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12.01.13 / Besorgt um das materielle wie das geistige Wohl / Der »Speckpater« Werenfried van Straaten versorgte deutsche Flüchtlinge und Vertriebene mit Hilfsgütern, Priestern und Kirchen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-13 vom 12. Januar 2013

Besorgt um das materielle wie das geistige Wohl
Der »Speckpater« Werenfried van Straaten versorgte deutsche Flüchtlinge und Vertriebene mit Hilfsgütern, Priestern und Kirchen

Erst einmal studierte der am 17. Januar 1913 im niederländischen Mijdrecht bei Amsterdam zur Welt gekommene Philippus van Straaten nach dem Abitur am Gymnasium in Eindhoven klassische Philologie und Philosophie sowie vergleichende Sprachwissenschaften, um in die Fußstapfen seines Vaters, eines Schulleiters, treten zu können. Doch früh zeigte sich van Straatens journalistisches Interesse. So arbeitete er als Redakteur für eine Studentenzeitung. Erst war van Straaten mit seiner Weltlichkeit etwas aus der Familien-Art geschlagen, aber so wie seine beiden Brüder, die Theologie studierten und Augustinerpater wurden, verschrieb auch er sich schließlich dem Dienst an der Kirche.

Den an der sozialen Frage interessierten jungen Mann zog es zu den Kapuzinern, die in dem Ruf standen, es mit dem Gebot der Armut am genausten zu nehmen. Wegen seiner schwachen Gesundheit wurde er dort jedoch abgelehnt und so verschlug es ihn zu den Prämonstratensern im flandrischen Tongerloo in der Provinz Antwerpen. Nach drei Jahren im Orden hatte sich 1937 sein Gesundheitszustand dermaßen verschlechtert, dass er weder für die Pfarrseelsorge noch zur Heidenmission oder zum Predigen gebrauchbar schien. Der Abt hatte jedoch ein Einsehen und schickte ihn nicht weg, sondern machte ihn zu seinem Sekretär und beauftragte ihn, neben einem Buch über die Abtei Artikel für die klostereigene Zeitschrift „Toren“ (Turm) zu verfassen. Über seinen Sekretär urteilte der Abt: „Ich freue mich, dass ich Werenfried habe, aber ich freue mich auch, dass ich nur einen Werenfried habe.“ Werenfried war Philipps Name als Ordensbruder, was so viel heißt wie „Der für den Frieden kämpft“. Der Name passte, denn Werenfried war so friedfertig im Wesen wie kämpferisch in seinen Mitteln. 1940, mitten im Zweiten Weltkrieg, wurde er zum Priester geweiht.

Nach dem Krieg erfuhr er von der Not der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge und griff dieses Elend im geschlagenen Nachbarland unter der Überschrift „Wieder kein Platz in der Herberge“ mit einem Artikel in der Klosterzeitschrift auf. Den Worten folgte die Tat. Zusammen mit Adolf Kindermann, dem späteren Weihbischof von Hildesheim, gründete er 1948 in Königstein im Taunus das Hilfswerk Kirche in Not / Ostpriesterhilfe. Da die währungspolitische Situation in den westlichen Besatzungszonen schwierig war und auch die Bauern in Deutschlands Nachbarstaaten Belgien und den Niederlanden selber kaum Geld hatten, dafür aber vor allem die flandrischen Landwirte viele Schweine, eröffnete er die Speck­­­­­schlacht gegen den Hunger von Millionen“, rief gezielt zum Spenden von Schweinespeck auf, das den zusätzlichen Vorteil hat, nicht nur nahrhaft, sondern auch recht haltbar zu sein. Bei einer der Veranstaltungen sprach ihn eine Bäuerin als „Speckpater“ an, und da ein Journalist zugegen war, hatte der Pater seinen Spitznamen weg. Außer Speck sammelte van Straaten auch Sachspenden wie andere Lebensmittel, Textilien, Schuhe, Decken und Medikamente für die deutschen Flüchtlinge. Aber auch theologische Fachliteratur wurde von ihm für die deutschen Flüchtlingspriester und Theologiestudenten gerne genommen. Belgische Schulklassen übernahmen Patenschaften für deutsche Flüchtlingspriester und deren Gemeinden. 1953 gründete er den Internationalen Bauorden. Dessen aus Baugesellen bestehende Mitgliedschaft legte ehrenamtlich in ihren Ferien beim Bau von Wohnungen, aber auch Kirchen Hand an.

Van Straaten war zu sehr Priester, als dass ihm nur das materielle Wohl der Flüchtlinge und Vertriebenen am Herzen gelegen hätte. Sogenannte Rucksackpriester wurden mit Motorrädern und Volkswagen motorisiert, alte erworbene Omnibusse wurden zu „fahrenden Kirchen“ umgebaut, um die Flüchtlinge dort versorgen zu können, wo sie das Schicksal hin verschlagen hatte, häufig in die Diaspora.

Nachdem in Westdeutschland das schlimmste Elend beseitigt war und 1956 die Ungarn gegen den Kommunismus auf die Straßen gegangen waren, weitete van Straaten sein Betätigungsfeld auf die kommunistischen Staaten jenseits des Eisernen Vorhangs aus. Später kamen auf Wunsch des Papstes Johannes XXIII. noch Lateinamerika, Afrika und Asien hinzu.

Nach dem Ende des Kalten Krieges bemühte er sich um eine Zusammenarbeit mit und Förderung der Russisch-Orthodoxen Kirche. Analog zu den zu Kapellenwagen umgebauten Omnibussen wurden für die Wolga und den Don Kapellenschiffe beschafft.

Nachdem er vor zehn Jahren noch seinen 90. Geburtstag hatte feiern können, verstarb Pater Werenfried van Straaten kurze Zeit später am 31. Januar 2003 in Bad Soden. Sein Werk, das mittlerweile internationale Hilfswerk Kirche in Not, hat ihn überlebt und arbeitet noch heute. M.R.

Nähere Informationen über Pater Werenfried van Straaten und sein Werk bietet Kirche in Not / Ostpriesterhilfe Deutschland e.V., Lorenzonistraße 62, D-81545 München, Telefon (089) 6424888-0, Fax (089) 6424888-50, E-Mail: info@kirche-in-not.de, Internet: www.kirche-in-not.de


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