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05.01.13 / Luxusgut Gesundheit / Gilt bald nur noch die Devise: Lieber reich und gesund als arm und krank?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-13 vom 05. Januar 2013

Luxusgut Gesundheit
Gilt bald nur noch die Devise: Lieber reich und gesund als arm und krank?

Gesundheit wird immer teurer, gilt vielen besorgten Bürgern schon als unbezahlbares Luxusgut. Zugleich aber schwimmen die gesetzlichen Krankenkassen förmlich im Geld, verbuchen zum Jahreswechsel einen Überschuss von satten 22 Milliarden Euro. Paradox? Nur auf den ersten Blick.

Jedes Jahr steigen in Deutschland die Gesundheitskosten um über drei Prozent. 287 Milliarden Euro, 3500 Euro pro Kopf der Bevölkerung, 11,6 Prozent vom gesamten Bruttoinlandprodukt, das waren die letzten vom Statistischen Bundesamt verbreiteten Zahlen. Sie bedeuten natürlich Rekord, und allmählich gerät die 300-Milliarden-Marke ins Visier. Besorgniserregend daran ist vor allem, dass die Gesundheitskosten mehr als doppelt so schnell anwachsen wie die Wirtschaftsleistung. Die Schere zwischen verfügbarem Einkommen und Ausgaben für „Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Pflege“ (so die amtliche Definition der Weltgesundheitsorganisation/WHO) geht immer weiter auseinander. Vermutlich wird Armut bald danach definiert, ob ein Mensch sich Gesundheit noch leisten kann.

Zurzeit wird die Lage nur deshalb als nicht so bedrohlich wahrgenommen, weil die gesetzlichen Krankenkassen mehr als gesund dastehen. Sie schwelgen in Überschüssen und haben einen Rück-lagenberg von 22 Milliarden Euro aufgetürmt.

Das weckt Begehrlichkeiten. Der Beitragssatz, insbesondere der Arbeitnehmeranteil, solle spürbar gesenkt werden, fordert die rot-rot-grüne Bundestagsopposition. Nein, kontert der liberale Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, die Kassen sollen ihren Mitgliedern das zu viel vereinnahmte Geld zurückgeben, den relativ hohen Beitragssatz von 15,5 Prozent aber beibehalten, um für schlechtere Zeiten gerüstet zu sein.

Damit liegt der FDP-Politiker wohl richtig. Wie schnell die Bilanzzahlen von rot zu schwarz (und irgendwann auch umgekehrt) wechseln können, hat man ja in den letzten drei Jahren gesehen: von minus 1,5 Milliarden über minus 445 Millionen ins satte Plus. Die Experten jeglicher Couleur haben sich dabei nicht gerade mit Ruhm bekleckert: So hatten sie für 2010 ein Finanzloch von vier Milliarden prognostiziert – und lagen damit um das Achtfache daneben. Und für 2012 waren noch im Spätherbst vier Milliarden Überschuss angesagt. Nun wurde daraus auf wundersame Weise das Fünfeinhalbfache. Mutmaßliche Ursache des unverhofften Geldsegens: eine glückliche Kombination aus politischen Spar- und Reformmaßnahmen mit einer überraschend positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, sprich deutlich mehr Beitragszahlern.

Wie aber sind die Lasten des 287-Milliarden-Pakets verteilt? Die gesetzlichen Krankenkassen tragen den größten Brocken, nämlich 165,5 Milliarden (58 Prozent). Die privaten Krankenversicherungen sind mit 33 Milliarden dabei, private Haushalte und Organisationen steuern 39 Milliarden bei.

Die Pflegeversicherung hat 21,5 Milliarden zu schultern. Sie verzeichnet auch den höchsten Steigerungssatz: über sechs Prozent. Und dabei wird es nicht bleiben. Die demografische Entwicklung ist besorgniserregend: stetig steigende Lebenserwartung dank medizinischer Fortschritte, aber auch dramatische Zunahme altersbedingter Krankheiten, trotz medizinischer Fortschritte. Ein Konjunktureinbruch mit, dadurch bedingt, weniger Beitragszahlern kann den Pflegebereich und damit das gesamte Gesundheitswesen an die Grenze der Finanzierbarkeit bringen – trotz momentaner Milliardenüberschüsse.

Dann wird die alte Volksweisheit ins Gegenteil verkehrt: Lieber reich und gesund als arm und krank. Hans-Jürgen Mahlitz


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