Warning: file_get_contents(https://paz.de/lib/extern/header.php): failed to open stream: Connection refused in /homepages/10/d855424685/htdocs/wrapper.php on line 25
24.11.12 / Klingendes Denkmal für Barenboim / Zum 70. Geburtstag des Dirigenten leisten sich der Bund und Berlin eine neue millionenteure Konzerthalle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-12 vom 24. November 2012

Klingendes Denkmal für Barenboim
Zum 70. Geburtstag des Dirigenten leisten sich der Bund und Berlin eine neue millionenteure Konzerthalle

Kurz vor seinem 70. Geburtstag am 15. November freute sich Dirigent Daniel Barenboim über ein stattliches Geschenk. Der Staat bewilligte ihm 20 Millionen Euro für die Gestaltung einer Orchesterakademie samt Konzertsaal für sein Jugendprojekt „West-Eastern Divan Orchestra“.

Der Maestro strahlte über das ganze Gesicht, als er auf die hinter der Staatsoper und dicht an der St. Hedwigs-Kathedrale gelegene Baugrube zeigte. „Bislang konnten sich meine jungen Musiker nur für wenige Wochen zu den Proben und Konzertterminen treffen, danach sind sie auseinandergegangen“, sagte er, „das wird sich jetzt hier ändern.“

Mit „hier“ meint er die frühere Lagerhalle der Staatsoper Unter den Linden, wo er schon seit 20 Jahren die Staatskapelle leitet. Da das Magazin nicht mehr benötigt wird, hatte Barenboim die Idee, an dieser Stelle seinem „West-Eastern Divan Orchestra“ eine feste Heimstatt zu geben. Das 1999 von ihm und dem palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said gegründete Jugendorchester mit jungen israelischen und arabischen Musikern soll der Völkerverständigung dienen. Jetzt, da es im Nahen Osten wieder einmal brennt, kann Friedensstifter Barenboim wenigstens ein kulturelles Erfolgserlebnis verbuchen.

Seit zwei Jahren ist der Gebäudekomplex der Staatsoper eine einzige Baustelle. Einzelne Häuser wurden abgerissen, andere generalsaniert. Die große Lagerhalle aus den 50er Jahren schien überflüssig zu werden. Da reifte bei Barenboim und seinem Intendanten Jürgen Flimm die Idee, in dem fünfstöckigen Gebäude eine Akademie für das Divan-Orchester und einen Konzertsaal mit 800 Plätzen einzurichten. Blieb nur die Frage nach dem Geld. Barenboim trieb bei privaten Spendern acht Millionen Euro ein. Weitere 20 Millionen Euro bewilligte jetzt der Haushaltsausschuss des Bundestages. Eine Hürde musste noch genommen werden: die Miete. Doch der Berliner Senat zeigte sich spendabel und stellt das Grundstück in Toplage für die nächsten 99 Jahre für eine symbolische Miete von nur einem Euro pro Jahr zur Verfügung. Einem Weltstar gegenüber ist eben selbst eine finanziell klamme Stadt großzügig.

Schon melden sich Berlins Kleinbühnen zu Wort: Für die klassischen Musikhäuser habe man plötzlich das Geld, das den subventionierten Privattheatern fehlt. Der Gründer des Grips-Theaters Volker Ludwig beklagte, dass er zur Rettung seines Theaters beim Land Berlin um 100000 Euro geradezu betteln musste. Und eine Gehaltserhöhung für sich und seine Mitarbeiter sei seit 2004 auch nicht drin gewesen.

Dafür kann sich Berlin die Hochkultur leisten. Mit der Staatsoper, der Deutschen Oper und der Komischen Oper gönnt man sich drei Opernbühnen. Neben Simon Rattles Philharmonikern und Barenboims Staatskapelle bietet man fünf weitere veritable Orchester auf: das Rundfunksinfonieorchester, das Deutsche Symphonie-Orchester, das Konzerthausorchester, den Rundfunkchor und den RIAS Kammerchor. Mit dem Divan-Orchester gesellt sich bald ein weiteres hinzu. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Derweil beklatscht Barenboim seinen Millionen-Coup. Seiner weltweiten Vernetzung verdankt er es, dass der kanadische Star-Architekt Frank Gehry die Konzerthalle plant. Wie es heißt, soll er „pro bono“ arbeiten, also praktisch umsonst. Ebenso der japanische Akustiker Yasuhisa Toyota, der schon für den Klang der Hamburger Elbphilharmonie zuständig ist. Jetzt beten alle, dass sich der Bau von Barenboims Philharmonie nicht ebenso verteuert und lange hinzieht wie Hamburgs Pres­tigebau. 2015 sollen in seiner Akademie die ersten Musikstudenten unterrichtet und Konzerte gegeben werden.

In seinem 70. Lebensjahr scheint Wagner-Freund Baren­boim – dank seiner jüdischen Herkunft konnte er es als erster wagen, in Israel die Musik des dort als antisemitisch eingeschätzten Wagner aufzuführen – auf dem Zenit angekommen zu sein. Zur Eröffnung der Olympischen Spiele in London war er einer der Träger der olympischen Flagge. Wegen seiner Ehe mit der 1987 verstorbenen britischen Cellistin Jacqueline du Pré wird der in Buenos Aires geborene Weltbürger auch in England verehrt. Jetzt baut man Barenboim in Berlin ein Denkmal, das einmal sein Festspielhaus werden könnte. Harald Tews


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren

Warning: file_get_contents(https://paz.de/lib/extern/sidebar.php): failed to open stream: Connection refused in /homepages/10/d855424685/htdocs/wrapper.php on line 48