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05.01.13 / Kultur-Matsch 2013 / Wer sich wieder selbst feiert und uns nervt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-13 vom 05. Januar 2013

Kultur-Matsch 2013
Wer sich wieder selbst feiert und uns nervt

Und jährlich grüßt das Murmeltier auch bei den Kulturveranstaltungen. Jedes Mal laufen Premieren, Festivals oder sinnlose Preisverleihungen nach denselben Ritualen ab: Roter Teppich, austauschbare Stars, Jubel, Applaus. Hier eine – augenzwinkernde – Vorschau auf das, was uns 2013 wieder droht.

Januar: Bei den Golden Globes in Los Angeles haben sich erwartungsgemäß die Favoriten durchgesetzt. Die Filme „Schiffbruch mit Tiger“, „Argo“ und „Lincoln“ haben alle einen Preis gewonnen. Die Frage ist nur, in welcher Kategorie. Aber das ist am Ende ohnehin nur nebensächlich.

Februar: Bei den Grammys hat eine Raphiphoprockpop-Gruppe, deren Namen man sich nicht merken muss, abgesahnt. In Erinnerung bleibt eigentlich nur eine Skandal-Sängerin, die auf der Bühne eine Gebetspause für Allah einlegte und sich anschließend bekreuzigte.

Zur Berlinale erscheinen die Stars immer spärlicher bekleidet. Wer da bei Minustemperaturen im Negligé auf dem roten Teppich fröstelt, interessiert keinen – Hauptsache nackte Haut. Stimmungsmäßig herrschen auch Minusgrade in den Kinosälen, weil sich die Festivalbesucher an „politisch relevanten“ Experimentalfilmen jenseits des Mainstreams abarbeiten müssen. Der Berlinale-Sieger heißt „Grau und trist“ – oder so ähnlich.

Wichtigstes Gesprächsthema bei der Oscar-Verleihung sind wie immer die Modeausrutscher der Damen. Auf dem Laufsteg vor dem Dolby Theatre am meisten danebengegriffen hat natürlich erneut Angelina Jolie, die diesmal zur Sicherheit, um ihre Beine nicht zeigen zu müssen, eine kleinkarierte Hose anhatte. Ach ja, – fast vergessen – die Filme: Die drei obigen Golden-Globe-Favoriten haben sich auch hier durchgesetzt. Diesmal aber in anderer Reihenfolge und in anderen Kategorien. Irgendwie muss man sich ja von der Konkurrenz unterscheiden.

März: Irgendein Schnulzensänger aus den neuen-alten Bundesländern gewinnt in Berlin den Echo-Musikpreis. Er hat nur einen einzigen Hit geschrieben. Nächstes Jahr wird sich schon keiner mehr an den Retorten-Barden oder an den Song erinnern können.

April: Überraschung beim Grimme-Fernsehpreis. Gewonnen hat –niemand. „Ein Preis für den schlechtesten Film wäre einfacher zu vergeben gewesen“, so ein Jury-Mitglied über das ständig sinkende Niveau an TV-Beiträgen.

Mai: Bei den Filmfestspielen in Cannes gibt es stets einen Gewinner: das Kapital. Hier wird auch mit schlechten Filmen gut verdient. Aber darüber sprich niemand gern. An der Croisette lenkt man lieber mit viel Busenfreiheit von harten Geschäftsinteressen ab.

Sommer: Sensationelle Entwick­lung bei den langnamigen Klassikfesten. Das Schleswig-Holstein- und das Meck­lenburg-Vorpommern-Festival fusionieren und wollen bundesweit Klassik-Konzerte an­bieten. Der neue Name, SH-MV-H-N-B-B-B-S-SA-T-H-NW-R-S-BW-B, setzt sich aus den Kürzeln der 16 Bundesländer zusammen.

Auch die Bayreuther Festspiele, bei der die verfeindeten Wagner-Schwestern einträchtig als Walküren auftreten, polieren sich zum Wagner-Jahr kräftig auf: Der grüne Festspielhügel wird opportun zur Bundestagswahl grünrotschwarz.

September: Beim Deutschen Fernsehpreis feiert sich die TV-Prominenz selbst. Weil schon jeder in der Vergangenheit den Preis erhalten hat, vollbringt die Jury eine Verzweiflungstat: Tränige Moderatoren eines Verkaufssenders werden ausgezeichnet.

Oktober: Die Frankfurter Buchmesse vermeldet erwartungsgemäß wieder Rekorde: mehr Besucher, mehr Bücher – und noch mehr Schund. Charlotte Roche stellt dort ihr neues Buch „Fußpilze“ vor.

November: Promis erhalten den überflüssigsten Medienpreis der Welt, den „Bambi“, bloß weil sie Promis sind. Passend dazu wird extra eine neue Kategorie erfunden: „Überflüssiger Star“. Daran mangelt es uns wahrlich nicht.

Dezember: In Stockholm nimmt Präsident Barak Obama den Literaturnobelpreis für die USA entgegen. Inspiriert vom Friedensnobelpreis, den 2012 die EU erhalten hatte, werde man künftig nur noch Regionen, Länder oder Kontinente auszeichnen. Dann könne sich keiner benachteiligt fühlen, so die Jury. Und die USA sei mit dem Literaturnobelpreis überfällig gewesen, habe man doch Autoren wie Pynchon, DeLillo, Irving oder Roth schon seit zuletzt 20 Jahren übergangen. Aus Frankfurt mosert Marcel Reich-Ranicki: „Außer Updike lese ich keine US-Autoren. Also taugen die auch nichts.“ Harald Tews


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