28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
09.02.13 / Strom aus der Wüste? / Import aus Krisenländern würde Versorgungssicherheit gefährden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-13 vom 09. Februar 2013

Strom aus der Wüste?
Import aus Krisenländern würde Versorgungssicherheit gefährden

Wind-, Wasser- und Sonnenkraftwerke sowie Stromtrassen von Norwegen bis in die Sahara und in den Nahen Osten sollen bis 2050 einen großen Teil des europäischen Stromverbrauchs decken. Das ehrgeizige Infrastrukturprojekt Desertec, bestehend aus der Desertec-Foundation und der Industrie-Initiative Dii, hat ein Investitionsvolumen von 400 Milliarden Euro (siehe PAZ 10/09 und 26/09), birgt jedoch einige Risiken. Dii-Geschäftsführer Paul van Son betonte in einem Interview mit der „Zeit“ Ende 2012, dass letztlich der Markt über den privatwirtschaftlichen Erfolg entscheide, setzte aber gleichzeitig auf staatliche Unterstützung, wie den Stromnetzausbau. Bundeswirtschaftsminister Phillip Rösler zeigte sich skeptisch und warnte vor „zu viel Euphorie“. Er sieht die beteiligten Unternehmen in der Pflicht, weitere Partner zu gewinnen, bevor es zu einer gemeinsamen politischen Absichtserklärung komme. Denn wie bei der deutschen Energiewende auch, müssen Fragen der Finanzierung beantwortet werden. Unklar ist beispielsweise, wer Spanien für die Weiterleitung des Stroms von Marokko nach Frankreich und Deutschland entschädigen soll.

Gegenüber der Osnabrücker Zeitung sagte Rösler im Dezember 2012, dass die Bundesregierung grundsätzlich bereit sei, ein von RWE in Marokko geplantes Pilotprojekt zu unterstützen. RWE plant am Standort Ouarzazate Photovoltaik- und Windkraftanlagen mit rund 100 Megawatt sowie ein solarthermisches Kraftwerk mit 150 Megawatt. Die Kosten werden auf 130 bis 150 Millionen Euro geschätzt, dürften aber weitaus höher liegen. Siemens, das aus Desertec ausgestiegen ist, zog sich aus dem Geschäftsfeld der kostenintensiven Solarthermie zurück. Der Konzern hatte 2009 für 418 Millionen US-Dollar das israelische Unternehmen Solel erworben, musste jedoch bereits im September 2011 einen erheblichen Teil des Kaufpreises abschreiben. Siemens-Vorstand Michael Süß sieht zukünftig vor allem Chancen für Spezialanbieter im weltweiten Markt für Solarthermie.

Neben den technischen Schwierigkeiten und der Finanzierungsfrage, die die Initiatoren hoffen, lösen zu können, wird über geopolitische Risiken bei Desertec kaum gesprochen. Die Geiselnahme von Arbeitern einer Gasförderanlage in Algerien im Januar 2013 zeigte, wie unsicher die Bedingungen für Unternehmen in Nordafrika sein können. Van Son gibt sich jedoch optimistisch und sieht das Projekt durch den Terrorismus nicht gefährdet. Die Desertec-Befürworter gehen davon aus, dass sich durch Investitionen die gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit erhöht und die Regionen sich stabilisieren. Der frühere Wirtschaftsminister Rainer Brüderle sah in einer staatlichen Förderung gleichzeitig die Funktion einer Entwicklungshilfe.

Riskant bleibt es dennoch, in keineswegs krisensicheren Ländern Strom für Europa produzieren zu wollen. Eine Beteiligung Deutschlands an Desertec konterkariert das Ziel der Bundesregierung, dass erneuerbare Energien für mehr Unabhängigkeit von Energieimporten und für mehr Versorgungssicherheit sorgen sollen.           U. Blode


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren