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27.10.12 / Gegen Deutsche gehetzt / 1911 bis 1914: Roman über hysterische Angst der Briten vor deutschen Spionen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-12 vom 27. Oktober 2012

Gegen Deutsche gehetzt
1911 bis 1914: Roman über hysterische Angst der Briten vor deutschen Spionen

Geht es um die Verantwortung für den Ersten Weltkrieg, so wird immer wieder gern der Deutsche Kaiser Wilhelm II. angeführt, der mit seiner Flottenaufrüstung eine aggressive Seite offenbart und die Engländer provoziert habe. Doch glaubt man dem Romanautor Gerhard Seyfried, so fühlten sich zumindest die britischen Militärs keineswegs derart von den Deutschen bedroht, dass sie vor Angst schlotterten, denn selbst die Vergrößerung der deutschen Flotte ließ diese weiter bescheiden aussehen im Vergleich zur britischen. Es seien vielmehr andere Kräfte gewesen, die bewusst in Großbritannien eine Angst vor einer deutschen Invasion geschürt hätten.

All dies ist Thema in dem durchaus interessanten Spionageroman „Verdammte Deutsche“, für den der 1948 geborene Autor neue britische Quellen ausgewertet hat. Seyfried ist eigentlich Comiczeichner und war Chronist der linksalternativen Szene. Umso überraschender ist es, dass Seyfried nicht von aggressiven Deutschen schreibt, sondern über die wachsende antideutsche Stimmung in Großbritannien. Seine Hauptfigur ist Adrian Seiler, ein junger, unbedarfter Marineoffizier, der nach London an die Botschaft versetzt wird. Dort verliebt er sich in die deutschstämmige Buchhändlertochter Vivian Peterman und steht schnell beim im Aufbau befindlichen britischen Geheimdienst MI5 unter Verdacht, Spion zu sein. Tatsächlich erhält Seiler von seinen Vorgesetzten den Auftrag, sich einen Hafen im Norden der Insel näher anzuschauen und spioniert später wirklich, doch dies steht in keinem Verhältnis zu der hysterischen Angst, mit der die Briten Deutsche beäugten.

Doch nicht nur aus der Sicht Seilers, sondern auch aus der von Randolph Drummond, der beim britischen Geheimdienst tätig ist, erzählt Seyfried seinen Roman. Über die Erlebnisse Drummonds macht der Autor deutlich, wie dringend der Geheimdienst Spione enttarnen musste, um so seine Existenzzu legitimieren. Und über Drummond ist der Leser Zeuge, wie gegen Deutsche gehetzt wird, diese beschimpft und sogar verprügelt werden, nur weil man ihnen unterstellt, Spione zu sein. Angeheizt wurde diese Stimmung damals über die Medien. Vor allem William Le Queux, der als der erste Autor von Spionageromanen gilt, vermittelte den Eindruck, dass eine Invasion kurz bevor stünde. Seine Romane „Die Invasion von 1910. Der Einfall der Deutschen in England“ und „Die Spione des Kaisers“ erlangten nicht nur eine hohe Auflage, sondern wurden auch noch von der „Daily Mail“, einer eigentlich seriösen Tageszeitung, als Fortsetzungsroman abgedruckt und auf eine Weise debattiert, als ob seine im Roman verwendeten Zahlen von tausenden deutschen Spionen auf britischem Boden Realität wären.

Ja, auch Seyfrieds „Verdammte Deutsche“ ist ein Roman, aber vieles spricht dafür, dass seine Zahlen näher an der Realität sind, und so stellt er Le Queuxs Zahlen seine entgegen, nach denen vor dem Ersten Weltkrieg nur eine Handvoll Spione in Großbritannien aktiv war. Die Deutschen hätten die Engländer viel zu sehr als Verwandte von der Insel angesehen und sich eher auf Russland, Frankreich und vor allem auf sich selbst konzentriert, so der Autor.

Seyfried hat für seine Liebesgeschichte zwischen Adrian und Vivian einen ungewöhnlichen Hintergrund gewählt, der allein eigentlich schon einen Roman wert wäre, dem der Autor aber immerhin genauso viel Beachtung schenkt wie der Liebesgeschichte.

Völlig deplatziert wirkt ein Kommentar vom Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele auf dem Buchumschlag. Man hat irgendwie den Eindruck, der Grüne habe zum Buch seines Bekannten Seyfried auch mal was sagen wollen, ohne dass er es wirklich gelesen hat. Aber das ist ja typisch Ströbele.

Rebecca Bellano

Gerhard Seyfried: „Verdammte Deutsche“, Knaus, München 2012, geb., 412 Seiten, 22,99 Euro


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