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02.02.13 / Die Kanzeln leeren sich / Deutschland geht der Priesternachwuchs aus – Weltweit besteht aber kein Personalmangel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-13 vom 02. Februar 2013

Die Kanzeln leeren sich
Deutschland geht der Priesternachwuchs aus – Weltweit besteht aber kein Personalmangel

In Deutschland sinkt die Zahl der Kandidaten für das katholische Priesteramt dramatisch. Schon bald werden viele Pfarrstellen unbesetzt bleiben müssen. Der Ruf nach Reformen oder der Aufhebung des Zölibats erscheint jedoch vorschnell, da im Ausland die Zahl der Priesterbewerber wächst.

Von 2006 bis 2010 sank die Zahl der potenziellen Neupriester von 201 auf 127 Personen, hat die katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) mitgeteilt. In einzelnen Diözesen sieht es besonders schlimm aus. Von den 23 Kandidaten im Erzbistum Hamburg, so der Leiter des Priesterseminars, Thomas Benner, sind kurz vor Beendigung der Ausbildung sechs junge Männer abgesprungen, so dass sich derzeit nur noch 17 auf den priesterlichen Dienst in dem Bistum von 400000 Seelen im äußersten Norden Deutschlands vorbereiten. Wie viele von ihnen tatsächlich Priester werden, ist unsicher. In den 27 Bistümern Deutschlands waren es im Vorjahr nur noch 80 Männer und 16 weitere im Bereich der Orden, die tatsächlich geweiht wurden. So sinkt seit Jahren die Zahl der Priester in Deutschland, von 17783 (1998) auf 14847 Priester (2011) laut der Statistik der DBK. Dieser Rückgang von etwa 20 Prozent in 13 Jahren erschiene verkraftbar, wenn nicht der Altersdurchschnitt bereits so hoch wäre. In manchen Diözesen kann man die Priester unter 35 Jahren an einer oder zwei Händen abzählen.

Anstatt den Priesterberuf attraktiver für junge Menschen zu machen, reagierten die deutschen Bischöfe auf diese bedrohliche Entwicklung mit eher gegenteilig wirkenden strukturellen Maßnahmen. Sie begannen schon vor einigen Jahren mit der Fusion von Kirchengemeinden zu Großgemeinden, die heute bereits große Gebiete und bis zu 20000 Mitglieder umfassen können. Auch mit Priestern aus dem Ausland versuchte man, die Löcher in der Versorgung zu stopfen, die oftmals bei den Gläubigen, allein schon wegen fehlender Sprachkenntnisse, weniger akzeptiert sind. Unter diesen Strukturreformen litt nicht nur die persönliche Verbindung der Gläubigen zu ihrem Pfarrer, sondern zugleich wurde auch die Arbeit des Pfarrers unattraktiver, da dieser nun in fünf oder sechs Kirchen für Gottesdienste zu sorgen hat und die Sakramente spenden muss.

Auf jene, die sich für den Beruf des katholischen Priesters interessieren, wirken diese Nachrichten abschreckend. Auf diese verfahrene Situation mit der Zulassung von verheirateten Männern und auch Frauen zum Priesteramt zu reagieren, wie es von einigen „Reformkatholiken“ gefordert wird, ist aber wegen der weltkirchlichen Lage nicht möglich. In Indien, vielen Ländern Afrikas oder Asiens stoßen solche Reformvorschläge auf Ablehnung. Man kann dort nicht verstehen, warum der Priesterberuf unattraktiv sein sollte. Priesterseminare in Indien, Nigeria oder Uganda können sich vor Bewerbern kaum retten. Weltweit hat sich die Zahl katholischer Priester allein in der Zeit des Pontifikats von Johannes Paul II. (1978–2005) von 200000 auf 400000 verdoppelt. Auch in den Ländern Skandinaviens gibt es im Verhältnis etwa fünfmal so viele Kandidaten für das Priesteramt wie im Erzbistum Hamburg.

So gesehen scheinen die Probleme mit dem Priesternachwuchs eher hausgemacht zu sein. Wenn inzwischen ergraute Kirchenfunktionäre übersehen, dass sie mit ihrer Glaubenslosigkeit die Ursache für den Priestermangel sein könnten, wird sich wohl nichts ändern. Der deutsche Katholizismus präsentiert sich derzeit oft genug innerlich zerrissen und wird zudem von außen, etwa wegen der Fälle sexuellen Missbrauchs, angegriffen. Papst Benedikt führt den Priestermangel in seiner deutschen Heimatkirche auf eine „Krise des Glaubens“ und eine „Verweltlichung“ zurück. In diesen Tenor stimmt auch Jurastudent Georg Dietlein ein, der sich kürzlich entschlossen hat, nicht Jurist, sondern Priester zu werden. Er berichtet von jungen Männern in seinem Umfeld, die sich für den Beruf eines Geistlichen interessieren würden. Angesichts der unzeitgemäßen Zumutung dieses Berufes – in Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam zu leben – würden junge Menschen aber zu wenig Unterstützung erhalten. Insbesondere von den Hauptamtlichen in der sogenannten Berufungspastoral müsste mehr Begeisterung, Engagement und Leidenschaft ausgehen, damit eine echte Berufung für den Dienst als Priester reifen könne. H. E. Bues


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