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01.12.12 / Honecker wollte Leiche Friedrichs II. / Geheimverhandlungen zwischen DDR und Haus Hohenzollern um Umbettung nach Sanssouci

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-12 vom 01. Dezember 2012

Honecker wollte Leiche Friedrichs II.
Geheimverhandlungen zwischen DDR und Haus Hohenzollern um Umbettung nach Sanssouci

Als im August 1991 Friedrich der Große unweit seines Lieblingsschlosses Sanssouci beigesetzt wurde, schien die deutsche Wiedervereinigung die Möglichkeit geschaffen zu haben, den Monarchen an dem Platz zu beerdigen, den er sich im Testament selbst ausgesucht hatte. Tatsächlich gab es aber bereits seit dem Jahr 1986 geheime Gespräche über die Rückführung des Königssarges zwischen der DDR-Führung und dem Haus Hohenzollern

Details dieser Geheimverhandlungen hat der Historiker Martin Sabrow, Direktor des Potsdamer Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF), bei einem Vortrag an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften offengelegt: Angeregt wurden die Geheimverhandlungen vom DDR-Kulturminister von 1961 bis 1965, Hans Bentzien.

Für ein Vorhaben wie die Rückführung Friedrichs des Großen nach Sanssouci war auf DDR-Seite kaum jemand geeigneter als der Kulturfunktionär Bentzien – ein Sozialist mit einem Faible für Preußen. Bereits im ersten Jahr seiner Amtszeit hatte der DDR-Kulturminister trickreich das Reiterstand Friedrichs des Großens auf dem Berliner Prachtboulevard Unter den Linden vor dem Einschmelzen gerettet. Mit einem gefälschten Schrottschein – so die überlieferte Legende – schnappte er dem damaligen Berliner SED-Chef Paul Verner das Denkmal weg und ließ es nach Potsdam schaffen. Es „überwinterte“ dort an einem abgelegenen Standort, bis es im Jahr 1980 wieder an seinen ursprünglichen Standort zurückkehren konnte.

1986 regte Bentzien dann bei DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker die Rückholung der Königssärge nach Potsdam an. Um Honecker das Vorhaben schmackhaft zu machen, nutzte Bentzien nicht nur die inzwischen etwas unverkrampftere Einstellung der DDR-Führung gegenüber Preußen, sondern er agierte auch rhetorisch geschickt. Die Überführung der Särge nach Marburg im Jahr 1945 sei ein Willkürakt der US-Besatzer gewesen, der sich nun revidieren lasse. Honecker biss an: Bentzien erhielt ein Mandat für Verhandlungen mit dem damaligen Chef des Hauses Hohenzollern, Prinz Louis Ferdinand. Bereits hier hätte das Vorhaben allerdings scheitern können. Prinz Louis Ferdinand lehnte zunächst einmal ab. Als die Särge Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms I. im Jahr 1952 auf der Familien-Stammburg in Hechingen bestattet worden waren, hatte der Chef des Hauses Hohenzollern eine klare Vorbedingung für eine Rückführung der Särge nach Potsdam genannt: die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit.

Vorangegangen war eine Odysee der Königssärge in den Wirren der letzten Kriegsjahre und der Nachkriegszeit. 1943 waren sie aus Angst vor Bombenangriffen zunächst von der Garnisonkirche in einen Bunker der Wehrmacht unweit Potsdams gebracht worden. Beim Herannahen der Roten Armee wurden die Särge dann im März 1945 in ein Kalibergwerk nach Thüringen gebracht, wo sie von der US-Armee erbeutet und nach Marburg gebracht wurden. Erst 1952 wurde die Erlaubnis zur Überführung der Särge zur Hohenzollern-Stammburg erteilt.

Dass die Verhandlungen mit Prinz Louis Ferdinand trotz der 1952 genannten Bedingung überhaupt in Gang kamen, dürfte wiederum dem Gespür Bentziens geschuldet sein. Er appelierte an die Hohenzollernsche Familienehre. Die Überführung würde die Möglichkeit schaffen, den testamentarisch verfügten letzten Willen Friedrichs des Großen zu erfüllen. Schwung in die weiteren Verhandlungen brachte allerdings erst ein Besuch Prinz Louis Ferdinands in Potsdam im Jahr 1987. Der zweitgeborene Sohn des letzten deutschen und preußischen Kronprinzen besuchte unter anderem das Marmorpalais, in dem er am 9. November 1907 geboren wurde. Noch größeren Eindruck hinterlassen zu haben scheint aber der Besuch der Terrasse von Sanssouci. Prinz Louis Ferdinand schien seit diesem Zeitpunkt die Überführung seiner Ahnherren als eine Möglichkeit anzusehen. Wie weit inzwischen Parteichef Honecker Gefallen an der Idee einer Rückführung des Sarges Fried­richs des Großens nach Potsdam gefunden hatte, lässt sich daran sehen, dass ernsthaft überlegt wurde, wie man das in der Weimarer Verfassung der Familie Hohenzollern eingeräumte Wohnrecht auf dem Schloss Cecilienhof in Einklang mit den DDR-Gesetzen bringen könnte. Wie Honeckers Lösung für die vom Chef des Hauses Hohenzollern gemachte Bedingung ausgesehen hätte, ist nicht mehr bekannt. Die Umwälzungen in Mittel- und Osteuropa fegten nicht nur Honecker hinweg, sondern sie machten auch den Weg für die Rückführung der Königssärge frei. Norman Hanert


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