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27.10.12 / Bessere Kooperation notwendig / Ein Abwehrzentrum gegen den gewaltbereiten Linksextremismus fehlt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-12 vom 27. Oktober 2012

Bessere Kooperation notwendig
Ein Abwehrzentrum gegen den gewaltbereiten Linksextremismus fehlt

„Polizei und Verfassungsschutz – Deutschlands Sicherheitsarchitektur auf dem Prüfstand“ hieß das Thema einer Fachtagung der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in der niedersächsischen Landesvertretung zu Berlin. Hier wurde deutlich, dass unter Beachtung des Trennungsgebotes Polizei und Geheimdienst sich besser austauschen müssen.

Vorneweg: Erst kurz nach der Tagung erklärte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich gegenüber der Zeitung „Die Welt“: „Das Bundeskriminalamt geht mit Stand von Mitte September von zuletzt 110 mit offenen Haftbefehlen untergetauchten Rechtsextremisten aus.“ Diese Mitteilung schlug neue Wellen. Der Vorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, nannte sie „ungeheuerlich“. Sie zeige, behauptete Özdemir, „wie wenig die Sicherheitsbehörden offenbar seit dem NSU-Skandal dazugelernt“ hätten. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger plädierte erneut für einen „Umbau“ des Verfassungsschutzes. Sie fordert eine Zusammenlegung von Länderverfassungsschutzbehörden. Dies lehnt Fried-rich ab: „Weder der Umzug des Bundesamtes für Verfassungsschutz nach Berlin wäre ein Reformschritt noch die Fusion zu einer Mammutbehörde.“ Der Vorsitzende der DPolG, Rainer Wendt, sagte, es bestünde natürlich die Gefahr, dass gewaltbereite Rechtsextremisten als Nachahmer des NSU abtauchten. „Deshalb“, erklärte er gegenüber der „Welt am Sonntag“, sei „jetzt auch der falscheste Zeitpunkt, Polizei und Verfassungsschutz derart massiv zu beschimpfen und zu schwächen, wie dies einige Politiker in den Untersuchungsausschüssen tun.“

Auf der DPolG-Tagung wies Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann Pauschalurteile wie „Verfassungsschutz und Polizei sind auf dem rechten Auge blind“ als falsch und diffamierend zurück. Die Zentralstellenfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) müsse gestärkt werden. Zugleich seien starke Länderbehörden für die Aufklärung extremistischer Bestrebungen vor Ort nötig. Der Verfassungsschutzverbund müsse alle „Optimierungspotenziale“ beim Austausch und der Auswertung von Informationen ausschöpfen. Restriktive Gesetzesvorschriften sollten geändert werden.

Im August hatten die Innenminister gemeinsam Eckpunkte beschlossen. Danach soll die Kontrolle der Nachrichtendienste kontinuierlicher und weniger anlassbezogen erfolgen. Dies könnten ein regelmäßiges Berichtswesen und Vorlagepflichten der Behörden gewährleisten. Der Einsatz von V-Leuten sei unerlässlich. Die Regeln hierfür sollen vereinheitlicht und verbessert werden. Die Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und Polizei soll unter Beachtung des Trennungsgebotes vertieft und stärker institutionalisiert werden. Beim Verfassungsschutz sei ein „Philosophiewechsel“ erforderlich. Er müsse künftig in seiner Arbeit stärker als bisher Belange der unmittelbaren Gefahrenabwehr und Strafverfolgung berücksichtigen. Gemeinsame Verbunddateien von Polizei und Nachrichtendiensten seien erfolgversprechend. Schünemann verwies auf die Rechtsextremismusdatei auf der Grundlage des neuen „Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus“. Es sei überfällig gewesen, nach der Aufdeckung der NSU-Morde ein Gemeinsames Abwehrzentrum Rechtsextremismus (GAR) mit den Standorten Köln und Meckenheim einzurichten. Für den gewaltbereiten Linksextremismus gebe es allerdings kein vergleichbares Gemeinsames Abwehrzentrum, obwohl dessen Aggressionspotenzial deutlich wachse.

Der CDU-Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages, Clemens Binninger, erklärte, bei der Verfolgung des NSU-Trios hätten auch Polizei und Justiz Fehler gemacht und nicht nur der Verfassungsschutz, auf den man „oft unsachlich draufhaut“. Der Co-Autor des Buches „Die Zelle“, Christian Fuchs, hat jetzt im Deutschlandfunk erklärt, wie das Zwickauer Trio anscheinend die mangelnde Zusammenarbeit der Behörden über Ländergrenzen hinweg ausnutzte: „Unsere Recherchen haben ergeben“, sagte er, „dass schon in den frühen 90er Jahren zumindest Uwe Mundlos erkannt hat, wie der Föderalismus funktioniert. Wenn er festgenommen wurde, in Hessen zum Beispiel, dann haben ihn die Polizisten nur bis zur Landesgrenze mit dem Auto begleitet und dann gesagt, jetzt fahr bitte hoffentlich nach Jena und mach’ keinen Scheiß auf dem Weg.“ Dies hätten sie sich zunutze gemacht. Das sehe man auch an der Strategie, so die These des Autors, Banküberfälle nur in den neuen Bundesländern zu verüben und die Morde bis auf einen in den alten Bundesländern. „Da haben sie konsequent getrennt, um halt auch Verknüpfungen zwischen diesen beiden Straftatsträngen zu vermeiden“, so Fuchs. Michael Leh


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