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10.11.12 / Dolce Vita im Rentnerparadies / Bad Krozingen hat die höchste Seniorendichte Deutschlands: Dank Wohlfühlklima, Sonne satt und stufenlosen »Rollator-Wegen«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-12 vom 10. November 2012

Dolce Vita im Rentnerparadies
Bad Krozingen hat die höchste Seniorendichte Deutschlands: Dank Wohlfühlklima, Sonne satt und stufenlosen »Rollator-Wegen«

Nach der Vertreibung siedelten sich viele Ostpreußen in Bad Krozingen an. In dem zur Heimat geografisch diametral entgegengesetzten Kurort am äußersten Südwestzipfel Deutschland fanden sie Ruhe und Frieden. Mittlerweile ist jeder Zweite über 70 Jahre. Der frühere Bundespräsident Walter Scheel (93) ist der wohl Prominenteste von über 3000 Ruheständlern, die in dem 17000 Einwohner zählenden Ort einen sorgenfeien Lebensabend genießen.

Der idyllische, südlich von Freiburg im Mark­gräflerland gelegene Fleck­en entwickelt sich immer mehr zu Deutschlands Seniorenparadies Nummer eins. Eine nie versiegende Thermalquelle im weitläufigen Kurpark sorgt für Lebenslust und nachhaltiges Wohlbefinden.

Laut Bürgermeister Ekkehart Meroth schätzen die Senioren an seiner Stadt, dass sie ruhig, sauber und frei von Wandschmierereien ist. „Die älteren Menschen lieben es hier, weil es sowohl das abwechslungsreiche Leben einer Großstadt wie auch das gemütliche, nicht hektische Dasein einer Kleinstadt bietet“, so Meroth. Viele Freizeitmöglichkeiten und diverse Kurorchester auf der einen, wenig Kriminalität und reichlich Natur auf der anderen Seite seien die Pluspunkte des Kurorts.

Bad Krozingen wirbt nicht nur mit der 1911 erschlossenen und bis 36 Grad warmen kohlestoffreichsten Quelle der Welt, sondern punktet zudem mit seiner traumhaften Lage am Fuße des Südschwarzwaldes, dem durchgehend milden Klima und strahlendem Sonnenschein. Einige behaupten sogar, es gäbe hier die meisten Sonnenstunden der Republik.

„Schon in der Jungsteinzeit war unsere Gegend besiedelt“, berichtet eine Alteingesessene stolz. „Kelten und Merowinger ließen sich hier nieder. Und auch die Römer fühlten sich in unserer Region wohl – speziell wegen des Klimas und der heißen Quellen. Ihr Motto: Ubi bene, ibi patria. Wo es mir gut geht, da bin ich zu Hause.“

Die Präsenz der römischen Eroberer, die Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts in das Gebiet eindrangen, bezeugen Reste eines Straßendorfes, Teile von Brennöfen und Töpfereien sowie ein römischer Brunnen. Viele Gründe, wie die Stadtväter betonen, einer wachsenden Zahl von Senioren aus anderen Bundesländern einen dauerhaften Aufenthalt in ihrem Bad schmackhaft zu machen. Nachdem die klassische Kur (auf Krankenschein) praktisch tot ist und jüngere Menschen zur Behandlung von Leiden und Wehwehchen gern ins südliche Europa ausweichen, wird es immer wichtiger, viele zahlungskräftige „Best-Ager“ in den Ort zu locken.

Die Bedingungen im Breisgau sind besonders für ältere und pflegebedürftige Menschen jedes Alters ideal. Rund um die berühmte Thermalquelle entwi­ckelte sich schon vor Jahrzehnten eine Lebenswelt vom Feinsten. Hotels, Rehakliniken, Senioren- und Ferienwohnungen, 13 Hospitäler und 300 Ärzte sowie Freizeiteinrichtungen lassen an Komfort nichts zu wünschen übrig.

Ein weiteres Plus, das für einen Daueraufenthalt in Bad Krozingen spricht: Gehbehinderte durchqueren den Ort im Rollator, ohne dass sie auch nur eine Stufe stört. Auf dem Weg liegen Apotheken, Praxen von Internisten, Augen­ärzten und Orthopäden. Das be­rühmte Herzzentrum im Norden ist ebenso leicht zu erreichen wie die Theresienklinik im Süden. Aber auch das Vergnügen kommt nicht zu kurz. Am Abend lädt Bad Krozingen zum Tanztee und zu Konzerten in den Schloss- und Kurpark. Mehr geht nicht.

Auf ihren Lorbeeren ausruhen wollen sich die Verantwortlichen des Krozinger Kurbetriebes aber nicht. Die „Globetrotter“-Wünsche rund um den Kurpark – so zum Beispiel das japanische Ruhehaus, das Vita Classica Saunaparadies mit seinem rituellen Klangschalen-Aufguss oder das „Tausendundeine Nacht Wohl­fühl­erlebnis auf Aladins Spuren“ im traditionellen Hamam – sind zwar Renner, aber nur bedingt zukunftsfähig. Man weiß, dass das Leben der heute hier ansässigen Senioren nicht unendlich ist. „Wir müssen uns daher Gedanken machen, wie wir auch jüngere Menschen für Bad Krozingen gewinnen können“, lautet die realistische Einschätzung der Stadtväter. An Lösungen wird zurzeit intensiv gearbeitet.

Derweil lassen es sich jene, die sich für das „kleine Paradies“ im Schatten der mächtigen Tannen des Schwarzwaldes entschieden haben, gut gehen. Das jung gebliebene Ehepaar aus Hamburg – beide um die 70 Jahre – ist immer noch ihrem Arzt dankbar, der ihnen vor Jahren den Umzug in den Südwesten Deutschlands empfahl.

„Angefangen haben wir mit einer Ferienwohnung“, sagt eine 71-jährige Seniorin. Und als ihr Mann pensioniert wurde, habe sie nichts mehr in der lauten Stadt gehalten. Im Übrigen müsse man auch hier nicht auf Kunst und Kultur verzichten. Freiburg, eine der schönsten Städte Deutschlands, sei ja nur einen Steinwurf entfernt, Colmar und Mühlhausen ganz in der Nähe.

„Vergessen Sie Florida“, rät ein drahtiger alter Herr aus Berlin, der jahrelang im „Sunshine State“ Florida zugebracht hat. Charlotte County, der zwischen Fort Myers und Sarasota gelegene Verwaltungsbezirk an der Golfküste Floridas, befindet sich seit Jahrzehnten fest in der Hand von US-Senioren. Hier lebt die älteste Bevölkerung der Vereinigten Staaten. Durchschnittsalter 54 Jahre.

In Bad Krozingen sei die Atmosphäre viel entspannter, sagt er. Zudem weiß er auch die erstklassigen medizinischen Therapie- und Freizeitangebote zu schätzen. Im Augenblick nimmt er regelmäßig am „Mental Coaching – innerer Inspektion für Balance, Harmonie und Wohlbefinden“ teil. Ein Jungbrunnen, in dem er seine innere und äußere Spannkraft wiederfindet. Dass Floridas Rentnerparadies unter Palmen von bösen Zungen als „Gottes Wartezimmer“ bezeichnet wird, wundert ihn nicht. Aber davon sei das beschauliche Krozingen nun wirklich meilenweit entfernt.

Wie ihm geht es vielen älteren Menschen. Bürgermeister Meroth bestätigt: „Wer hierher zieht, fühlt sich auf Anhieb zu Hause und will gar nicht mehr zurück.“ Uta Buhr


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