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03.11.12 / Es knirscht in der Kooperation / Grenzkriminalität: Zusammenarbeit mit Polen läuft offenbar schlechter als behauptet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-12 vom 03. November 2012

Es knirscht in der Kooperation
Grenzkriminalität: Zusammenarbeit mit Polen läuft offenbar schlechter als behauptet

Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität? Ausgezeichnet, glaubt man den offiziellen Verlautbarungen. Ein aktueller Fall lässt die Wirklich jedoch in einem anderen Licht erscheinen.

Die deutsch-polnischen Polizeiko­operation sei ein Erfolgsmodell – so sollte eigentlich die Botschaft einer Tagung lauten, die Behördenvertreter Polens und Deutschlands im Oktober in Frankfurt/Oder zusammengeführt hatte. Der seltsame Fall eines Diebstahls war es, der den frohgemuten Versuch, die deutsch-polnische Zusammenarbeit zu loben, wieder auf den Boden der Tatsachen geholt hat. Polnische Autoschieber waren auf einer Diebestour im Berliner Umland quasi aus Versehen zu Leichendieben geworden.

Abgesehen hatten sie es eigentlich auf drei hochwertige Kleintransporter, die auf einem Firmengelände im Berliner Vorort Hoppegarten abgestellt waren. Was für die Diebe auf ihrem Beutezug am Morgen des 15. Oktober von außen zunächst nicht erkennbar war: Im Laderaum eines der Fahrzeuge befanden sich zwölf Särge mit Leichen, die gerade zu einem Krematorium überführt werden sollten. Eine kurze Abwesenheit des Fahrers war für die Diebe ausreichend, den Mercedes-Transporter zu entwenden.

Inzwischen ist das gestohlene Fahrzeug wieder aufgefunden worden – in der Umgebung von Posen. Ebenso die zwölf Särge mit den Leichen, abgelegt in einem Wald, ebenfalls in der Nähe von Posen. Drei Polen sitzen inzwischen in Haft, nach zwei weiteren wird immer noch gefahndet. Schon bis zu diesem Stand hätte es gereicht, die offiziellen Erfolgsmeldungen als Karikatur der Wirklichkeit in den brandenburgischen Grenzregionen zu entlarven. Weder das gemeinsam mit polnischen Behörden betriebene Lagezentrum unweit von Frankfurt/Oder noch Einsatzhundertschaften der Bereitschaftspolizei oder neue Sonderkommissionen der Kripo haben die Grenzkriminalität bisher wirklich nachhaltig eindämmen können.

Auch der weitere Verlauf des skurrilen Kriminalfalls ist aufschlussreich. Mit dem Auffinden der Särge hat für die betroffenen Angehörigen das Drama keineswegs ein Ende gefunden. Bevor die von den polnischen Autodieben gestohlenen Särge zurückkehren können, läuft noch einmal die polnische Bürokratie zur Höchstform auf. Die Staatsanwaltschaft in Posen verlangt einen Nachweis über die Todesursachen der Verstorbenen. Grundlage ist eine Verordnung gegen das Einschleppen und Verbreiten von Seuchen. Damit nicht genug: Die polnischen Behörden verlangen zusätzlich noch, dass die Leichen nun in fest verschließbaren Metallsärgen statt in Holzsärgen den Rückweg antreten. Nachdem es zuerst sogar hieß, die Angehörigen müssten für die Kosten all dessen aufkommen, will nun das bestohlene deutsche Fuhrunternehmen den Transport und die Einäscherung der Toten bezahlen.

Von Mängeln bei der Kommunikation zwischen deutschen und polnischen Behörden weiß auch die „Berliner Zeitung“ zu berichten. „Das ist vom Informationsfluss nicht optimal gelaufen“, musste Brandenburgs Polizeipräsident Arne Feuring gegenüber dem Blatt einräumen. So sollen die deutschen Ermittler, die sich auf die Suche nach den verschwundenen Leichen gemacht hatten, erst mit Verzögerung von der polnischen Seite erfahren haben, dass in Posen bereits erste Verdächtige festgenommen worden waren.

Recht geschickt wird seit einiger Zeit von Vertretern Polens der Eindruck erweckt, das Land – als einstige Hochburg des Autodiebstahls in Europa – habe seine „Hausaufgaben“ gemacht und das Problem auf seinem Territorium weitgehend im Griff. Wenn es weiterhin auf dem Gebiet Probleme gebe, dann wären nun andere am Zuge. Auf die Spitze getrieben hat diese Darstellungsweise der polnischen Botschafter in Berlin, Marek Prawda: „Zunächst ist es einmal ein Problem der Polizei des Landes, in dem die Autos gestohlen werden. Sie muss damit besser fertig werden“, so Prawda in einem Interview mit der „Märkischen Oderzeitung“ Anfang des Jahres.

Tatsächlich kann das System der Fahrzeugzulassungen, das Polen eingeführt hat, als vorbildlich gelten. Erst nachdem alle Daten von europäischen Diebstahl- und Herstellerregistern überprüft sind, werden fälschungssichere Aufkleber für das Auto und die Fahrzeugpapiere ausgegeben. Diese Praxis hat immerhin dazu geführt, dass Polen als einstiges Paradies der Autodiebe in den Diebstahlstatistiken der EU auf den fünften Platz abgerutscht ist. Allerdings greift die Behauptung zu kurz, das Polen nur noch Transitland bei den Autodiebstählen sei.

Bei den Raubzügen im Westen und dem Transport der gestohlenen Fahrzeuge nach Litauen, in die Ukraine, nach Russland, Rumänien und Bulgarien sind gut organisierte polnische Banden nach wie vor eine feste Größe. Sollte Polen bei der Bekämpfung der von seinem Boden ausgehenden Kriminalität weiterhin den Schwarzen Peter an seine Nachbarländer weitergeben, bliebe der deutschen Politik nur ein politisch äußerst unbeliebter Ausweg: die Drohung mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen. Norman Hanert


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