24.04.2024

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02.02.13 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-13 vom 02. Februar 2013

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

Frage – Antwort – Frage! Nach diesem Rhythmus laufen viele Anliegen ab, die an unsere Ostpreußische Familie gestellt wurden, und das hat seinen Grund. Die erste Frage wird grundsätzlich gestellt und wenn sie beantwortet wird, ergeben sich viele Möglichkeiten, die positiv oder negativ, hieb- und stichfest oder vage, klärend oder verwirrend sein können, so dass es einer oder mehrerer Nachfragen bedarf. Manchmal erst nach längerer Zeit wie in dem ersten Fall in unserer heutigen Kolumne. Unser Landsmann Siegfried Dankert aus Leipzig stellt sie, und da seine erste Frage ein erfreuliches Echo gefunden hatte, erhofft er das auch für seine zweite, aber die Erfüllung dieser Hoffnung wird schwieriger sein oder diese Frage wird gar überhaupt keine Resonanz finden. Vor zwei Jahren, als wir seinen ersten Wunsch veröffentlichten, ging es um Erlebnisberichte und weniger gezielt um bestimmte Personen. Herr Dankert hatte gefragt, wann die Sowjetarmee in Metgethen einfiel, und hatte drei ergiebige Antworten bekommen, darunter einen sehr detaillierten Bericht über die furchtbaren Ereignisse zwischen dem 29. Januar und 20. Februar 1945 in dem Königsberger Vorort. Nun also seine zweite Frage, diesmal nach ihm unbekannten Nachfahren seiner Großeltern Sembritzki aus Königsberg. Leider kann Herr Dankert nicht den Vornamen seiner Großeltern angeben – der Großvater hieß vermutlich Karl. Mit einem Fragezeichen ist auch die Nummer des Hauses in der Sackheimer Mittelgasse versehen, in dem die Familie Sembritzki wohnte: Nr. 43? Der kleine Siegfried war 1944 mit seinen Angehörigen evakuiert worden, und als sie aus dem Dorf bei Kreuzingen wieder nach Königsberg zurückkehrten, war das Haus auf dem Sackheim durch die Bomben zerstört worden. Das Ehepaar Sembritzki hatte drei Kinder: Sohn Walter, der mit Siegfrieds Vater zusammen in Gefangenschaft war, Sohn Karl, der bei der Marine war und den Krieg überlebte, und Tochter Maria, die Mutter von Herrn Dankert. Sie blieb in Königsberg und verstarb dort im Mai 1947. „Ich hoffe so sehr, dass sich jemand meldet und mir irgendeine Auskunft geben kann“, schreibt Herr Dankert. Er denkt dabei an Verwandte. Freunde oder Nachbarn der Familie Sembritzki und hofft sogar auf Fotos von seinen Großeltern – aber da dürfen wir die Erfolgslatte nicht zu hoch setzen. Gerade bei Fotowünschen muss man Abstriche machen. Was trotz Bombenhagel, Beschuss, Plünderung und mutwilliger Zerstörung noch gerettet werden konnte, ging dann oft im Fluchtgepäck verloren. Das sieht auch Herr Dankert ein, aber er lässt sich noch ein Türchen offen: „Meine Suche beginnt spät, doch die Hoffnung stirbt zuletzt!“ (Siegfried Dankert, Weißdornstraße 47 in 04209 Leipzig, Telefon 0341/4118354.)

Manchmal bekommt man aber auch ein unerwartetes Echo zu spüren, und so wird auch Frau Gisela Kaulfuß sehr überrascht sein, wenn sie den Brief von Frau Elfriede Jahn liest. Es hat nämlich so gar nichts mit dem Heimatdorf ihrer Vorfahren zu tun, denn das ist Rausching im Kreis Rößel, über das Frau Kaulfuß eine kleine Chronik verfasst hat. Nein, die Berlinerin wird auf ihre Geburtsstadt angesprochen – von einer Leserin, die ihre Kindheit in Niederschlesien verbracht hat. Ostpreußen hat hier nur eine Mittlerrolle gespielt. Frau Jahn stutzte beim Lesen unserer Familienseite, als sie den Namen „Kaulfuß“ las, denn den hatte sie doch oft von ihrer Großmutter gehört und ihn bis heute nicht vergessen. Die Mittsiebzigerin wurde in Hirschberg geboren und mit ihren Angehörigen im Dezember 1946 von den Polen vertrieben. Sie schreibt: „Meine Großmutter Selma geborene Fürll, *1888, wohnhaft gewesen zu der Zeit in Regensberg-Giehren, Kreis Löwenberg, stammte von einem größeren Bauernhof. Sie erzählte damals, dass sie einige Zeit bei einer Familie Kaulfuß in Berlin in Stellung gewesen war und erklärte mir unter anderem, wie sie dort Austern knacken musste. Vielleicht war meine Großmutter bei dieser Familie Kaulfuß tätig, zu der Frau Gisela Kaulfuß gehört. Bitte übermitteln sie ihr diese Nachricht, da sie ja auch einiges aus der Vergangenheit wissen möchte. Ich selber stelle auch über meine Vorfahren Erkundigungen an, was aber leider zweck­los ist, da die Polen die Evangelischen Kirchenbücher verbrannt haben.“ Soweit Frau Jahn, die heute in Düsseldorf wohnt. Es ist durchaus möglich, dass hier eine Verbindung besteht, der seltene Familienname lässt dies vermuten, und so können wir gespannt sein, was sich daraus entwickelt.

Nun aber zu Zuschriften, die weit über das Persönliche hinausgehen und in denen unsere Leserinnen und Leser als Informanten gefragt werden. Herr Michael Heidler aus Steinheim wendet sich wegen einer Recherche zur Rüstungsgeschichte an uns. Seit einigen Jahren forscht er über die Fertigung von Volkssturm-Waffen in der Endphase des Zweiten Weltkrieges. Herr Heidler bezieht sich in seinem Schreiben auf zwei Werke in Danzig und Königsberg und fragt nach Heimatforschern oder anderen Personen, die sich mit diesem Thema befassen. Auf diesen Basisinformationen baut sich seine Suche auf: „Trotz der aussichtslosen Lage sollten gegen Kriegsende diverse Primitiv-Waffen für den Volkssturm doch noch den Endsieg bringen. Auch die Firma Schichau in Danzig hatte mit der Produktion des ,Volkssturmgewehres VG2‘ begonnen. Zwar sind bislang keine Realstücke mit dem offiziellen Herstellerzeichen ,fqe‘ gefunden worden, aber laut diversen Unterlagen sind einige Stücke hergestellt und ausgeliefert worden. Ebenso wurde die Königsberger Brauerei Ponarth zur ,Leitfirma Volksgewehr‘ ernannt. Ob diese selber auch Waffen herstellte, ist nicht bekannt. Sicher ist jedoch, dass sie die Fertigung der Einzelteile und deren einwandfreie Endmontage zu kontrollieren hatte. Aus diesem Grund bin ich derzeit auf der Suche nach Fotos dieser Firmen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges oder nach Kriegsende. Schichau Elbing ist überall zu finden, aber Danzig nicht. Das Volkssturmgewehr wurde aber bei Schichau im eingeschlossenen Danzig gefertigt.“ Soweit die Anfrage von Herrn Heidler, die zwar nur einen kleinen Kreis unter unseren Lesern anspricht, deren Aussagen aber für seine Arbeit sehr wichtig sind. (Michael Heidler, Eschenweg 45 in 89555 Steinheim am Albuch, E-Mail: heidler.michael@web.de)

Heimatforscher sind auch bei der Frage eines Lesers aus der Schweiz gefragt, allerdings führt sie weit in die Geschichte zurück, denn Herr Hans Klemke aus Winterthur glaubt, dass einer seiner Vorfahren aus Ostpreußen stammt. Es handelt sich um den Pastor Michael Klembken, der anno 1678 im Matrikel der Albertina als „Mich. Klembkius von Mornovien, Polon.“ aufgeführt wird. Er wurde Probst in Livland und erscheint bei Karl E. Napierski als „1657 in Ostpreußen geboren“. Nun hieß die Provinz Preußen erst seit 1773 amtlich Ostpreußen und wir haben auf den Karten aus jener Zeit kein Mornovien entdecken können. Es ist anzunehmen, dass dieser Ort im damaligen Königreich Polen zu suchen ist. Nicht nur dieses rätselhafte Mornovien beschäftigt Herrn Klemke, er sucht auch den Geburtsort seines Ur-Ur-Ur- Großvaters Carl Ludwig Klemke, der 1803 in Memel geheiratet hat und dort Gastwirt war. Wer kann unserem Leserfreund aus der Schweiz weiterhelfen? (Hans Klemke, Morgenweg 3 in CH 8404 Winterthur, Telefon 0041/52/2335249, E-Mail: hans.klemke@bluewin.ch)

Noch einmal zur „Klompenbank“ – dieser Bericht von Herbert Skroblin in Folge 50/12 hat in unserer Leserschaft viele Er­innerungen geweckt und auf eine muss ich eingehen, weil sie für die Klotzkorken eine Bezeichnung enthält, die bisher nicht genannt wurde: Gänserümpfe! So hat die Mutter von Frau Ilse Conrad-Kowalski die Schlorren benannt, und ein Paar dieser Holzschuhe besitzt unsere Leserin noch immer. Schon in ihren Mädchenjahren hat sie bei dem damals sehr beliebten Laienspiel „Tein Poar Klompe“ mitgewirkt, manche älteren Leserinnen werden sich an den Sketch im heimischen Platt gerne erinnern. Die Gänserümpfe, die Frau Conrad-Kowalski noch hin und wieder trägt, hat sie allerdings nicht im Fluchtgepäck aus der Heimat mitgenommen. Bei einem Hollandbesuch ließ sie sich das Paar nach Maß in einer Klompenmakerei anfertigen. In ihrer ersten Stelle auf dem Dorf waren sie geradezu unentbehrlich, sie hat die Gänserümpfe gerne getragen, weil sie so gut passten, und trägt sie heute noch hin und wieder. Seit Jahrzehnten besucht Herr Bernd Daus­kardt Ostpreußen, und hier besonders den nördlichen Teil, das Memelland. Ihn zieht es nicht unbedingt zu den Stätten und Orten, „wo was los ist“. Deshalb wird er immer wieder – auch von Landsleuten – gefragt, warum er so oft und lange auf den Kirchhöfen verweile, da könne man doch nichts erleben. Das sieht Herr Dauskardt nun ganz anders. „Nirgends sind wir unseren Ahnen so nahe wie auf den alten Friedhöfen, von denen viele erhalten blieben, viele sind zugewachsen und verwildert. So besuche ich regelmäßig den Kirchhof in dem kleinen Ort Akmonischken im Kirchspiel Coadjuthen, da wo Ostpreußen praktisch zu Ende ist.“ Und hier fiel Herrn Dauskardt beim letzten Besuch ein besonderer Grabstein auf, dessen Inschrift ihn bewegte. Die Beschriftung ist offensichtlich frisch in Silberfarbe nachgezogen worden, also muss jemand noch heute eine persönliche Verbindung zu diesem Grab haben. Es könnten Nachkommen der hier einst lebenden Familie Petereit sein, denn dieser Name ist dreimal auf dem Grabstein verzeichnet. Und die Daten besagen, dass es Geschwister sind, die hier liegen. Das beweist auch die Inschrift unter Kreuz und Palmenzweig: „Hier ruhen in Gott unsere lieben Kinder.“ Sie sind so jung gestorben: Martha mit 15, David mit zwölf und Heinrich mit 18 Jahren. Innerhalb von sechs Jahren verloren die Eltern ihre wahrscheinlich einzigen Kinder. Das zwingt Herrn Dauskardt zum Nachdenken, denn ihm ist schon oft bei seinen Friedhofbesuchen die früher herrschende hohe Kindersterblichkeit aufgefallen. Ein Grund waren die ansteckenden Kinderkrankheiten, für die es noch keine Mittel gab. Am furchtbarsten grassierte die Diphterie, die damals „Bräune“ genannt wurde. Herr Dauskardt hofft nun durch die Veröffentlichung seines Fotos einen Hinweis auf die Familie Petereit zu bekommen, nicht gerade ein seltener Name im nördlichen Ostpreußen, auch in seiner Ahnenreihe kommt er vor. (Bernd Dauskardt, Eichenweg 8 in 21279 Hollenstedt, Telefon 04165/80343.)

Noch einmal zu unserem schönen Seebad Cranz. Wir müssen Frau Ingeborg Winkler aus Meppen bitten, sich erneut mit voller Adressenangabe bei uns zu melden, damit sie die gewünschte Kopie der Panoramakarte aus der Prospektmappe bekommt, die Herr Alfred Görlitz aus Hamburg für uns angefertigt hat – aus einem gut erhaltenen Cranzer Prospekt aus den 30er Jahren, den er auf einer Müllhalde entdeckt hatte. Diese großartige Panoramakarte hat für Frau Winkler eine besondere Bedeutung, denn sie glaubt darauf die beiden Häuser zu finden, die ihrem Vater in Cranz gehörten. Und tatsächlich ist der „Königsberger Hof“ darauf erkennbar, sogar mit Extraangabe über Lage und Besitzer. Frau Winkler dürfte sich über diese Entdeckung freuen. Ein Foto von dem vereisten Cranzer Seesteg brachten wir in Folge 50/12, weil es einen Eindruck von der Kälte eines ostpreußischen Wintertages vermittelt, und es konnte tatsächlich geschehen, dass selbst in der Cranzer Bucht mit ihrer berühmten Brandung die See zufror, sodass man auf ihr gehen konnte. Dieses Ereignis hat die Königsberger Schriftstellerin Frieda Magnus-Unzer, *1875 in Groß Holstein, in ihrer Schilderung von einer Wanderung über die zugefrorene Ostsee festgehalten, die wir heute als Extra-Beitrag für unserer Familienseite ausgewählt haben.

Eure Ruth Geede


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