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17.11.12 / Geburtstag in traurigem Zustand / Die Skulptur »Kämpfende Auerochsen« in Königsberg wurde 100 − Notwendige Sanierung unterbleibt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-12 vom 17. November 2012

Geburtstag in traurigem Zustand
Die Skulptur »Kämpfende Auerochsen« in Königsberg wurde 100 − Notwendige Sanierung unterbleibt

Vor 100 Jahren wurde die bekannte Skulptur „Kämpfende Auerochsen“ des deutschen Bildhauers August Gaul (1869−1921) eingeweiht. Doch obwohl das Kunstwerk auch heute noch zu den beliebtesten Monumenten zählt, fühlt sich offenbar niemand berufen, etwas für dessen Erhalt zu tun. Weil vorhandene Beschädigungen schon seit Jahren nicht mehr repariert werden, droht dem Kunstwerk der allmähliche Verfall.

Vergangenen Montag wurde die bekannte Großskulptur „Kämpfende Auerochsen“ des der Berliner Secession angehörenden Akademieprofessors August Gaul, die vor dem ehemaligen Land- und Amtsgericht in Königsberg steht, 100 Jahre alt. Von den heute dort lebenden Bewohnern wird das äußerst beliebte Kunstwerk verkürzt „Ochsen“ genannt. 1912 wurde die in Bronzeguss ausgeführte Skulptur, die als Kampf eines Verteidigers mit dem Staatsanwalt während eines Prozesses interpretiert wurde, feierlich eingeweiht. Allerdings ist das Gebäude des Landgerichts hinter dem Kunstwerk, in dem sich heute die Königsberger Technische Universität befindet, erst zwei Jahre später entstanden, was vermuten lässt, dass der Künstler sein Kunstwerk etwas anders interpretiert wissen wollte, zumal es ursprünglich für das Fürstbischöfliche Schloss in Münster gedacht war. Erst nachdem es dort abgelehnt worden war, schenkte der preußische Kultusminister das Monument der Stadt Königsberg.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Auerochsen von ihrem alten Platz entfernt und standen für fast zwei Jahrzehnte im Königsberger Tiergarten. Dann kehrten die „Kämpfenden Auerochsen“ an ihren historischen Platz zurück und seitdem sind sie zum beliebten Treffpunkt für Jugendliche geworden.

Trotz ihres großen Bekanntheitsgrads, ihrer Bedeutung für die kulturelle und historische Landschaft der Stadt sowie ihrer Einstufung als Architekturdenkmal mit regionaler Bedeutung befindet sich die Skulptur nicht im besten Zustand. Schon seit über einem Jahr hat der Rumpf Löcher, durch die Feuchtigkeit eindringt, was das Kunstwerk allmählich zu zerstören droht.

Die Leiterin der Staatlichen Denkmal- und Kulturschutzbehörde, Larissa Kopzewa, begründet diesen beklagenswerten Zustand mit ungeklärten Eigentumsverhältnissen. Das hat zur Folge, dass aus rein rechtlicher Sicht nicht klar ist, wer sich um den Erhalt der Skulptur zu kümmern hat. Weder die Gebietsverwaltung noch die Stadt oder die Technische Universität, in deren Nähe das Kunstwerk steht, fühlen sich als Eigentümer der „Kämpfenden Auerochsen“. Daran, dass die Skulptur dringend eine Restaurierung benötigt, hat die zuständige Behörde keinen Zweifel. Die Skulptur hat einige eingedrückte Stellen, Löcher gehen quer durch sie hindurch und auch das Grundgerüst ist bereits deformiert.

Engagierte Bürger, die sich für den Erhalt des Kunstwerks einsetzen, haben damit begonnen, ortsansässige Unternehmer zu Geld- oder Sachspenden in Form von für die Restaurierung benötigter Materialien zu animieren. In der Zwischenzeit wollen die Behörden auf allen Ebenen danach forschen, wem die Skulptur gehört. Wünschenswert wäre es, wenn die Vertreter der Privatwirtschaft, besonders des Baugewerbes, nicht nur Profite mit der Errichtung von Parks oder Plätzen im öffentlichen Auftrag machten, sondern dem Beispiel ihrer Kollegen aus dem Vorkriegs-Königsberg folgten, die der Stadt gemeinnützige Einrichtungen schenkten, wie seinerzeit Max Aschmann, welcher der Stadt einen großen Park zum Geschenk machte, oder Walter Simon, der den Bau eines Stadions im Stadtzentrum finanzierte, das heute den Namen „Baltika“ trägt, und für die Finanzierung des Bismarck-Denkmals aufkam.

Leider hat sich bislang niemand gefunden, der sich an der Restaurierung der „Kämpfenden Auerochsen“ beteiligen möchte. Deshalb mussten „Rechtsanwalt und Staatsanwalt“ ihren 100. Geburtstag in dem traurigen Zustand feiern, in dem sie sich schon zu lange befinden. Jurij Tschernyschew


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