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19.01.13 / Von Hitler geopfert / Stalingrad-Soldaten erzählen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-13 vom 19. Januar 2013

Von Hitler geopfert
Stalingrad-Soldaten erzählen

Vor 70 Jahren geschah die Tragödie von Stalingrad. In dem Buch „Stalingrad. Der Untergang der 6. Armee. Überlebende berichten“ schildern über 50 Zeitzeugen ihre Erlebnisse, die in zutiefst erschütternder Weise das Geschehen dort ab Herbst 1942 widerspiegeln. Noch nach der Einkesselung der Stadt herrschte durchweg Optimismus, als viele Soldaten die Ansicht vertraten: „Der Führer wird uns hier schon wieder heraushauen!“ Das änderte sich indes Ende November, als die versprochene Befreiung ausblieb und die 6. Armee ihrem Schicksal preisgegeben wurde. Ein in dem Buch zitierter Unteroffizier Arthur Krüger beschrieb die Situation mit den Worten: „Vollkommen verlaust und verdreckt leben wir wie die Ratten in unseren Löchern.“ An seinen damaligen Zustand erinnert sich ein Reserve-Offizier-Bewerber: „Abgemagert, schon seit langer Zeit nicht mehr gewaschen, das (verwundete) Bein auf einer Schiene festgebunden und voller Läuse. Die Verbände waren aus Krepppapier. Medikamente gab es nicht.“

Ende Dezember wurde er ausgeflogen. Einen Monat später transportierte die letzte Maschine aus den Kessel einen Hauptmann, von dem der Autor wusste: „Er hatte wochenlang bis 25 Grad Kälte in einem selbst ausgehobenen Erdloch zugebracht, war völlig verdreckt und hatte fast nichts mehr zu essen.“ Die Lage in Stalingrad Anfang Januar 1943 sah der Leutnant Gottfried von Bismarck wie folgt: „Keine Möglichkeit, sich notdürftig aufzuwärmen, keine Überlebenschance für Verwundete, kaum Munition, keine Waffen zur Abwehr russischer Panzer. Es bleibt ein Wunder, dass die Truppe unter diesen Umständen überhaupt noch bereit war zu kämpfen!“ Der Flak-Soldat Ecker war nur einer von sehr vielen, der ganz offen seine Verbitterung äußerte über Hitlers Befehl, die Ruinenstadt bis zur letzten Patrone zu verteidigen: „Wir hatten längst erkannt, welches Spiel man mit uns trieb. Einer Prestigefrage opferte man bedenkenlos eine ganze Armee.“ Es sei überaus makaber gewesen, die eigene Grabrede zu hören, resignierte ein weiterer Zeitzeuge; er meinte die Rede Görings, der die Soldaten in Stalingrad mit den Spartanern verglich, die bewusst ihr Leben opferten, um den Feind aufzuhalten: „Man hatte uns endgültig abgeschrieben.“ Falls er jemals wieder nach Deutschland käme, so hörte der Feldwebel Hans Krumfuß einen sterbenden Kameraden rufen, „sage allen wie schmählich eine ganze Armee geopfert wurde, nur weil gewisse höhere Offiziere der deutschen Armee Befehle eines österreichischen Gefreiten höher achteten als das Leben von 100000 Menschen“!

Unvergessen blieb für Oberleutnant Hoffmann besonders sein 120 Kilometer langer Weg in die Gefangenschaft, auf dem oft alle zehn Meter 15 bis 20 deutsche Soldaten lagen, die erfroren liegen geblieben oder erschossen worden waren. Mit großer Erschütterung entnimmt der Leser einen Bericht aus einem Gefangenenlager, der absolut keine Ausnahme darstellt: „Bis Mitte Mai verhungerten oder erfroren in allen drei Lagern 45000 Gefangene. Keinen hörte man jammern, stöhnen oder irgendwie schreien, alle schliefen aus Schwäche ein, erfroren oder verhungerten.“ Einer der Überlebenden resümiert: „Es waren die vielen, vielen Tausenden von Vermissten, deren Namen noch nach zwölf Jahren in Friedland auf von deren Angehörigen getragenen Tafeln erscheinen ,Wer kennt ...?‘“ Friedrich-Wilhelm Schlomann

Reinhold Busch: „Stalingrad. Der Untergang der 6. Armee. Überlebende berichten“, Ares-Verlag, Graz 2012, gebunden, 470 Seiten, 24,90 Euro


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