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09.02.13 / Idealisten unter sich / Befürworter des „Bedingungslosen Grundeinkommenes“ werben für ihre Idee

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-13 vom 09. Februar 2013

Idealisten unter sich
Befürworter des „Bedingungslosen Grundeinkommenes“ werben für ihre Idee

Nach Ansicht einiger Wissenschaftler und Politiker sprechen gute Gründe für die Einführung eines „Bedingungslosen Grundeinkommens“ (BGE) in einer Höhe über dem Existenzminimum für alle Bürger. Das BGE soll demnach ohne Bedürftigkeitsprüfung ausgezahlt werden und ohne Verpflichtung zur Arbeit oder zu einer anderen Gegenleistung. Diese Vorstellungen vertritt auch eine europäische Bürgerinitiative. Bereits Ralf Dahrendorf plädierte 1986 für ein BGE und lange vor ihm unter anderem Albert Einstein. Mit dem Konzept einer sozialen Basissicherung beschäftigt sich derzeit ein Gremium der UN. Doch in Deutschland hat das Thema keinen festen Platz in der Agenda der Debatten über unser Sozialsystem.

Ein Sammelband mit 25 Beiträgen von 29 namhaften deutschen Wissenschaftlern verschiedener Fachdisziplinen soll das jetzt ändern. Die Herausgeber des Buches mit dem Titel „Das Grundeinkommen. Würdigung – Wertungen – Wege“ sind Götz W. Werner, Gründer des Unternehmens dm-drogerie markt, Unternehmensberater und seit 2005 mit seiner Initiative „Unternimm die Zukunft“ Verfechter des freien Bürgereinkommens,  Wolfgang Eichhorn, der ehemalige Leiter des Instituts für Wirtschaftstheorie und Operations Research an der Universität Karlsruhe, sowie Lothar Friedrich, Professor für Wirtschaftsmathematik an der IH Wismar.

Im Vorwort kennzeichnen die Herausgeber das BGE als einen Meilenstein in der Menschheitsgeschichte und vergleichen ziemlich unbescheiden dessen Einführung, die sie für unvermeidbar halten, mit der Bismarckschen Sozialgesetzgebung Ende des 19. Jahrhunderts. Von den Buchautoren ergeht eine Mahnung an die Vermögenden und Politiker, die Wohlfahrt der Gesellschaft nachhaltig zu verbessern, da sich die Schere zwischen Arm und Reich in den meisten entwickelten Ländern zunehmend weiter öffnet. Ausgrenzung durch Armut, oftmals trotz Erwerbsarbeit, sei sozialer Sprengstoff, weil sie mit dem Gefühl der Entwürdigung einherginge, hervorgerufen auch durch die Prozeduren und Auflagen, die mit der Grundsicherung durch Hartz IV verbunden sind.

Lothar Friedrich schlägt einen Auszahlungsbetrag von 600 Euro pro Monat für Bürger von 19 bis 67 Jahren vor und 300 Euro pro Monat für Kinder, Rentner und Pensionäre. Entscheidend sei, dass im Sinne von Götz W. Werner unterschiedliche Auszahlungsbeiträge festgelegt und Arbeitsanreize geschaffen werden: „Dadurch erhöht sich trotz Transferentzug das verfügbare Einkommen der meisten Bürger beträchtlich; nur bei Höchstverdienern tritt eine Einkommensminderung ein.“

Das häufig vorgebrachte Argument, die Einführung eines BGE sei zu kostspielig für unsere Volkswirtschaft, versuchen Wolfgang Eichhorn und André Presse in der Rubrik „Wertungen mit aussagekräftigen Zahlen“ anhand von Materialien des Statistischen Bundesamts zu widerlegen. Ohnehin würde diese finanzielle Zuwendung in den weitaus meisten Fällen nicht als Geldbetrag ausgezahlt, sondern es handelt sich ab einer bestimmten Einkommenshöhe um einen Freibetrag bei der Einkommensteuer. Die Autoren haben errechnet, dass die Verbannung der Armut aus Deutschland durch das BGE pro Jahr zunächst weniger als 20 Milliarden Euro kosten würde.

Weniger deutlich absehbar sei, so Wolfgang Eichhorn, die Reaktion des Arbeitsmarktes nach Einführung des BGE. Hier müssten Anreize nach einer bestimmten Formel gesetzt werden. Umfrageergebnisse, die Hermann Binkert vorlegt, deuten darauf hin, dass nur eine winzige Minderheit der Befragten im Falle der Auszahlung des BGE keiner regulären Erwerbstätigkeit nachgehen würde.

Das nachdenkliche Schlusswort liefert der Künstler Johannes Stüttgen, der erklärt, warum in unserer Gesellschaft für viele Aufgaben nicht genug Geld zur Verfügung steht, so im sozialen Bereich. Unser Begriff von Arbeit, der nur Einkommensarbeit meint, sei einseitig und falsch, so Stüttgen. Ein solcher Arbeitsbegriff klammere jede andere Arbeit von Menschen aus, zum Beispiel Hausfrauentätigkeit oder alles, was Kranke zu leisten vermögen.           D. Jestrzemski

Götz W. Werner, Wolfgang Eichhorn, Lothar Friedrich (Hrsg.): „Das Grundeinkommen. Würdigung – Wertungen – Wege“, KIT Scientific Publishing, Karlsruhe 2012, broschiert, 371 Seiten, 29,90 Euro


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