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09.02.13 / Bauarbeiten bei Gelehrtenfriedhof / Stadt führt Gespräche mit Beamten und Denkmalschützern − Bürgerinitiative bangt um kulturelles Erbe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-13 vom 09. Februar 2013

Bauarbeiten bei Gelehrtenfriedhof
Stadt führt Gespräche mit Beamten und Denkmalschützern − Bürgerinitiative bangt um kulturelles Erbe

Wieder drohen Bauarbeiten einen Friedhof zu zerstören: Nach Pillau gab es nun auch in Königsberg Gespräche um einen zu rettenden Friedhof. Es handelt sich um den Gelehrtenfriedhof nordwestlich des Sternwartenhügels.

Laut Gesetz müssen vor Baubeginn archäologische Bodenuntersuchungen vorgenommen werden, um das Vorhandensein von Objekten und Kunstprodukten, die von wissenschaftlichem Wert sind, aufzudecken. Doch eine Bodenuntersuchung wurde offensichtlich auch bei dem neuen Königsberger Bauprojekt in der Nähe der ehemaligen Sternwarte nicht durchgeführt.

Immerhin zeigt man sich – im Unterschied zu Pillau, wo auf einem Friedhof ein Kindergarten gebaut wird (die PAZ berichtete) – in Königsberg gesprächsbereit. Bürgermeister Alexander Jaroschuk traf sich mit Vertretern von Bürger­intiativen und Stadtvertretern zu einer Gesprächsrunde im Sitzungssaal der Stadtverwaltung. Auf der Sitzung sprachen neben Jaroschuk der Vorsitzende des Stadtrats, Alexander Pjatikop, der stellvertretende Stadtmanager Sergej Melnikow, Alexander Sujew, stellvertretender Chef für städtisches Eigentum und Grundstücksressourcen, sowie der Vorsitzende des Komitees für Architektur und Städtebau, Arthur Krupin, sowie andere für die Betrachtung der Frage zuständige Beamte mit Aktiven der Bürgerintiative „Rettet das Kopfsteinpflaster“. Das Treffen verlief in beinah familiärer Atmosphäre bei Gebäck und Süßigkeiten.

Es wurde erörtert, was als echtes Architekturdenkmal gilt, welche Kriterien bei dieser Betrachtung erfüllt sein müssen und wie man solche Objekte erhalten kann. Auf der Tagesordnung stand neben dem Erhalt von Objekten des kulturellen und architektonischen Erbes auch der Gelehrtenfriedhof der Albertina, der sich beim Gebäude der heutigen „Astronomischen Bastion“ befindet. Eines der Gräber ist das des berühmten Astronomen Friedrich Wilhelm Bessel. Er war der Gründer und erster Leiter des Königsberger Observatoriums, das im Jahr 1813 eröffnet wurde. Er führte hier bedeutende Forschungen durch, schrieb theoretische Abhandlungen und hielt Vorlesungen vor den Studenten der Albertina. Dank seines Wirkens wurde Königsberg eines der wichtigsten europäischen Zentren für astronomische Forschung seiner Zeit. Das Gebäude des Observatoriums, das während der Bombardements von 1944 zerstört wurde, befand sich in der Nähe der Bastion „Sternwarte“, die in den Jahren 1855 bis 1860 errichtet worden war. In sowjetischer Zeit wurde sie „astronomische Bastion“ genannt und gehörte lange Zeit zum Militärmeldeamt.

Während des Treffens in der Stadtverwaltung wurde erörtert, ob das sich im Bau befindende Gebäude das Gelände des Gelehrtenfriedhofs einnehmen wird und wie die Bauherren das Grabmal Bessels verändern werden. Es hieß, dass der Bauherr nur ein Bestreben habe, nämlich die Erhaltung des Objekts von kultureller Bedeutung, welches das Bessel-Grab nun einmal sei. Es wurde bekannt, dass der Friedhof erst vor Kurzem zunächst in das Verzeichnis der Objekte des kulturellen Erbes aufgenommen worden war und danach plötzlich wieder daraus verschwand. Eine Erklärung hierfür wurde nicht gegeben, es war lediglich zu hören, dass es an diesem Ort keine eindeutigen Zeichen gegeben habe, wo konkret welche Begräbnisstätten liegen. Larissa Kopzewa, die Leiterin der Denkmalschutzbehörde des Gebiets, sagte: „Wir wissen sicher, dass es an diesem Ort einen Friedhof gegeben hat, dass dort bestimmte Menschen beerdigt wurden. Bessel hat dort zumindest einmal gelegen, ebenso [Medizinprofessor] Wagner, also bedeutende Leute, aber wir können nicht sagen, ob sie dort noch immer sind oder inzwischen nicht mehr. Also woher soll ich das wissen?“

Wie üblich blieb vieles unklar. Alex­ander Jaroschuk sagte, dass man die Situation nun nicht mehr ändern könne, da die Bauarbeiten schon begonnen hätten. Er äußerte die Vermutung, dass sie ohnehin nicht direkt auf dem Gelände des Friedhofs erfolgen. In Zusammenhang mit den gestellten Fragen bot Alexander Jaroschuk an, Dokumente über den Gelehrtenfriedhof aus den Archiven anzufordern und darauf aufbauend Vorschläge zu erarbeiten, was zukünftig damit geschehen soll. Die gleiche Anfrage sollte man auch an den Kulturrat beim Gouverneur stellen. Jurij Tschernyschew


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