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26.01.13 / Die Frau des Bergsteigers / Carina Harrer berichtet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-13 vom 26. Januar 2013

Die Frau des Bergsteigers
Carina Harrer berichtet

Heinrich Harrer wurde bekannt als einer der ersten Besteiger der Eiger Nordwand, einer der großen Nordwände der Alpen, und durch seinen Beststeller „Sieben Jahre in Tibet“. 1962 heirateten Carina und Heinrich Harrer und lebten glücklich bis zu seinem Tod 2006. Wer nun glaubt, Carina Harrer habe ihr Buch „Gelebte Träume. Mein Leben mit Heinrich Harrer“ ausschließlich den Heldentaten und bezwungenen Berggipfeln ihres Ehemannes gewidmet, der liegt an dieser Stelle falsch. Carina Harrer berichtet vielmehr über ihr eigenes Leben, in dem Heinrich Harrer ab dem Zeitpunkt ihres Kennenlernens im Jahr 1957 allerdings einen entscheidenden Platz einnahm.

1922 kam Carina Harrer als Katharina Irmgard Emma Haarhaus in Köln zur Welt. Als Tochter aus gutem Hause kannte sie keinen Mangel und wuchs wohlbehütet in einem der ersten Häuser auf, die komplett mit elektrischem Licht ausgestattet waren. Der Zweite Weltkrieg beeinflusste jedoch auch ihr Leben, sie musste ihr Studium abbrechen und lernte den Beruf der Krankengymnastin.

Erstaunlich selbstbewusst und couragiert für die damalige Zeit bestimmte sie stets selbst ihr Leben, wobei der finanzielle Hintergrund sicherlich zu dieser Charakterbildung einen entscheidenden Teil beigetragen hat.

Interessant ist auch die Tatsache, dass sie freimütig zugibt, nie sonderlich sportlich gewesen zu sein und das bei einem sportbegeisterten Ehemann wie Heinrich Harrer. Zu ihrer passionierten Unsportlichkeit gibt Carina Harrer in ihrem Buch auch die ein oder andere Anekdote zum Besten. „Es war Winter und ich begleitete Heinrich zum ersten Mal nach Kitzbühel … Also machten wir uns am nächsten Morgen auf, um Ski laufen zu gehen … Der Hang war unglaublich steil und voller Eis-platten. Noch nie in meinem ganzen Leben war ich über Eisplatten gefahren … ,Du kannst überhaupt nicht Ski laufen, das ist ja entsetzlich.‘ Danach hob Heinrich mich mit seinen starken Armen hoch, schmiss mich über die Schulter und fuhr so mit mir nach unten.“

So entsetzlich scheint Heinrich Harrer die Erkenntnis, dass seine Freundin nicht Ski laufen konnte, doch nicht gefunden zu haben, geheiratet hat er sie ja trotzdem.

Carina Harrer selbst begründet das Glück in ihrer Ehe damit, dass sie und ihr Mann sehr unterschiedlich waren, jeder aber nicht versuchte, den anderen zu ändern. Abgesehen jedoch von einer Sache: Da Heinrich Harrer viel in der Weltgeschichte unterwegs war, seine Frau keiner beruflichen Tätigkeit nachging und die beiden auch keine Kinder hatten, konfrontierte er sie eines Tages mit folgendem Satz: „Eine Frau, die so lebt wie du, die hat eigentlich keine Daseinsberechtigung.“ Dies ließ sich Carina Harrer nicht zweimal sagen und fing eine Tätigkeit beim Chemiekonzern Hoechst an. Von nun an präsentierte sie den potenziellen Kunden der Firma Hoechst Kleidung aus einer neuen günstigen und strapazierfähigen Polyesterfaser.

Was Carina Harrer dem Leser durch die Erzählung ihres Lebens mit auf den Weg geben möchte, ist, dass man nur glücklich sein kann, wenn man sich nicht verbiegen lässt, weder für die Öffentlichkeit noch für die Familie und auch nicht für den eigenen Ehepartner, mag dieser auch noch so berühmt sein. Vanessa Ney

Carina Harrer: „Gelebte Träume, Mein Leben mit Heinrich Harrer“, Nymphenburger, München 2012, geb., 240 Seiten, 19,99 Euro


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