19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.12.12 / Alte Dorfschule Waldwinkel in neuer Pracht / Private Initiative hat das Gebäude im Kreis Labiau vor dem Verfall gerettet − Seit Juli steht es als Museum für Besucher offen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-12 vom 01. Dezember 2012

Alte Dorfschule Waldwinkel in neuer Pracht
Private Initiative hat das Gebäude im Kreis Labiau vor dem Verfall gerettet − Seit Juli steht es als Museum für Besucher offen

Im Kreis Labiau bemüht man sich seit einiger Zeit darum, die Schönheit der Landschaft zu nutzen, um Touristen anzulocken. Landrat Igor Bolsun hat Projekte ins Leben gerufen, die den „Öko- und Agrartourismus“ fördern sollen. Diese Projekte werden von der EU unterstützt. Teil des Tourismus-Projekts wurde nun auch die alte Dorfschule Waldwinkel, in der im Sommer ein Museum eröffnet wurde.

Die Dorfschule Waldwinkel, bis 1938 Kelladden, wäre längst verfallen und somit heute kein Museum, hätte nicht Anfang der 90er Jahre, als die wirtschaftliche Situation im Gebiet sehr düster war, die engagierte ehemalige Ärztin Inessa Natalitsch das Gebäude gekauft und so vor der sicheren Zerstörung bewahrt. Inessa ist eine gutaussehende, charismatische Frau mittleren Alters, die auch Deutsch spricht. Besucher des Museums empfängt sie herzlich und offen, erzählt mit Begeisterung von ihrer Arbeit als Direktorin, davon, wie alles begann, von ihrer Bienenzucht und dem Obst- und Gemüseanbau im Schulgarten.

Sie berichtet, in welch traurigem Zustand sie das Haus übernommen hatte. Ihr Mann und ihre beiden Söhne halfen bei den erforderlichen Arbeiten. Beim Aufräumen entdeckten sie alte Landkarten, Hefte und sogar die Schulglocke. Zunächst einmal musste das Dach des halb zerfallenen Gebäudes repariert werden. Bei dem Projekt halfen auch andere Dorfbewohner mit Tatkraft und Fachwissen.

„Der Wiederaufbau erfolgte nach Fotos, die wir durch Briefwechsel mit Schülern und Lehrern der Schule, die heute in Deutschland leben, geführt haben. Sie wurden auch ein Teil der Ausstellung: ihre Schulhefte, Tintenfässer und Federnhalter sowie deutsche Lehrbücher“, erzählt

Inessa. Darüber hinaus sammelte Inessa alles, was ihr in die Finger kam. Aus deutschen Zeitungen, Schriftwechsel und persönlichen Gesprächen bekam sie eine genaue Vorstellung davon, wie das Leben in Waldwinkel vor und nach dem Zweiten Weltkrieg war. Die daraus entstandene Ausstellung kann sich sehen lassen. Sie ist in zwei Teile gegliedert: Der erste Raum der ehemals zweiklassigen Schule ist als Klassenzimmer eingerichtet. In den Vitrinen am Rand sind Schul­utensilien ausgestellt, die Kinder während der hier stattfindenden Veranstaltungen auch einmal in die Hand nehmen dürfen. Der zweite Teil ist der Geschichte der ersten russischen Neusiedler gewidmet, deren Kinder in diesem Gebäude ab dem 2. September 1946 unterrichtet wurden. Diesen zweiten Raum ziert ein Ofen, den Inessa nach der Zeichnung eines ehemaligen Schülers nachbauen ließ. Außen ist der noch original erhaltene und bis heute genutzte Schulkeller (ein Erdwall, in dem eine Tür eingelassen ist, die in einen Keller führt, in dem ideale Temperaturen für die Lagerung von Obst und Gemüse herrschen) erhalten, ebenso wie das Toilettenhäuschen und der Brunnen.

Inzwischen ist das Museum eine Sehenswürdigkeit im Kreis Labiau geworden. Es erhielt eine Auszeichnungsurkunde der Europäischen Union, auf die Inessa Natalitsch besonders stolz ist.

Manuela Rosenthal-Kappi

Museum Schule Waldwinkel, ul. Lesnaja 24, 238644 Iljitschewo, Polesskij rajon. Telefon 007-921-2629228. Besichtigung nach vorheriger Anmeldung.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren