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12.01.13 / Zu viele Banalitäten / Autor schreibt über die Welt der Botschafter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-13 vom 12. Januar 2013

Zu viele Banalitäten
Autor schreibt über die Welt der Botschafter

Sein Name ist vielversprechend, doch die Qualität der Geschichten reicht nicht im Entferntesten an das Niveau des Barons von Münchhausens heran: Ernst Freiherr von Münchhausen lockt mit dem Titel „Wenn wir die Wahrheit sagen, haben wir uns versprochen. Aus der abenteuerlichen Welt der Diplomatie“ Buchkäufer an. Doch wer wirklich Unglaubliches zu erfahren hofft, der wird enttäuscht. Viele Geschichten ähneln denen von Gustav Steinhauer, der Anfang des 20. Jahrhunderts in dem Buch „Ich war der Spion des Kaisers“ Einblicke in die Welt der Spionage zur Kaiserzeit versprach. Steinhauer verwendete jedoch leider vor allem viele Zeilen darauf, um zu berichten, was der Kaiser bei Tische erzählte und dass einer der Generale bei Manövern Unmengen an Schokolade futterte, über Spionage erfährt der Leser aber wenig. Von Münchhausen offenbart, dass Staatsbankette nicht schwerpunktmäßig dem kulinarischen Genuss dienen, sondern vor allem dazu da seien, um Konversation zu betreiben und eine angenehme Atmosphäre zu schaffen –und überrascht seine Leser mit dieser Information nicht wirklich. Auch würden einige Länder bewusst „Agenten der Liebe“ einsetzen, um Botschaftspersonal über Liebesschwüre gefügig zu machen, so der Autor. Zugegeben, die Geschichte des französischen Botschaftsmitarbeiters Bernard Boursicot ist sehr außergewöhnlich. Man fragt sich, wie Boursicot einen Chinesen für eine Frau halten konnte, der von ihm ein Kind erwartet und „ihr“ dafür Geheimnisse aus der Botschaft weiterreicht. Auch ist der Fall eines ohne Hose hinter seiner Sekretärin herrennenden Honorkonsuls noch eine Geschichte wert, da diese nicht dem entspricht, was man aus der Welt der Botschaften erwartet, aber von Münchhausen erklärt auch zugleich, warum ein Honorarkonsul nun mal eben nicht mit dem beim Staat beschäftigten Botschaftspersonal zu vergleichen sei. Die meisten anderen Geschichten sind aber ähnlich banal wie jene des Schokolade futternden Generals bei Steinhauer. Wirklich Einblicke bietet von Münchhausen also nicht, zumal er selber auch nie im Auswärtigen Amt beschäftigt war. Zwar hat der Rechtsanwalt den Aufnahmetest für Botschafter absolviert, aber nun verdient er sein Geld unter anderem damit, in Berlin Bewerber für Botschaf-terposten auf den strengen Auswahltest vorzubereiten. Von Münchhausen hat also selber nie erlebt, worüber er schreibt. Vielleicht bleiben auch deshalb seine Erzählungen an der Oberfläche. Zwar sind die Hinweise auf die anderen Regeln, die in der Welt der Botschafter gelten, nett, aber wenn von Münchhausen sich Seite über Seite darüber auslässt, was Botschafter aus Höflichkeit im Ausland essen müssen, dann beißt er sich mit einer voyeuristischen Begeisterung an dem Thema fest, die an das RTL-„Dschungelcamp“ erinnert. R. Bellano

Ernst Freiherr von Münchhausen: „Wenn wir die Wahrheit sagen, haben wir uns versprochen. Aus der abenteuerlichen Welt der Diplomatie“, Hoffmann und Campe, Hamburg 2012, gebunden, 238 Seiten, 19,99 Euro


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