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10.11.12 / Süßer Sündenfall / Schnell noch die letzten Äpfel einsammeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-12 vom 10. November 2012

Süßer Sündenfall
Schnell noch die letzten Äpfel einsammeln

Dieser Geruch tut Schillern wohl und er kann ohne ihn nicht leben und arbeiten“, soll Schillers Ehefrau Charlotte zu Goethe gesagt haben, der am Schreibtisch seines Dichterfreundes auf ihn wartete. Der Faulgeruch war dem Dichterfürsten in die Nase gestiegen. Ein Blick in die „Schieblade“ brachte es an den Tag. Da rotteten unzählige Äpfel vor sich hin.

Schiller brauchte diese, um in Schreibstimmung zu kommen. Außer dass Äpfel die Kreativität stimulieren, sind sie auch ein wahres Kraftpaket: Mehr als 30 Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine stärken das Immunsystem. Als Durstlöscher eignet sich der „malus“, wie er lateinisch heißt, ebenfalls. Un­glaublich, dass man diese Köstlichkeit so bezeichnete. Denn „malus“ steht für „schlecht, böse“. Zurück geht das auf Adams und Evas Vertreibung aus dem Paradies, deren Ursache ja die Verführung mit einem Apfel war.

Wir Deutschen sind die größten Apfelfanatiker in Europa. Jeder von uns verspeist jährlich im Durchschnitt 20 Kilogramm. Die Hälfte des Jahresverbrauchs, zirka 900000 Tonnen, kommt dabei aus dem heimischen Anbau wie dem „Alten Land“ bei Hamburg, der Bodenseeregion und Sachsen-Anhalt. Der Rest wird importiert.

Ursprünglich stammte der Apfel aus Zentral- und Westasien. Der Name der Stadt Almaty, früher Alma-Ata in Kasachstan, bedeutet „Stadt der Äpfel“. Dort wuchsen bereits vor 10000 Jahren die Früchte, die dem Ort seinen Namen gaben. Der damalige Apfel war klein, holzig, sauer und hatte viele Kerne. Man nannte ihn Holzapfel. Er gelangte durch Mönche und Händler zu den Griechen und Römern. Diese veredelten das Obst zu den Früchten, die wir heute kennen.

Sehr schnell fand er auch seinen Platz in der Mythologie. Schon im griechischen Mythos warf Eris, die Göttin der Zwie­tracht, den Apfel mit der Aufschrift „der Schönsten“ unter die Hochzeitsgäste. Das Urteil des Paris, wem der Apfel zustand, führte dann zum Trojanischen Krieg. Der Begriff des „Zankapfels“ war geboren.

Durch römische Er­oberungs­zü­ge drang der Apfel in nördliche Regionen vor. Schon im ersten Jahrhundert nach Christus bauten Germanen und Kelten die Bäume an. Herrscher hielten zum Zeichen ihrer Macht einen Reichsapfel in der Hand. In unserer Sprache hat die Frucht in viele Redewendungen Platz gefunden: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, jemanden veräppeln, in den sauren Apfel beißen und so weiter.

Und zu welchen dichterischen Ergüssen brachte das Früchtchen erst Schiller? „Der Apfel ist gefallen“, heißt es in „Wilhelm Tell“. Genau das können wir jetzt beim Herbstspaziergang feststellen, wenn wir die letzten Äpfel vom Boden aufsammeln. Und womit hätte Schiller heute geschrieben? Ganz klar: Mit einem „Apple“. Silvia Friedrich


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