Dabei würde ich gleichzeitig darum bitten, falls die infrage kommenden weiteren Register im Standesamt I in Berlin lagern, auch davon beglaubigte Kopien ebenfalls mit allen Hinweisen zu bestellen. Ich hoffe, dass ich Ihnen etwas helfen konnte, und wünsche Ihnen Erfolg bei Ihren Nachforschungen.“

Die wünschen wir Frau Hofmann auch und danken Herrn Baltrusch für diese beispielhafte Mithilfe.

Seine ostpreußischen Wurzeln hat Herr Hermann-Josef Paulißen aus Linnich entdeckt und möchte nun mit Hilfe unserer Familie tiefer graben. Zu seiner Person macht er leider keine Angaben, so dass ich nicht weiß, ob es sich bei der Frau, deren Vorfahren er sucht, um seine Mutter, Großmutter oder eine andere Verwandte handelt. Spielt in diesem Fall auch keine Rolle, wichtig sind Name und Herkunft, und diese Angaben sind vorhanden: Hildegard Helene Gehlhaar, *28. Mai 1920 in Seepothen. Ihre Eltern waren Hermann Heinrich Gehlhaar, *30. Dezember 1893 in Alt-Cainen, Kreis Heiligenbeil, und Minna Bertha Braunsberger, *17. September 1897 in Heide-Waldburg. Von der väterlichen Linie Gehlhaar sind lediglich die Namen der Großeltern bekannt: Karl Gehlhaar und Amanda Scheffler. Dagegen ist die mütterliche Linie bis zu den Urgroßeltern von Hildegard Helene Gehlhaar zurück zu verfolgen. Die Eltern von Mutter Minna, die als Stubenmädchen bei Baron von Korff in Laukitten tätig war, hießen Hermann Gottfried Braunsberger, *17. September 1854 in Ludwigsort, und Karoline Wilhelmine Tolksdorf geborene Döhring, *9. September 1860 in Gutenfeld. Die Eheschließung fand am 26. Dezember 1896 in Haffstrom statt. Von den Urgroßeltern von Hildegard Gehlhaar sind lediglich die Namen bekannt: Gottfried Braunsberger und Karoline Fischer sowie Ernst Döhring und Justine Hoffmann in Heide-Waldburg. So, das sind die uns zur Verfügung stehenden Angaben. Die Familie Braunsberger ist nach Angaben von Herrn Paulißen Salzburger Abstammung. Herr Paulißen hofft nun, in seiner Familienforschung über uns einige Schritte weiter zu kommen. Vor allem liegt ihm daran, etwas mehr über die Gehlhaar-Linie zu erfahren. Alle genannten Herkunftsorte liegen im Raum Natangen/Samland. Aber auch über die Braunsberger, sowie über die anderen genannten Familiennamen, möchte er mehr wissen. Vielleicht ergibt sich ja auch eine – wenn auch entfernte – Verwandtschaft? (Hermann Josef Paulißen, Landstraße 19a in 52441 Linnich, E-Mail: paulissen@t-online.de)

Diese Bitte eines Lesers sollen und wollen wir weiter geben. Herr Gustav-A. Müller aus Göttingen stellt sie an alle Vertriebene und Spätheimkehrer, die über das Grenzdurchgangslager Friedland eingereist sind. Dort soll jetzt ein Zentrum für moderne Zeitzeugenarbeit als Herzstück des Museums Friedland entstehen. Deshalb sind alle aufgerufen, die als Vertriebene, Flüchtlinge oder Heimkehrer in den vergangenen sieben Jahrzehnten über Friedland in die Bundesrepublik Deutschland kamen. Herr Müller formuliert das kurz und knapp: „Bitte macht für das Museum als Zeitzeuge mit! Meldet Euch bei der angegebenen Kontaktadresse. Ihr erweist damit der Nachwelt einen großen Gefallen!“ Die Projektleitung liegt beim niedersächsischen Innenministerium und ist auch an diese Stelle zu richten: Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Projekt „Museum Friedland“, Clemensstraße 17 in 30169 Hannover, Jürgen Fröhlich & Oliver Kröger, Telefon 0511/120-4764, Zentrale: 0511/120-0, E-Mail: museum-friedland@mi.niedersachsen.de. In dieser Hinsicht ist unser Landsmann Joachim Rebuschat schon aktiv gewesen. Er hat die Zeitzeugensuche in das Internet gesetzt: www.myheimat.de/rinteln/profile/joachim-r-31227.html. Bereits am ersten Wochenende haben ihn 167 Personen angeklickt!

Ein besonderer Gruß geht heute nach Australien – eigentlich zwei, wenn ich dem redaktionellen noch einen persönlichen Gruß anschließen darf. Der erste gilt Herrn Werner Fischer, der uns Folgendes mailte: „Ein guter Freund von uns – meiner Frau Anneliese Kern geborene Wien, *10. März 1926 in Königsberg, und mir – hat dort die schweren Jahre 1945 bis 1948 unter den Russen durchmachen müssen und dabei Mutter und Schwester verloren. Eine damalige Leidensgefährtin hat etwa 1950 ein nettes und etwas längeres Gedicht über ihr gemeinsames Leben geschrieben. Falls Sie daran interessiert sind und das Gedicht vielleicht auch veröffentlichen können, werde ich es Ihnen zusenden. Wir leben schon seit 1953 in Australien.“ Soweit die Anfrage, zu der ich nur sagen kann: Lieber Herr Fischer, senden Sie uns das Gedicht zu. Zwar können wir in unserer Wochenzeitung aus Platzgründen kein längeres Gedicht veröffentlichen, aber vielleicht können wir daraus eine besondere Geschichte machen, oder es eignet sich vielleicht zum Vorlesen oder zum Abdruck in einer anderen Publikation und auf jeden Fall zur Archivierung. So, das war Grußbotschaft Nr. 1. Die zweite: Ich begrüße meine zweite Urgroßnichte im so fernen Australien, die mich nun zur doppelten Urgroßtante macht, und wünsche ihr, dass sie die Lebensfreude und die Lebenskraft ihrer Großmutter Hanni und deren ostpreußischer Vorfahren weiter trägt! Die wohl staunen wird, wenn sie diese Ausgabe der von ihr sehr geliebten PAZ/Das Ostpreußenblatt liest.

Eure Ruth Geede


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