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02.02.13 / Schmutzige Wäsche in Kiew / Timoschenko erneut angeklagt − lebenslängliche Haft droht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-13 vom 02. Februar 2013

Schmutzige Wäsche in Kiew
Timoschenko erneut angeklagt − lebenslängliche Haft droht

Das Lager des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch lässt in der Sache Julia Timoschenko nicht locker: Nachdem die ehemalige Ministerpräsidentin wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden und der Prozess wegen Steuerhinterziehung läuft, erklärte Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka auf einer Pressekonferenz, gegen Timoschenko werde offiziell wegen Mordes ermittelt. Sie soll vor 16 Jahren an der Ermordung des Abgeordneten Jewgenij Schtscherban mitgewirkt haben. Gemeinsam mit Ex-Regierungschef Pawel Lasarenko soll sie Mafia-Boss Alexander Militschenko mit der Beseitigung Schtscherbans für eine Summe von 2,8 Millionen Dollar, die zum großen Teil von ihr aufgebracht wurde, beauftragt haben. Jewgenij Schtscherban, seine Ehefrau und zwei Techniker wurden im Flughafen Donezk erschossen.

Laut Staatsanwaltschaft war das Motiv ein rein wirtschaftlicher Interessenskonflikt. Timoschenko war 1995 der Aufstieg an die Spitze des Energiekonzerns „Vereinigte Energiesysteme der Ukraine“ (EESU) gelungen, was ihr den Namen „Gasprinzessin“ einbrachte. Pawel Lasarenko, damals Premierminister, soll eine Verordnung des Ministerkabinetts vorangebracht haben, die vorsah, dass jedes Gebiet der Ukraine nur einen Erdgaslieferanten haben durfte, und die jedes Unternehmen verpflichtete, nur bei diesem Lieferanten zu dessen Preis zu kaufen. Der liberale Politiker Schtscherban hinderte Lasarenko und Timoschenko an der Umsetzung ihrer Pläne. Mit Hilfe des Gouverneurs des Doneszk-Gebiets wurde der „Industrielle Verband des Donezkbeckens“ mit Sitz in Donezk zum regionalen Erdgaslieferanten erklärt.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt, weil Ruslan Schtscherban, der Sohn des Ermordeten, im Herbst 2012 erklärt hatte, Beweise für die Beteiligung Timoschenkos an der Ermordung des Vaters vorlegen zu können. Oppositionelle aus Timoschenkos Partei „Vaterland“ sehen in den Anschuldigungen den Versuch der Regierung, sowohl die Oppositionsführerin als auch deren Partei zu diskreditieren, um sie auszuschalten. Dafür spricht die Tatsache, dass Timoschenko zurzeit isoliert in ihrer Zelle sitzt. Ihrer Tochter wurde der Kontakt verwehrt, gegen den Anwalt Wlasenko soll ebenfalls ein Verfahren wegen verschiedener Straftaten eingeleitet werden. Timoschenko klagt über eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands, sie glaubt, dass sie bestrahlt und vergiftet wird. Es drohe Lebensgefahr, sagen diejenigen, die zuletzt Zugang zu ihr hatten. Regierungsvertreter unterstellen Timoschenko allerdings, zu simulieren, um dem Prozess zu entgehen.

Für Janukowitsch bringt eine Mordanklage gegen Timoschenko Vorteile, denn die Ratifizierung des für die Ukraine wichtigen Assoziierungsabkommens mit der EU wurde wegen des Falls ausgesetzt. Sollte sich der Mordverdacht erhärten, kann man dem Präsidenten nicht mehr vorwerfen, das Verfahren sei politisch motiviert. Dass die Regierung eine Schlammschlacht plant, lässt der Hackerangriff auf die E-Mail-Konten von Tochter Jewgenija Timoschenko, bei deren Veröffentlichung auch die deutschen Ärzte der Charité, die Timoschenko im vergangenen Jahr behandelten, in Misskredit gebracht worden sind, vermuten.

Jean-Paul Mignon, Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, den die Opposition um Hilfe gebeten hatte, will sich in Kürze in Kiew ein Bild von der Lage machen. M. Rosenthal-Kappi


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