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27.10.12 / Wider den Zeitgeist / Ernst Nolte gibt nicht auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-12 vom 27. Oktober 2012

Wider den Zeitgeist
Ernst Nolte gibt nicht auf

Wenige Monate vor dem 90. Geburtstag des Historikers und Geschichtsdenkers Ernst Nolte erschien im Verlag Edition Antaios ein schmales Bändchen mit den drei letzten öffentlichen Reden Noltes aus der Zeit zwischen November 2011 und Juni 2012. Diese Reden, von denen zwei anlässlich von Preisverleihungen gehalten wurden, kommen in erster Linie als Rückblick auf Geleistetes daher, was am Endpunkt eines langen Lebenswerkes ja auch mehr als legitim ist. Insbesondere greift Nolte seine Hauptthese vom „Reaktions-charakter des Nationalsozialismus gegenüber dem Bolschewismus“ nochmals unter verschiedenen Blickwinkeln auf und verteidigt diese mit derselben Zähigkeit und geistigen Brillanz wie eh und je: Wer tatsächlich glaube, die dezidiert antibürgerliche Vernichtungswut der Bolschewisten sei ideologisch folgenlos geblieben, der verkenne die ungeheure moralische Wirkung kollektiver Tötungen aufgrund einer bestimmten Gruppenzugehörigkeit.

Zugleich bietet der seit dem sogenannten „Historikerstreit“ in seinem Heimatland weitgehend Geächteten nebenher noch eine schonungslose Diagnose des gegenwärtigen Zustandes der Neuzeitgeschichtsschreibung in Deutschland: Die Letztere kranke vor allem daran, dass in zunehmendem Maße unwissenschaftlich vorgegangen werde. So könne man einen deutlichen Verzicht auf die angemessene Berücksichtigung von Tatsachen und Ereignissen konstatieren, die zur Vorgeschichte von historischen Phänomenen gehören. Noch fataler wirke sich freilich der Drang aus, in Schwarz-Weiß-Kategorien zu denken und keine fließenden Übergänge zwischen „Gut“ und „Böse“ zu sehen – hier finde ein Rückfall in die bequem-primitive Sichtweise der unmittelbaren Nachkriegszeit statt. Und manchmal grenze das Verhalten der Fachkollegen sogar schon an Manipulation, wenn diese bewusst wichtige Quellen ignorieren, die das „politisch korrekte“ Bild von der Vergangenheit zu beschädigen drohen. Unter diesen Bedingungen mutiere Wissenschaft zu Polemik beziehungsweise Opportunismus.

Diese Einsicht fällt Nolte angesichts des Eintritts in die Endphase seines Lebens besonders schwer, denn er hätte sich hier sehr gerne noch einmal auf eine weniger defensive Weise eingebracht. Andererseits jedoch hofft er weiterhin, einen Beitrag dazu geleistet zu haben, „dass die Zeitüberlegenheit und Aktualitätsfremdheit aller seriösen Wissenschaft irgendwann auch im Hinblick auf das Thema des Faschismus in seiner Epoche ... zum Tragen kommt“. Das heißt, Nolte verzichtet in seinen letzten Reden auf die Abrechnung mit alten Widersachern, so schäbig die selbigen sich im Einzelfall verhalten haben mögen – wie zum Beispiel Wippermann. Vielmehr argumentiert Nolte auf eine Weise, die es glaubwürdig erscheinen lässt, dass sein Streben stets nur dem Kampf für mehr Wissenschaftlichkeit innerhalb der Geschichtswissenschaft gegolten habe. Und damit ist und bleibt er ein Vorbild für all jene Historiker, welche sich nicht als Sprachrohr und Erfüllungsgehilfe des Zeitgeistes sehen.

Wolfgang Kaufmann

Ernst Nolte: „Am Ende eines Lebenswerks. Letzte Reden 2011/12“, Edition Antaios (Kaplaken 31), Schnellroda 2012, 94 Seiten, gebunden, ohne Abbildungen, 8,50 Euro


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