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12.01.13 / Die ostpreussische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-13 vom 12. Januar 2013

Die ostpreussische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

jedes Ding hat seine Zeit – und der Januar seine besondere, jedenfalls für alle, die sich zu Beginn des Schicksalsjahres 1945 auf die große Flucht begaben. Wir können und wollen diese Erinnerungen nie löschen, und deshalb müssen sie in diesem Monat ihren Vorrang vor allen anderen Fragen, Wünschen und Problemen haben. So passt auch das Schreiben, das uns Herr Heinz Timmreck schon vor einigen Wochen zusandte, in diese Zeit. Er ist der Autor des Buches „Letzte Flüchtlingszüge aus Ostpreußen“, das ich schon öfters erwähnte und das ich immer wieder in die Hand nehme, denn es bietet durch die bis heute bewahrten Erinnerungen der damals vor der russischen Armee Flüchtenden absolut authentische Angaben über das für die heutigen Generationen kaum nachvollziehbare Geschehen (ISBN 978-3-842349-66-7). So wird in diesem Dokumentarbericht die allgemein kaum bekannte Zugkatastrophe, die in der Nacht vom 22. auf den 23. Januar 1945 auf dem Bahnhof Grünhagen im Kreis Preußisch-Holland geschah, nahezu aufgeklärt. Sie war der eigentliche Anlass für die Erstellung dieser Dokumentation, denn als Herr Timmreck vor mehr als einem Jahrzehnt mit seiner Familienforschung begann und seine eigenen Fluchterlebnisse aufschrieb, hat ihn diese Katas-trophe besonders beschäftigt. Er musste damals feststellen, dass es kaum ausführliche Berichte über den Vorfall gab, und so wurde diese Katastrophe zu einem Hauptthema in seinem Buch. Wir werden darüber in der nächsten Folge berichten – also genau 68 Jahre nach diesem grausamen Geschehen. Nun wendet sich also der Autor erneut an uns, denn inzwischen hat sein Buch eine interessierte Leserschaft gefunden, darunter auch damalige Schicksalsgefährten, die ihm von ihren eigenen Erlebnissen berichteten. Angeregt von dem im gleichen Ort wohnenden Schriftsteller Heinz Schön, der auch das Vorwort für Heinz Timmrecks Buch geschrieben hat, kam der Autor zu dem Entschluss, einen Ergänzungsband zu erstellen, in dem dieses Kapitel der Vertreibung, „die Flucht mit der Bahn“, noch intensiver behandelt wird. Gegenwärtig ist Herr Timmreck dabei, geeignetes Material zu sammeln, wobei er sich nicht nur auf die letzten Flüchtlingszüge aus Ostpreußen beschränkt, sondern auch an Berichten aus anderen Fluchtgebieten wie Westpreußen und Pommern interessiert ist. Wer sich mit ihm in Verbindung setzen will, hier seine Anschrift: Heinz Timmreck, Schwalbenweg 7 in 32107 Bad Salzuflen, Telefon (05222) 7403, E-Mail: mail@heinz-timmreck.de

Wir haben zu diesem Thema, das wir – angeregt durch das Buch – im vergangenen Jahr in mehreren Folgen behandelten, immer wieder Zuschriften bekommen. Auch unser Leser Helmut Herrmann wurde dadurch ermutigt, seine Erinnerungen aufzuschreiben – er hat sie kurz und knapp gehalten, aber gerade deshalb sind sie sehr informativ. Und er berichtet sogar von „zwei letzten Zügen“, die aber in entgegen gesetzter Richtung fuhren: „Ich kam am 15. Januar ins Marienkrankenhaus Allenstein, Blinddarm, Operation am 16. Januar. Am Donnerstag, den 18. Januar gab es Angriffe auf Bahnhof und Stadt. Am 21. sonntagabends um 8 Uhr besucht mich mein Vater und sagt, der Volkssturm löse sich auf, er ginge nach Hause, 15 Kilometer durch Eis und Schnee. Um 9 Uhr abends werden die Krankenhauspatienten zum Bahnhof geschafft. Eine Krankenschwester erzählt mir, mein Vater liege mit Beinbruch im Lazarett. Um 11 Uhr nachts kommt ein Zug auf den Bahnsteig, den wir Patienten belegen, ungeheizt. Aber erst am Montag, 22. Januar, um 2 Uhr nachmittags verlässt der Zug Allenstein unter Beschuss ostwärts, fährt über Rothfließ, Heilsberg, Zinten bis Deutsch-Thierau. Dort ohne Lokomotive, ohne Heizung und Verpflegung bis 25. Januar, dann 36-Stunden-Fahrt nach Königsberg. Dort ins Elisabeth-Hilfskrankenhaus Luisenallee 93−105. Mein Vater, der am 21. Januar zwischen 8 und 9 Uhr abends ins Lazarett gekommen war, ist noch mit einem früheren Zug aus Allenstein ebenfalls über Rothfließ, Heilsberg, noch über Elbing und Marienburg weiter über die Weichsel gelangt. Vielleicht war das der letzte Zug.“ So fuhren Vater und Sohn also in entgegengesetzter Richtung – und wie durch ein Wunder fanden sie sich wieder zusammen, als der Junge Anfang April im Rahmen der Aktion „Rettung über See“ nach Schleswig gelangte und seinen Vater dort wieder traf. In jenen Januartagen ging auch Winfried Wölk, Dortmund, mit seiner Familie aus Perbanden, Kreis Heiligenbeil auf die Flucht. Die Erinnerungen des damals Dreijährigen und die Erzählungen aus dem Verwandtenkreis reichten aber nicht aus, um die Lücken in seiner Familiengeschichte zu füllen, an der er seit acht Jahren arbeitet. Er richtete deshalb seine Bitte an uns, den Suchwunsch nach Informationen über die Familie Wölk, die nachweisbar aus dem Kreis Heiligenbeil stammt, in unserer Kolumne zu veröffentlichen, der wir auch in der PAZ Folge 18/12 nachkamen. Es ging ihm vor allem um seinen Urgroßvater Friedrich Albert Wölk, der, als der Stammhof in Waltersdorf im Jahr 1913 verkauft wurde, 68 Jahre alt war, also bereits auf dem Altenteil saß. Herr Wölk ist zwar immer noch auf der Suche nach Angaben über seinen Urgroßvater, aber die Veröffentlichung hat doch einige erfreuliche Reaktionen ergeben, wie er uns jetzt mitteilt. So meldete sich eine Ostpreußin aus dem Kreis Mohrungen, in dem es ebenfalls ein Waltersdorf gibt, um ihm über die „Wölks“ aus ihrer Verwandtschaft zu berichten, eine direkte Verbindung zu der Familie des Suchenden ließ sich – vorerst – nicht finden. Außer Hinweisen zur Namenssuche bekam er aber auch eine Zuschrift, die eine entfernte Verwandtschaft vermuten lässt. Eine Leserin teilte Herrn Wölk mit, dass sie in ihrer eigenen Ahnenreihe eine Maria Damerau, *1845 in Waltersdorf, hätte, die eine Schwester der Ehefrau des Urgroßvaters gewesen sein könnte, denn diese Dorothea Wölk war eine geborene Damerau. „Vielleicht ergeben sich noch andere Verbindungen“, meint Herr Wölk, der sich ganz herzlich bei der Ostpreußischen Familie bedankt: „Ich wünsche Ihnen noch viel Schaffenskraft bei der Aufarbeitung der gestellten und spannenden Fragen und hoffe zur Lösung im Jahr 2013 auch dazu beitragen zu können. Ich selbst habe im vergangenen Jahr Reisen in die Kreise Braunsberg und Heiligenbeil gemacht, so zu den Feiern „700 Jahre Dorf Eichholz“. Auf dieser fand ich noch Reste des Wohnhausfundamentes auf unserem Hof in Perbanden. Ein Anstoß für mich zu weiterer Recherche!“ Wir wünschen Herrn Winfried Wölk dabei viel Ausdauer und Erfolg!

Eine ganz besondere Überraschung wurde mir und damit auch Frau Ingeborg Winkler aus Meppen zuteil. Wir hatten ihren Wunsch nach der Panoramakarte von Cranz in Folge 50/12 nur kurz erwähnt, da wir diesen selber erledigen wollten. Diese große Panoramakarte war in der Mappe enthalten, die Herr Alfred Görlitz aus Hamburg für unsere „Ostpreußische Familie“ nach einem alten Cranzer Prospekt angefertigt hat, der einzigartige Aufnahmen enthielt. Wie die von dem vereisten Seestieg, die wir unseren Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten wollten, weil sie die Kälte eines ostpreußischen Wintertages sichtbar macht. Frau Winkler liegt deshalb so viel an der Panoramakarte, weil sie auf ihr die Häuser „Hotel Königsberg“ und „Hotel Elch“ finden will, die ihrem Vater gehörten. Ehe wir selber eine Kopie dieser Karte anfertigen konnten, kam eine zweite Anfertigung von Herr Görlitz zur Weiterleitung an Frau Winkler. „Da ich ja weiß, dass Sie viel zu tun haben, wollte ich Ihnen das abnehmen“, schreibt unser hilfsbereiter Landsmann. Dem ich auch eine kleine Freude mit meinem „Klingerschlitten“-Beitrag machen konnte, denn er führte ihn zurück in seine Kindheit. „Durch Ihren Bericht über die Schlittenfahrt kam ich mir wieder wie zu Hause vor“, schreibt Alfred Görlitz und erinnert sich: „Manchmal bekamen wir auch was mit der Peitsche zu tun, wenn wir auf die Kufen, die beim Schlitten hinten länger werden, raufgesprungen sind!“

Und dann kam ein ganz großes Dankeschön aus Siegen. Lewe Landslied, Ihr erinnert Euch: In gewissen Abständen hatte ich um Bücherspenden für diese Kreisgruppe der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen gebeten, die eine Ostpreußische Bücherstube einrichten wollte. Als Verbindungsmann zu unserer Ostpreußischen Familie hielt uns der Kreis-kulturwart Frank Schneidewind über die Entwicklung der Bücherstube auf dem Laufenden und regte zu immer neuen Spenden an. Jetzt erhielten wir ein Schreiben von Herrn Anton Olbrecht, Leiter der Kreisgruppe Siegen, in dem er uns über die Entwicklung der Bücherstube von der Schlüsselübergabe an die Leiterin der Frauengruppe, Frau Hella Giesler, bis zu der heute reich bestückten Sammlung berichtet: „Vor vier Jahren standen wir hoffnungsfroh vor leeren Regalen. Am Ende des Jahres 2012 sind die Borde voller Bücher, schön ordentlich nach Themen und Gebieten eingeteilt: Bildbände der Kreise und Städte, Volkskunde, Literatur der heimischen Autoren, Heimatschriften der Kreisgemeinschaften, Plachandereien und Wippchen, Zeitgeschichte, preußische Geschichte und das ganz Besondere: Bücher und Faksimiles aus privatem Besitz von vor 1945, und – noch wichtiger – vor 1933. Das alles in thematische Reihen geordnet zu haben, ist der Leiterin der Frauengruppe, Frau Hella Giesler, zu danken. Das sind Schätze, die uns niemand raubt, sie gehören zu unserem innigen Besitz, sie zu bewahren, das ist unsere Pflicht. Viele haben zu dieser Sammlung beigetragen: aus privaten Beständen, aus dem Fundus der Kreisgemeinschaften, zu denen besonders Frank Schneidewind die Verbindungen geknüpft hat, aus dem Rest des Bücherbestandes der J. G. Herder-Bibliothek Siegerland. Eine vorteilhafte Möglichkeit, besser an die Öffentlichkeit zu gelangen, sehen wir darin und streben es auch an, unsere ostpreußische Büchstube mit allem, was in ihr enthalten ist, in das Internet zu setzen und damit den Kreis der Nutzer zu vergrößern.“ Herr Olbrich beendet sein Schreiben mit dem Dank für unser Interesse an dieser Sammelaktion, die durch die Ostpreußische Familie weit bekannt wurde und damit „für das Geschenk der guten Bücher“. Wir freuen uns mit der Gruppe Siegen, dass sich ihre selbstgestellte Aufgabe so erfolgreich entwickelt hat, und wünschen der Bücherstube viele Leserfreunde. (Anton Olbrich, Seitenweg 4 in 57250 Netphen, Telefon 02738/8847.)

Eure Ruth Geede


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