29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.11.12 / »Die ganze Welt ist himmelblau« / Operetten-Dino »Das weiße Rössl« erhält Frischzellenkur: als Film und als Bühnenstück

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-12 vom 03. November 2012

»Die ganze Welt ist himmelblau«
Operetten-Dino »Das weiße Rössl« erhält Frischzellenkur: als Film und als Bühnenstück

Nein, nein und immer wieder nein. Hatten sich bereits 1935, 1952 und 1960 Filmleute einen Korb bei ihrer Großmutter geholt, so verweigerte auch die heutige Wirtin des „Weißen Rössl“ in Österreich am Wolfgangsee die Drehgenehmigung. „,Das Weiße Rössl‘ ist ein Wirtschaftsbetrieb und keine Filmkulisse, so sehr ich mich über die indirekte Werbung auch freue“, so Gudrun Peter.

Der zusätzliche Wirbel um die derzeit laufende Neuverfilmung des 1896 von Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg verfassten Lustspiels, das 1930 von Ralph Benatzky zur Operette umgearbeitet wurde, scheint die Rössl-Chefin nicht zu begeistern. Auch auf der Internetseite macht das Hotel deutlich, dass es nichts mit dem Gasthaus in der weltweit bekannten Operette zu tun hat.

In den 70er modernisierte man erstmals und wurde zum Vier-Sterne-Haus, 2008 wurde alles noch hochwertiger mit Wellness-Bereich, und hier singt definitiv kein liebeskranker Kellner Leopold Klagelieder, weil sich die Wirtin Josepha nicht für ihn interessiert.

Dies ist dafür nun im ehemaligen Landgasthof Lueg am Wolfgangsee der Fall, der von den Filmleuten ganz nach ihren Wünschen umgebaut wurde. Allerdings dürfte die neue Version mit den deutschen Schauspielern Diana Amft und Armin Rohde weniger rührig sein als ihre Vorgänger mit Theo Lingen (1935), Johannes Heesters (1952) oder Peter Alexander (1960).

Zwar betont Produzent Stefan Wieduwilt, dass er keine Persi­flage aus dem Stück machen wolle, und Senator Film beteuert sogar, „ein modernes, hochemotionales Märchen über die Magie der Liebe, den Zauber, sich verlieben zu können, und den Mut, sich überhaupt zu trauen“ zu machen. Doch Berichte über die Dreharbeiten lassen zweifeln. Von einer Schuhplattler-WM im Boxring ist die Rede und erste Fotos zeigen, dass die Dirndl und Lederhosen eher Klischee-Vorstellungen als historischen Vorlagen entspringen. Fans befürchten, dass eine Film-Klamotte herausspringt.

Allerdings handelt es sich bei der in die Gegenwart verlegten Neuverfilmung schließlich auch um ein Lustspiel. Schon das Original diente der Unterhaltung und wollte nicht in die Kulturgeschichte eingehen. Und wenn man bedenkt, dass einige der Original-Lieder wie „Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist?“ und „Die ganze Welt ist himmelblau“ auch heute wieder zu Ohrwürmern avancieren können, dann amüsiert dies doch irgendwie.

Ob es der Neuverfilmung gelingt, den Balanceakt zwischen Kitsch und guter Unterhaltung zu vollziehen, ist dann im Frühherbst 2013 im Kino zu sehen oder wenig später bei ZDF und ORF, denn die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland und Österreich beteiligen sich an der 4,5 Millionen Euro teuren Produktion.

Und dass der Operettenstoff „Im Weißen Rössl“ nie zur hohen Kunst gezählt wurde, muss gerade der 1930 geborene Schauspieler Maximilian Schell erfahren. Er spielt in der aktuellen Inszenierung des „Weißen Rössl“ im Münchner Gärtnerplatztheater den österreichischen Kaiser, der in dem Lustspiel die vielen verwirrten Liebenden zum Teil sogar verkuppelt.

Ständig wird der Weltstar und Oscar-Preisträger von Journalisten gefragt, ob die royale Rolle nicht unter seinem Niveau sei. Und tatsächlich ist sie, seit sie 2008 von dem damals 105-jährigen Johannes Heesters gespielt wurde, erst recht nicht mehr das Symbol schauspielerischer Meisterleistungen.

Doch Schell betont, dass ihm die Rolle und auch das Theaterspielen an sich Spaß mache. Es sei toll, mit einem Team wieder ein Stück einzustudieren und es danach auf der Bühne zu präsentieren, so der Schweizer Schauspieler. Bis zum Ende des Jahres darf der Altstar dieses wiederentdeckte Wohlgefühl genießen, denn so lange wird in München „Im Weißen Rössl“ gespielt.

Rebecca Bellano


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren