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09.02.13 / Mit der Waffe des Schwächeren / China testet Raketen und riskiert Wettrüsten mit den USA – Angst in der Region wächst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-13 vom 09. Februar 2013

Mit der Waffe des Schwächeren
China testet Raketen und riskiert Wettrüsten mit den USA – Angst in der Region wächst

Für westliche Luftbildauswerter war der riesige Betonquader im chinesischen Teil der Wüste Gobi zunächst ein Rätsel. Erst als Einschlagspuren von Raketentreffern sichtbar wurden, war klar, was die chinesische Volksbefreiungsarmee in der Steppenwüste übt – den Angriff auf Flugzeugträger.

Meldungen wie diese müssen in US-Medien immer öfter dafür herhalten, dass China als militärische Bedrohung für die USA dargestellt wird. Noch sieht die Realität allerdings anders aus. Die Volksbefreiungsarmee war über Jahrzehnte vor allem darauf ausgerichtet, mit Menschenmassen einen Landkrieg zu führen. Die einstige Zielvorgabe ist bis heute an zahlreichen Details absehbar. Was von der eindrucksvollen Luftflotte von rund 1500 rotchinesischen Kampflugzeugen im Ernstfall zu halten ist, wurde beispielsweise von Wayne Ulman, einem Analysten des National Air and Space Intelligence Center vorgerechnet. Kommt es im Ernstfall zu einem Luftkampf über Taiwan, dann werden sich nur rund 50 bis 60 rotchinesische Kampfflugzeuge für wenige Minuten einschalten können. Der Grund: Die Volksbefreiungsarmee verfügt kaum über nennenswerte Luftbetankungskapazitäten. Während die USA rund 500 Tankflugzeuge im Arsenal haben, mussten sich die rotchinesischen Luftstreitkräfte bisher mit 16 leistungsschwachen Tankern begnügen. Derartige Mängel ziehen sich bis heute quer durch das chinesische Rüstungsarsenal, von fehlenden Marineversorgern bis zur anhaltenden Unfähigkeit, ein leistungsfähiges Flugzeugtriebwerk auf gleichbleibendem Qualitätsni-

veau zu bauen. Die Antwort Pekings auf die technische Unterlegenheit ist zweigeteilt. Langfristig sollen die Streitkräfte zu einer modernen Armee aufgerüstet werden. Bis dahin versucht man, die Unterlegenheit mit Raketen auszugleichen. Im Arsenal sind inzwischen rund 2000 nicht-nukleare ballistische Raketen. Sollte es etwa zu einem Angriff auf Taiwan kommen, wird mit einem Schlag von bis zu 1000 ballistischen Raketen und Marschflugkörpern zunächst gegen Taiwan und US-Marinebasen gerechnet. Das Ziel wäre, die gegnerische Luftabwehr so weit zu schwächen, dass mit den begrenzten Möglichkeiten der rotchinesischen Luftwaffe eine Chance besteht.

Angesichts der maritimen Unterlegenheit Chinas wären auch gegen die US-Flotte Raketen das Mittel der Wahl. Neben schierer Masse an Flugkörpern zur Überlastung der US-Abwehrsysteme setzt China hierbei auch auf hochwertige Entwicklungen. Von Russland ist China mit der mo-dernsten Variante von Anti-Schiffs-Raketen, der SS-N-27 „Klub“ – in der Nato-Terminologie „Zissler“ genannt –, ausgerüstet worden. Die Rakete ist ein sogenannter Sea Skimmer, eine Anti-Schiffs-Rakete, die nur wenige Meter über der Meeresoberfläche fliegt und daher kaum zu orten ist. Als ebenso gefährlich gilt eine chinesische Eigenentwickung: die ballistische Rakete Dongfeng DF-21D. Sie stößt auf ihr Ziel aus dem All herab – ebenso wie die „Zissler“ erfolgt der Angriff in der Schlussphase mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit. Vor allem die Dongfeng gilt als ernstzunehmende Bedrohung für Flugzeugträger. Zumindest gilt dies momentan. Am Ende könnte sich die chinesische Raketenrüstung nämlich als kostspieliger Holzweg herausstellen. Sowohl in Frankreich als auch in den USA wird intensiv an der Raketenabwehr per Laser geforscht. Als Fehlschlag könnte sich langfristig allerdings auch die gesamte Militärstrategie Chinas erweisen. Peking zielt mittel- bis langfristig auf zweierlei: Dominanz in den sogenannten „nahen Meeren“, dem Gelben Meer, dem Ostchinesischen Meer und dem Südchinesischen Meer. Angestrebt ist sogar die Fähigkeit, im Notfall fremden Flotten den Zugang zu verwehren, um Gebietsfragen ungestört militärisch lösen zu können. Abgesichert werden soll dies durch eine garantierte nukleare Zweiteinsatzfähigkeit Chinas gegen die USA. Hält China an beiden Zielen fest, ist ein Rüstungswettlauf zu erwarten wie in der Endphase des Kalten Krieges.

Wer in der Neuauflage des Wett-rüstens den längeren finanziellen Atem hat, ist noch nicht ausgemacht. Schon jetzt absehbar ist allerdings ein Nebeneffekt, den Peking vermutlich nie beabsichtigte. In der Region wächst die Angst vor China, die USA werden immer öfter als Verbündete wahrgenommen. Die Entwicklung zeigt erstaunliche Resultate: Die ehemaligen Kriegsgegner Vietnam und USA beginnen, immer stärker zu kooperieren, und Japan erhält ausgerechnet von einem einstigen Weltkriegsgegner, den Philippinen, die Empfehlung aufzurüsten.           Norman Hanert


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