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19.01.13 / Gezieltere Kritik wäre mehr gewesen / Wirtschaftsjournalistin warnt vor der Abzocke bei Versicherungsunternehmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-13 vom 19. Januar 2013

Gezieltere Kritik wäre mehr gewesen
Wirtschaftsjournalistin warnt vor der Abzocke bei Versicherungsunternehmen

Kritik, da wo sie angebracht ist, sollte nicht verschwiegen werden, denn nur so kann sich etwas zum Besseren verändern. Manchmal wird Kritik aber derart übertrieben, dass der durchaus berechtigte Anteil im Wust der ganzen Nörgelei untergeht und an Durchschlagskraft verliert. So ist es auch bei „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ aus der Feder der Wirtschaftsjournalistin Anja Krüger.

Krüger kritisiert ganz zu recht, dass Versicherungen mit ihrem Kleingedruckten ihre Kunden bewusst hinters Licht führen. So musste die Verfasserin dieser Zeilen vor Kurzem feststellen, dass ihre teure Rechtschutzversicherung nicht bei Streitfragen zum Baurecht oder bei juristischen Auseinandersetzungen mit Banken zahlt. Und so realisieren viele Versicherte erst in dem Moment, wenn für sie eine Versicherung zahlen soll, dass genau ihr Schaden nicht versichert ist. Krüger nennt in ihrem Buch zum Beispiel die Kollision eines Autos mit einem Reh oder einem Hund. Beim Reh zahlen alle Versicherungen den Schaden, beim Hund nur, wenn es im Kleingedruckten erwähnt wird, da ein Hund kein Wild ist und nur bei Wildunfällen standardmäßig gezahlt wird. Daher schlägt die Autorin vor, in Deutschland vom Prinzip der benannten Gefahren zur Allgefahrendeckung überzugehen. Dass das aber zur Folge hat, dass die Policen damit deutlich teuer werden und sich im Grunde ja nicht jeder gegen alles versichern muss, da nicht jeder den gleichen Gefahren im gleichen Maße ausgesetzt ist, erwähnt sie nicht.

Ihre Kritik an hohen Provisionen für Versicherungsverkäufer ist zwar angebracht, doch nervt es, wenn sie dann die durch Schlagzeilen bereits bekannten Lustreisen für Versicherungsverkäufer lustvoll ausbreitet. Es handelt sich hier zwar um spektakuläre Fälle, doch sind es eben Einzelfälle.

Völlig fehl am Platze ist es, dass sie den Versicherern vorwirft, sie würden Angst schüren, indem sie in ihrer Werbung mögliche Kunden auf Gefahren hinweisen. Hier erwähnt Krüger die „Versorgungslücke“ als für sie besonders prägnantes Beispiel. Ja, natürlich, verdienen Versicherer am Verkauf von Rentenversicherungen, aber es gibt diese „Versorgungslücke“ wirklich. Zwar gibt es auch Versicherungen, die der Durchschnittsverbraucher nicht benötigt, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Versicherte sind keine blöden Schafe, gewisse Entscheidungen können sie durchaus selber treffen, auch wenn Krügers Kritik am im Fachchinesisch verfassten Kleingedruckten hier wieder zum Tragen kommt. Selbst der aufgeklärte Kunde kann nur darüber selbstbestimmt entscheiden, was er versteht.

Besonders ärgerlich ist es, wenn Krüger als Argument, um zu verdeutlichen, dass Versicherer alle böse sind, die NS-Vergangenheit der Allianz anführt. Und auch manche der Fälle, bei denen Versicherte nach Schadensfällen kein Geld von der Versicherung erhielten, drücken zu sehr auf die Tränendrüse. Hingegen sind manche der Details über die Unternehmen durchaus neu und interessant. Leider erwähnt Krüger nicht, was eine Welt ohne die „bösen“ Versicherer wäre. Dann nämlich würde jeder KfZ-Unfall, jeder Hausbrand, jede Berufsunfähigkeit und jeder Todesfall Menschen in arge finanzielle Bedrängnis bringen.

Welch Geistes Kind die Autorin ist, erfährt man spätestens am Ende des Buches, wenn sie betont, dass die Politik in Deutschland zwar wegen der starken Versicherungslobby in Berlin nicht willens sei, dem Verbraucher gesetzlich entgegenzukommen, sie aber auf die EU hoffe. Diese hätte mit dem Ende der „Geschlechterdiskriminierung“ bei Versicherungen dem Verbraucher einen Gefallen getan. Es ist doch absoluter Blödsinn, den Umstand, dass Frauen statistisch länger leben und somit länger Rente beziehen, was die Beiträge für eine Rentenversicherung logischerweise teurer macht, als „Geschlechterdiskriminierung“ zu bezeichnen. Es ist schließlich Aufgabe von Versicherern, Risiken einzuschätzen und anhand derer die Preise für die Policen zu berechnen, aber die EU nennt das „Geschlechterdiskriminierung“. In diesem Fall kann man durchaus mal Mitleid mit den Versicherungen haben – und mit den Versicherten, die die Mehrkosten derartig ideologischer Auswüchse über höhere Beiträge zu bezahlen haben. Rebecca Bellano

Anja Krüger: „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“, Lübbe, Köln 2012, geb., 303 Seiten, 16,99 Euro


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