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08.12.12 / Erst der ICE war schneller / Vor 80 Jahren stellte der »Fliegende Hamburger« einen 64 Jahre ungebrochenen Rekord auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-12 vom 08. Dezember 2012

Erst der ICE war schneller
Vor 80 Jahren stellte der »Fliegende Hamburger« einen 64 Jahre ungebrochenen Rekord auf

A bermals waren die Deutschen Vorreiter einer Fahrzeuggeschichte: Vor 80 Jahren stellte der im Volksmund als „Fliegender Hamburger“ bekannte Schnelltriebwagen DR 877 den Geschwindigkeitsweltrekord bei Zugverbindungen auf, der 64 Jahre Bestand hatte.

Der von der Waggon- und Maschinenbau AG Görlitz im Auftrag der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft (DRG) 1932 gebaute Dieseltriebwagen absolvierte am 19. Dezember jenes Jahres eine Probefahrt auf der ersten Fernschnellverbindung zwischen Hamburg und Berlin. Die vorgesehene Strecke vom Lehrter Bahnhof zum Hamburger Hauptbahnhof war 286 Kilometer lang und wurde vom „Fliegenden Hamburger“ in der Rekordzeit von nur 141 Minuten mit einer Höchstgeschwindigkeit von 175 Kilometern pro Stunde bewältigt. Die damals schnellste Dampflokomotive benötigte für dieselbe Strecke über eine halbe Stunde länger. Ansporn für diese Zeitersparnis war die zusehends steigende Konkurrenz der Reichsbahn durch immer leistungsstärkere Personenkraftwagen und den aufkommenden Luftverkehr. Mit der Einführung der „fliegenden Züge“ sollte mit dem steigenden Mobilitäts- und Geschwindigkeitsniveau mitgehalten werden.

Erforderlich waren für ein solches Ziel natürlich Leistungsveränderungen gegenüber den herkömmlichen Zügen jener Zeit. So hatte der DR 877 beispielsweise als erster Zug eine Stromlinienform, um den Luftwiderstand zu reduzieren. Auch war der dieselelektrische Antrieb eine Neuheit, der mittels Dieselöl hergestellter elektrischer Energie funktionierte. Er war unkompliziert in der Herstellung und kaum störanfällig, sorgte außerdem zusammen mit einer Druckluftbremse für schnelles und vor allen Dingen gleichmäßiges Bremsen. Es war ebenso eine Sicherheitsfahrschaltung eingebaut, die mit der Bremse verbunden war und im Falle einer plötzlich auftretenden Fahruntüchtigkeit des Zugführers den Zug automatisch zum Stehen brachte.

Obwohl der „Fliegende Hamburger“ bei der Probefahrt unter Beweis gestellt hatte, dass er mit seinen zwei Motoren à 410 PS durchaus in der Lage war, Geschwindigkeiten von bis zu 175 Kilometern pro Stunde zu erreichen, wurde bei seiner Inbetriebnahme im Mai 1933 eine Höchstgeschwindigkeit von 160 Stundenkilometern festgelegt. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges fuhr er regulär als Schnelltriebwagen zur Personenbeförderung. Seinem Beispiel folgend, wurden viele ähnliche Züge gebaut, denen er als Prototyp diente. Noch heute nennt man den „Fliegenden Hamburger“ den „Urahnen“ der ICEs wegen der äußeren und technischen Ähnlichkeiten.

Nach dem Krieg wurde der Triebwagen zunächst unter französischer Besatzung wieder als Reisezug eingesetzt und ging 1949 in die Hände der Deutschen Bundesbahn über. Dort wurde er noch etwas modernisiert, um aber 1957 nach nicht einmal zehn Jahren ausgemustert zu werden. Zwar wurden die Züge seitdem technisch immer weiter modernisiert, den Rekord des „Fliegenden Hamburgers“ zu brechen gelang aber erst 1997 einem ICE − 64 Jahre nach der Rekordfahrt. Bis heute gilt der „Fliegende Hamburger“ als Meilenstein in der Entwicklung des weltweiten Zugverkehrs.

Heute ist das vordere Viertel des Zuges im Verkehrsmuseum in Nürnberg ausgestellt. Der aus den zwei voneinander unabhängigen Teilen „a“ und „b“ bestehende Zug wurde an der Kupplungsstelle halbiert und der „a“-Waggon sollte ursprünglich komplett im Nürnberger Verkehrsmuseum ausgestellt werden. Da dieser aber immer noch zu groß für die Museumsräume war, wurde er geteilt und nur die Hälfte mit der Fahrerkabine ausgestellt. Die restlichen drei Viertel des Zuges wurden mangels möglicher Verwendungszwecke verschrottet. Melinda Heitmann


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