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05.01.13 / Den potenziellen Wähler fest im Blick / Nicht nur Ursula von der Leyen hat erkannt, dass der Kampf gegen Altersarmut politisch lohnend ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-13 vom 05. Januar 2013

Den potenziellen Wähler fest im Blick
Nicht nur Ursula von der Leyen hat erkannt, dass der Kampf gegen Altersarmut politisch lohnend ist

Als vor Kurzem eine Studie besagte, es gebe in Deutschland größere Probleme als Altersarmut, war die Aufregung groß. Das Thema ist für Politiker viel zu dankbar, als dass man es einfach beiseite schieben könnte.

„Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“ Unter diesem Motto lief die Kritik an Axel Börsch-Supan und seinen Kollegen, die im Auftrag des Wirtschaftsministeriums eine Studie zum Thema Altersarmut gefertigt hatten. Börsch-Supan, Direktor am Münchner Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, wird von linken Medien und Politikern, aber auch von einigen Wohlfahrtsverbänden und Gewerkschaften unterstellt, er habe die Ergebnisse im Sinne des Wirtschaftsministers Philipp Rösler (FDP) so geschönt, dass sie den Vorstellungen der Liberalen entsprächen. Dabei hatte der Wissenschaftler nur gesagt, dass er und seine Kollegen das Armutsproblem Deutschlands derzeit bei den Jungen sehen würden und keineswegs bei den Alten, denn schließlich seien nur 2,6 Prozent der über 65-Jährigen auf Grundsicherung angewiesen, gleichzeitig lebten aber 7,4 Prozent der Gesamtbevölkerung von Hartz IV.

„Wir sagen nicht, dass es keine Armut gibt, aber das Problem liegt nicht primär im Bereich der Älteren“, erklärte Axel Börsch-Supan und belegte seine Aussagen, indem er die Armutsquote der Rentner mit der der alleinerziehenden Mütter verglich, die mit 37,1 Prozent mehr als doppelt so hoch sei wie bei den Senioren. Sein Kollege Achim Wambach, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums, verwies darauf, dass die Ursache geringer Rentenansprüche noch nicht in der Absenkung des Rentenniveaus zu suchen sei, sondern bei „unzureichenden Erwerbsbiografien“ und demnach auf Probleme am Arbeitsmarkt zurückzuführen seien. Dies war insoweit interessant, als der Auslöser der Debatte um Altersarmut im für den Arbeitsmarkt zuständigen Ministerium zu finden ist. Doch die dort tätige Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) singt derzeit das Lied von Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden mit, ja, sie ist sogar tonangebend, wenn es darum geht, Altersarmut in Deutschland ausmachen zu wollen. Dass sie laut den Experten des Wirtschaftsministeriums allerdings jetzt ein Problem bekämpfen will, das laut Börsch-Supan frühstens ab 2030, nämlich dann, wenn die Angehörigen der Baby-Boomer-Generation in Rente gehen, akut wird, lässt von der Leyens aktuellen Tatendrang zu Populismus zusammenschrumpfen. Hierfür muss sie auch immer öfter Kritik einstecken. In der „Welt“ wird ihr sogar unterstellt, sie würde, nur um sich mit den Themen Lebensleistungs- , Zuschuss- und Mütterrente ein politisches Denkmal zu setzen, zulasten der jüngeren Generationen milliardenschwere Wahlgeschenke an die ältere Generation verteilen. „In Zukunft aber müssen immer weniger Beitragszahler immer mehr Ruheständler alimentieren“, warnt die „Welt“. „Auf die Finanziers keinerlei Rücksicht zu nehmen ist ein fataler rentenpolitischer

Rückschritt. Denn von der Leistungsbereitschaft der Jüngeren hängt jedes Alterssicherungssystem ab.“

Doch die Kritik berücksichtigt nicht, dass die Jüngeren sich nicht wehren können. Da die Rentenbeiträge gleich vom Gehalt abgezogen werden, kann man sich diesen nur entziehen, indem man nicht legal arbeitet oder auswandert. Politiker, die die Interessen der jüngeren Generation vertreten, gibt es kaum noch. Da vor allem die älteren Menschen zur Wahl gehen und sich die Zahl der Rentner aufgrund der demografischen Entwicklung Jahr für Jahr erhöht, steht zu befürchten, dass immer mehr Politiker ihren Blick hin zu den Wählergruppen richten, die zahlenmäßig dominieren. Hilfe von Wohlfahrtsverbänden haben die jüngeren Generationen nicht zu erwarten, da die Verbände einen Großteil ihres Geldes mit den Senioren verdienen. Besonders interessant ist zudem, dass die Berufstätigen auch von Seiten der Gewerkschaften keine nennenswerte Unterstützung erwarten können. Da die schrumpfenden Gewerkschaften vor allem auf ihre im Ruhestand befindlichen Mitglieder oder jene, die kurz vor der Rente stehen, bauen können, richten auch sie sich nach den Interessen der Älteren.

Es ist also anzunehmen, dass das Thema Altersarmut nicht nur im kommenden, sondern auch in den folgenden Bundestagswahlkämpfen eine immer größere Bedeutung spielen wird. Und das, obwohl zahlreiche Unternehmen von dem gut gefüllten Portemonnaie der Ruheständler profitieren. Welch ein Banker freut sich nicht, wenn er das gute Geld der Senioren anlegen darf, welches Reisebüro verkauft nicht gern Kreuzfahrten und welcher Händler verweigert den heutigen Rentner ihren Wunsch nach teuren Dingen, deren Notwendigkeit selbst auf den zweiten Blick nicht ersichtlich ist.

Der Hinweis von Achim Wambach, dass Altersarmut vor allem auf unzureichende Erwerbsbiografien, sprich auf Arbeitslosigkeit, zurückzuführen sei, wurde jedoch vom Arbeitsministerium überhört. Dort beschäftigt man sich lieber mit der Einführung von Mindestlöhnen, anstatt dafür einzutreten, dass durch Aus- und Fortbildung der Teil der Menschen, die aufgrund ihrer Bildung qualifiziertere und besser bezahlte Positionen erreichen können, gesteigert wird. Rebecca Bellano


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