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05.01.13 / Letzte Chance für Air Berlin / Fluglinie verkauft Tafelsilber – Ende der Krise nicht in Sicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-13 vom 05. Januar 2013

Letzte Chance für Air Berlin
Fluglinie verkauft Tafelsilber – Ende der Krise nicht in Sicht

Noch rechtzeitig um im Jahr 2012 einen Gewinn verkünden zu können, hat Air Berlin den Verkauf seines Vielflieger-Programm „Topbonus“ unter Dach und Fach gebracht: Für 184 Millionen Euro geht die Kundenkartei an Air Berlins Großaktionär, die arabische Fluglinie Etihad. Erstmals seit dem Jahr 2007 wird Air Berlin durch das eingefädelte Geschäft wieder ein Geschäftsjahr mit einem positiven Ergebnis zu Ende bringen können.

Was zunächst wie eine Erfolgsmeldung erscheint, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Warnsignal. Air Berlin ist von echten Gewinnen – erwirtschaftet durch das eigentliche Fluggeschäft – immer noch weit entfernt. Der Verkauf der Kundendatei ist allerdings noch aus einem anderen Grund brisant. Das Geschäft mit Etihad bedeutet nichts anderes, als dass nun der letzte Teil des Unternehmens auf den Markt geworfen wurde, der sich noch zu Geld machen lässt – man ist inzwischen beim Tafelsilber angelangt. Air-Berlin-Finanzchef Ulf Hüttmeyer hat im Laufe der Krise bei der Fluggesellschaft bereits alles abgestoßen, was wertvoll war, Teile der Flugzeugflotte inbegriffen. Zusätzlich Kapital aufgetrieben hat man mit Unternehmensanleihen, die mit einem rekordträchtigen Zinscoupon von 11,5 Prozent ausgestattet werden mussten, um Abnehmer zu finden.

Dass der Verkauf der Vielflieger-Daten nun zu neuerlichen Spekulationen über die finanzielle Situation bei Air Berlin führt, ist da kaum noch verwunderlich. Erst Ende 2011 hatte Etihad seinem Partner in Berlin eine kräftige Kapitalspritze zukommen lassen. Für 200 Millionen Euro haben die Araber ihren Anteil bei Air Berlin auf 30 Prozent erhöht, 255 Millionen Dollar wurden als Kredit gewährt. Nur zwölf Monate später scheint Air Berlin erneut knapp bei Kasse gewesen zu sein. Die nun eingenommenen 184 Millionen Euro sollen dem Unternehmen das Überleben für mindestens ein weiteres Jahr sichern: Erkaufte Zeit, damit Air Berlin mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell und nicht mit Notverkäufen in die schwarzen Zahlen kommt.

Sollte die Wende in den kommenden Monaten nicht gelingen, dann könnte das durchaus das Ende der zweitgrößten deutschen Fluglinie bedeuten. So finanzstark der Partner Etihad auch ist, der Großaktionär kann nicht unbegrenzt Geld zuschießen. Nicht zuletzt in Abu Dhabi selbst würde dies Etihad in Erklärungsnot bringen. Zu offensichtlich wäre, dass man mit dem Einstieg bei Air Berlin ein Fass ohne Boden eingehandelt hat, bei dem im Jahresrhythmus Geld nachgeschossen werden muss.

Eine weitere Anteilserhöhung bei Air Berlin über die 30-Prozent-Marke wäre zwar gesichtswahrend, sie würden das Berliner Unternehmen paradoxerweise aus Sicht Abu Dhabis erst richtig zur Fehlinvestition machen. Wird das Aktienpaket Etihads zu groß, dann gilt Air Berlin nicht mehr als deutsche Fluglinie. Regelungen in der Luftfahrtbranche sehen aber vor, dass Verbindungen zwischen zwei Ländern nur von Fluggesellschaften betrieben werden dürfen, die mehrheitlich Aktionären des Start- oder des Ziellandes gehören. Die drohende Folge eines arabischen Mehrheitsaktionärs bei Air Berlin würde bedeuten, dass Streckenrechte abgegeben werden müssten. Air Berlin würde damit lediglich für Zubringerflüge zum Drehkreuz Abu Dhabi gebraucht werden. Norman Hanert


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