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19.01.13 / Steht am Ende die Große Koalition? / Niedersachsenwahl: Schwarz-Gelb wie Rot-Grün haben derzeit keine klare Mehrheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-13 vom 19. Januar 2013

Steht am Ende die Große Koalition?
Niedersachsenwahl: Schwarz-Gelb wie Rot-Grün haben derzeit keine klare Mehrheit

Niedersachsen ist weder ein wirtschaftlich bedeutendes noch ein besonders bevölkerungsreiches Bundesland. Aber im Laufe der letzten Jahrzehnte kamen wichtige Bundespolitiker aus Hannover oder anderen Teilen Niedersachsens: Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Parteichef Sigmar Gabriel (beide SPD), Bundessozialministerin Ursula von der Leyen und nicht zu vergessen Alt-Bundespräsident Christian Wulff (beide CDU). Wie ein Klotz am Bein von Ministerpräsident David McAllister (CDU) schien Letzterer zu hängen, doch der Schatten der Wulff-Affäre verblasst nun. In Wahlkampfreden traute sich McAllister, den Namen seines Vorgängers lobend zu erwähnen.

Gegenüber dem SPD-Herausforderer, dem Hannoveraner Oberbürgermeister Stephan Weil, wirft der amtierende Ministerpräsident und „Schotte“ im Wahlkampf seine größere Bekanntheit und Beliebtheit in die Waagschale. Weil hat sich in den bislang sechs Jahren als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt als freundlicher Mann gezeigt, aber im Gegensatz zu seinem markigen Vorgänger Herbert Schmalstieg (1972–2006) bevorzugt SPD-Mann Weil eher die leisen Töne. Er verbreitet gute Stimmung, weiß, wie man Bürgern begegnet und führt relativ lautlos die Geschicke Hannovers. Das alles führt nicht zu größerer Bekanntheit.

Am Donnerstag letzter Woche kam es zwischen McAllister und Weil zum einzigen Fernsehduell, das der Herausforderer aber nicht für sich entscheiden konnte. Auch wollten nur 320000 Zuschauer im NDR-Regionalprogramm die Debatte sehen. McAllister dagegen führte den Herausforderer einige Male vor, so etwa als es um die Koalitionsoption Tiefrot-Rot-Grün ging: Einer Koalition mit der Partei „Die Linke“, sollte sie überhaupt in den Landtag kommen, mochte Weil kein klares Nein entgegen halten.

Nachdem Rot-Grün sich lange Zeit als sicherer Wahlsieger gefühlt hatte, bröckeln nun die Umfragewerte. Der Vorsprung von 13 Prozentpunkten im Mai 2012 ist auf einen zusammengeschmolzen. Unerwartet stört SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück den Endspurt seiner Partei in Niedersachsen. Als Weil zusammen mit Steinbrück vor 1000 Arbeitern in Emden auftrat, mochte sich keine rechte Siegesstimmung ausbreiten. In der traditionellen SPD-Stammwählerschaft verstören Steinbrücks Äußerungen zu finanziellen Fragen wie zuletzt zum Kanzlergehalt. Zudem holt die gebeutelte FDP auf und liegt in allen aktuellen Umfragen zwischen fünf und sechs Prozent. Auch die geringe Popularität von FDP-Chef Philipp Rösler, der aus Niedersachsen stammt, scheint den Liberalen nicht den Wiedereinzug in den Landtag zu vergällen.

Wie schon die geringe Resonanz auf das Fernsehduell der Spitzenkandidaten zeigte, spielen inhaltliche Fragen im Wahlkampf kaum eine Rolle. Eine Runde der Spitzenkandidaten der drei kleinen Parteien am letzten Mittwoch brachte keine neuen Erkenntnisse zu Tage. Dass Grüne und Linke gegen das Atommülllager in Gorleben sind, überraschte genauso wenig wie ihre kritischen Ausführungen zum Großhafen Jade-Weser-Port (JWP) oder zur Elbvertiefung. Dass linksorientierte Parteien gegen Studiengebühren und für mehr Gesamtschulen und Kindertagesstätten sind, war bereits allseits bekannt.

Demgegenüber zeigte sich FDP-Mann Stefan Birkner offener für die Belange der Wirtschaft und bildungsorientierter Schüler und Eltern. Fulminante Wahlerfolge wie zuletzt bei den medienpräsenten FDP-Spitzenkandidaten Christian Lindner und Wolfgang Kubicki (Nord-rhein-Westfalen und Schleswig-Holstein) sind von ihm ebenso wenig zu erwarten wie vom unbekannten Linkspartei-Kandidaten Manfred Sohn.

Könnten die Niedersachsen direkt wählen, hätte McAllister klar die Nase gegenüber Weil (49 zu 34 Prozent) vorn. Doch es könnte auch ein Patt zwischen den beiden Blöcken geben, wie Wahlforscher befürchten. Dann würde die derzeit nicht diskutierte Große Koalition zwischen SPD und CDU in den Bereich des Möglichen

rücken. Ein Hinweis darauf zeigte sich nicht zuletzt in dem doch zahmen Duell der beiden Spitzenkandidaten und in der ausbleibenden „Wechselstimmung“ der Wählerschaft. Hinrich E. Bues


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