28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.12.12 / Eberswaldes goldige Zeiten / PAZ-Thema Archäologie: Schon in der Bronzezeit wurde um Bernstein reger Handel betrieben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-12 vom 01. Dezember 2012

Eberswaldes goldige Zeiten
PAZ-Thema Archäologie: Schon in der Bronzezeit wurde um Bernstein reger Handel betrieben

Zu den bedeutendsten Funden der Bronzezeit in Mitteleuropa zählt der Goldschatz von Eberwalde, Brandenburgs und Deutschlands größter Goldfund. Auf dem Gelände des Messingwerks im Orts­teil Finow stießen Bauarbeiter am 13. Mai 1913 bei Ausschachtungsarbeiten auf ein großes Tongefäß, in dem Gegenstände aus gelblichem Metall steckten.

Überrascht soll einer der glück­lichen Finder ausgerufen haben: „Da haben se jar eenen alten Pott mit Messing injebuddelt!“ Doch was da noch ein wenig glänzte, war tatsächlich Gold: acht reich verzierte Schalen, dazu Hals- und Armschmuck, Barren und Drähte, insgesamt 81 Teile mit einem Gewicht von 2,6 Kilogramm. Der Messingwerkbesitzer Gus­tav Hirsch belohnte die Finder großzügig und schenkte den aufsehenerregenden Goldschatz dem Kaiser, der ihn dem Berliner Völkerkundemuseum überließ.

Archäologen stellten fest, dass es sich um einen Hortfund aus der jüngeren Bronzezeit handelt, der im 10. oder 9. Jahrhundert v. Chr. vergraben wurde. Darüber hinaus warf der Fund Fragen auf, die kontrovers diskutiert wurden, was einen Zwist in der gesamten Archäologenzunft zur Folge hatte.

Nach Ende des Ersten Weltkriegs kam der Eberswalder Goldschatz in das neu eröffnete Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte. Zusammen mit sämtlichen Edelmetallfunden des Museums, darunter weitere Goldfunde aus der Mark Brandenburg, wurde er nach Kriegsende 1945 als Kriegsbeute nach Russland transportiert. Jahrzehntelang galt der Goldschatz als verschollen. Erst 1991 führten Nachforschungen von deutscher Seite zur Gewissheit, dass er sich, ebenso wie der Schatz des Priamos, in einem Geheimdepot des Moskauer Puschkin-Museums befindet. Eine Reporterin von Spiegel TV durfte 2004 überraschend die spektakulären Objekte in Augenschein nehmen. Über die Rück­führung der Beutekunst wird seitdem zwischen Deutschland und Russland verhandelt, bisher allerdings ergebnislos. Eine Nachbildung der Goldschalen befindet sich heute im Stadt- und Kreismuseum Eberswalde, eine weitere wird seit Oktober 2009 im Neuen Museum auf der Berliner Mu­seumsinsel gezeigt.

Die bedeutendsten Gegenstände des Eberswalder Goldschatzes sind die Schalen aus dünnem, getriebenen Goldblech mit Ornamenten, die in Treibtechnik mit Stempeln eingeschlagen wurden. Vergleicht man die Verzierungen mit denjenigen von Bronzegefäßen aus West- und Mitteleuropa, so ergeben sich Übereinstimmungen. Kein Zweifel, die Goldschalen sind Importe aus dem Kulturkreis, der den Kelten zugeschrieben wird. Inzwischen wird angenommen, dass sich die Preziosen einst im Besitz eines Fürsten befanden. Eine große Zahl von Deponierungen kennzeichnet die Endstufe der jüngeren Bronzezeit, wobei es große Unterschiede zwischen den Landschaften bezüglich der Häufigkeit gibt. Man verzeichnet in dieser Epoche des Umbruchs eine zunehmende soziale Gliederung der Gesellschaft. Religiöse und weltliche Macht waren ausgeprägt. Nicht nur in den Bronze- und Edelmetallfunden der Hortfunde spiegeln sich weitreichende kulturelle Beziehungen wieder.

Schon länger wird in der Fachwelt der mögliche Zusammenhang zwischen den relativ zahlreichen Goldfunden in Nordeuropa und dem Bernsteinhandel erörtert. Auf verschiedenen Handelsrouten gelangte der Bernstein in vorgeschichtlicher Zeit von der Ostsee in den Alpenraum und in die Reiche am Mittelmeer, sogar nach Ägypten. Überwiegend dürfte der baltische Bernstein gehandelt worden sein. Doch auch in Talsandflächen des Thorn-Eberswalder-Urstromtales wurden im Zuge von Regulierungs- und Dammbauarbeiten Bernstein-Lagerstätten entdeckt. Durch Tektonik wurde der Bernstein aus dem Norden hierher verschoben.

Archäologen vermuten in Polen in dieser Region ein vorgeschichtliches Handelszentrum. Auf deutschem Gebiet gibt es Lagerstätten im westlichen Teil des Urstromtals zwischen Berlin und Stettin, so im Naturpark Barnim und bei Eberswalde. Auf die reichen Bernsteinlager stieß man beim Bau des Finowkanals. Es braucht nicht viel Phantasie, um bei Eberswalde ein Zentrum des Bernsteinabbaus und -handels zu vermuten, das von einer mächtigen Elite beherrscht wurde. Daher ist es durchaus möglich, dass von vielen einst durch den Fernhandel mit Bernstein angehäuften Wertgegenständen der Eberswalder Goldschatz die Zeiten überdauert hat.

Dagmar Jestrzemski


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren