20.04.2024

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05.01.13 / Ganz im Sinne der Regierenden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-13 vom 05. Januar 2013

Ganz im Sinne der Regierenden
von Rebecca Bellano

Spätestens bei der Lektüre der Weihnachtsausgabe des „Handelsblattes“ erwachte wieder das Bedauern über die Einstellung der „Financial Times Deutschland“ („FTD“). Konkurrenz belebt das Geschäft und die „FTD“ hatte, in dem sie die Euro-Rettung ziemlich deutlich mittrug, dafür gesorgt, dass sich das „Handelsblatt“ ein wenig kritischer geben musste, um sich von der „FTD“ zu unterscheiden. Doch nun ist die in Hamburg gemachte Wirtschaftstageszeitung vom Markt und die Düsseldorfer verspüren weniger Druck. Wobei: Der war auch nur gering, schließlich warb das „Handelsblatt“ 2010 unter seinem Chefredakteur Gabor Steingart für den Kauf von griechischen Staatsanleihen, um den Euro-Partner zu unterstützen. Doch in letzter Zeit bot das „Handelsblatt“ immer mal wieder Kritikern der Euro-Rettung ein Forum.

Liest man allerdings, wen die Zeitung zu den „Menschen 2012“ zählt, die im abgelaufenen Jahr das Wirtschaftsleben prägten, dann erschütterte einen die Wortwahl bis aufs Mark. Wie kann man Bert Rürup an hervorgehobener Stelle so ungeniert den Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) als „Stratege des Jahres“ loben lassen, dass der unbedarfte Leser den Eindruck erhält, Mario Draghi habe Europa und den Euro gerettet? Unter der Überschrift „Der europäische Schattenkanzler“ darf der ehemalige Wirtschaftsweise Rürup sich nahezu im Lob über Draghi überschlagen. Der Italiener sei ein „Glücksfall“ für die EZB, habe deren Unabhängigkeit bewiesen und zahlreiche „Meisterleistungen“ in der Euro-Rettung vollbracht. Damit sagt Rürup genau das, was unsere Politiker gerne wollen, denn der Eindruck, die EZB sei wirklich unabhängig, soll erhalten bleiben. Und auch die Ehrung von Vladis Dombrowskis als „Staatsmann des Jahres“ aus der Feder des ehemaligen Staatssekretärs im Bundesfinanzministerium, Thomas Mirow, hat offenbar das Ziel, den „Handelsblatt“-Lesern zu suggerieren, Griechenland könne auch im Euro bleiben, während es wichtige Reformen umsetzt. Schließlich habe Lettland ja auch die Folgen der Finanzkrise bewältigen können, obwohl es seine Währung an den Kurs des Euro gebunden ließ.

Auch darf der einstige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher den griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras als „Politiker des Jahres“ feiern, obwohl es bisher keinerlei Belege dafür gibt, dass Samaras Griechenland in eine bessere Zukunft führt.

Leider sind auch die anderen „Menschen 2012“ zumeist wenig originell, so entsprechen zum Beispiel Bundespräsident Joachim Gauck als „Aufsteiger des Jahres“ oder „Red Bull“-Chef Dietrich Mateschitz als „Unternehmer des Jahres“ ganz dem Zeitgeist. Ist es aber nicht vor allem Aufgabe der Medien, Dinge gegen den Strich zu bürsten?


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