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19.01.13 / Zum Sterben in die Fremde / Geldnot und Personalmangel treiben Pflegebedürftige in Heime nach Osteuropa

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-13 vom 19. Januar 2013

Zum Sterben in die Fremde
Geldnot und Personalmangel treiben Pflegebedürftige in Heime nach Osteuropa

Der Pflegemarkt wird zunehmend globaler und individueller. Während in Luxemburg die Mehrheit des Pflege-personals in Alters- und Pflegeheimen der besseren Löhne wegen aus Deutschland sind, werden deutsche Pflegebedürftige inzwischen von einem Heer von rund 200000 meist illegalen Pflegekräften aus Osteuropa in deutschen Haushalten gepflegt. Jetzt treten auch die ersten deutschen Pflegebedürftigen völlig legal den umgekehrten Weg in ein Alters- oder Pflegeheim in Osteuropa an, obwohl sie nicht die Sprache der Menschen dort sprechen und sich in eine gesellschaftliche Isolation begeben.

Das erste Seniorenheim für Deutsche in Osteuropa wurde im slowakischen Golddorf [Zlatná na Ostrove] in der Westslowakei eröffnet. Ein weiteres Seniorenheim liegt in Pohronsky Ruskov nahe der ungarischen Grenze. In diesen Häusern wohnen Deutsche, Ungarn und Slowaken, teilweise teilen sie sich die Doppelzimmer. Nachdem die Häuser in der Slowakei gut funktionierten kamen zunehmend Anfragen mit Interesse an Tschechien. Darunter waren sehr viele Sudetendeutsche, die sich dazu entschieden haben, wieder in ihre Heimat zurückzugehen. Am 3. Januar wurde ein kleines, familiär betriebenes Seniorendomizil mit 20 Plätzen für Deutsche in Tschechien eröffnet. Das Heim liegt zirka zehn Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, auf Höhe der fränkischen Stadt Amberg. Vermittler ist Artur Frank. Der Deutsche lebt seit sechs Jahren in der Slowakei und hat bislang slowakische Pflegekräfte nach Deutschland und Österreich vermittelt. Seine Kunden haben ihn gefragt, ob er nicht auch Pflegeplätze vor Ort anbieten könne. Inzwischen hat er rund 50 Deutsche und Österreicher in slowakischen Heimen untergebracht.

Zwei Gründe verleiten immer mehr Deutsche, ihren Lebensabend nicht nur als Rentner unter der südlichen Sonne, sondern auch in den angrenzenden Ländern Mittel- und Osteuropas zu verbringen. Der erste sind finanzielle Überlegungen, weil nicht wenige Familien durch die Pflegekosten in Deutschland oder Österreich an ihre Grenzen kommen. Während die Rentenhöhe seit Jahren stagniert, muss man in der Pflegestufe 3 im Durchschnitt 3400 Euro monatlich für einen solchen Pflegeplatz bezahlen. Nicht einmal die Hälfte davon übernimmt die Pflegeversicherung. In Osteuropa dagegen kostet ein Pflegeplatz 1100 Euro, also zwei Drittel weniger als in Deutschland. Bisher ist Pflege im Ausland Privatsache. Von den Pflegekassen gibt es keine Kostenübernahme für die Heime, sondern lediglich Pflegegeld. Diese Summe, knapp 700 Euro in Pflegestufe 3, ist eigentlich für Pflegebedürftige gedacht, die sich zu Hause von Angehörigen versorgen lassen. Viele nutzen das Pflegegeld für die Heimkosten im Ausland.

Ein weiterer Grund ist, dass immer mehr Familien mit der Pflegeleistung in ihrem Heimatland nicht mehr zufrieden sind und deswegen nach Alternativen im Ausland suchen. In vielen osteuropäischen Ländern gibt es in der Betreuung von Pflegebedürftigen keine sogenannte zeitgetaktete Pflege, die aus der Pflege ein Wettrennen mit der Zeit macht.

Es gibt Pflegeheime für Deutsche auf Lanzarote und Gran Canaria, auf dem spanischen Festland und in Thailand. Oft betreiben deutsche Träger direkt diese Einrichtungen. Zum Beispiel das evangelische Johanneswerk oder die Diakonie Neuendettelsau. Gerade Länder wie Spanien oder Griechenland wären angesichts der Wirtschaftskrisen logische Partner, um deutsche Pflegebedürftige aufzunehmen, allerdings gibt es kaum entsprechende Strukturen vor Ort.

Pflegebedürftige dort zu versorgen, wo die Pfleger sind, wäre eine sinnvolle Alternative dazu, die Fachkräfte zu importieren. Das haben offenbar auch die deutschen Krankenkassen erkannt. Sowohl der AOK-Bundesverband als auch die Barmer GEK halten Verträge mit Heimen im Ausland zumindest für diskussionswürdig. Im Reha-Bereich gibt es bereits Verträge. Die deutsche Sozialgesetzgebung schränkt die Vertragsfreiheit der Pflegekassen bislang aber ein. Wahrscheinlich haben viele Politiker bislang noch zu viel Angst vor der politischen Wirkung, wenn mit deutschen Sozialversicherungsleistungen in Spanien oder der Slowakei Arbeitsplätze in der Pflege finanziert würden. Bodo Bost


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