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16.02.13 / Die verborgenen Brüder des BER / Kosten bei staatlichen Projekten laufen nicht nur beim Flughafen aus dem Ruder

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-13 vom 16. Februar 2013

Die verborgenen Brüder des BER
Kosten bei staatlichen Projekten laufen nicht nur beim Flughafen aus dem Ruder

Im Schatten des Flughafenskandals wuchern in Berlin und Brandenburg weitere staatliche Bauprojekte, deren Kosten außer Kontrolle geraten. Die Ursachen für die Kostenexplosion liegen ebenfalls im Versagen der Politik.

Die Hauptstadt schlittert von einem öffentlichen Baufiasko ins nächste: Bei der Staatsoper stehen höhere Kosten von 288 statt der geplanten 239 Millionen Euro an sowie die zweite Bauverzögerung. Hier gehe es kaum anders zu als beim Flughafen BER, kritisieren Berliner Medien. Derweil bekommt Baukonzern Hochtief den Zuschlag zum Rohbau des Humboldtforums (Berliner Schloss). Die Firma steht in Hamburg wegen der Kosten der hauptsächlich steuerfinanzierten Elbphilharmonie massiv in der Kritik. Potsdams Stadtschloss wird ebenfalls später fertig und teurer.

„Eins ist sicher: Ich mache hier nicht den Wowereit“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) jüngst im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ mit Blick auf das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21. Mag die Angst vor Berliner Verhältnissen im Ländle unberechtigt sein, Berlins Ruf für öffentliches Bauen scheint vollends ruiniert. Die Staatsoper Unter den Linden wird seit 2010 umgebaut und erhält nun einen 100 Meter langen, ganze acht Meter hohen Tunnel für mindestens 22 Millionen Euro. Mittelalterliche Pfahlbauten in gut 17 Metern Tiefe stehen der Röhre neuerdings im Weg. Zweck der Berliner Edelunterführung ist vorrangig der Transport von Kulissen. Ihr Auftraggeber ist Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD)

Noch dieses Jahr sollte die Oper nach dem Plan des Senats fertig sein. Doch das gelingt bestenfalls 2015 und selbst dieser Termin sei „äußerst kritisch“, gesteht Bausenator Michael Müller (SPD), denn selbst um wenigstens 2015 fertig zu werden, dürfe nun aber wirklich nichts mehr dazwischenkommen.

Die Liste der Zwischenfälle ist bereits lang: Bodenfunde, marode Mauern, ein überraschend entdeckter Tresorraum und die Trennung von den bisherigen Planern im Oktober. Vielleicht enden die Arbeiten an dem zum Hauptwerk des Architekten Georg Wenzeslaus Freiherr von Knobelsdorff (1699–1753) gehörenden Bau sogar erst 2017, fürchten Bauexperten. Die aktuelle Verzögerung beruht nach Expertenvorwürfen jedenfalls nicht auf unvorhersehbaren Ereignissen. Gutachter stellten schon 2001 technische Probleme bei der geplanten Anhebung des Bühnenturms um vier Meter fest. Bei den aktuellen Bauarbeiten wurden sie nach einem Bericht des „Deutschlandradios“ einfach ausgeklammert.

Grund der Anhebung ist der Wunsch des Generalmusikdirektors Daniel Barenboim nach mehr Nachhallzeit. Vier Meter mehr bis zur Decke bringen Akustikern zufolge 1,6 statt bisher 1,1 Sekunden. Millionenschwer indes hallen beim Opernprojekt die Fehler des Flughafens nach. Beiderorts verzichtete das politische Berlin auf einen Generalunternehmer.

Die Hoffnung der politisch Verantwortlichen, mit vielen Einzelplanungen sparen zu können, hat sich jedoch zerschlagen. Wie beim BER-Projekt konnte sich auch beim friderizianischen Opernhaus, einer von drei staatlichen Opern, die sich das mit mehr als 60 Milliarden Euro verschuldete Berlin leistet, die Stadtpolitik nicht auf eine klare Linie und die richtigen Proportionen einigen.

Umplanungen bestimmten die Opernsanierung: Erst sollte ein moderner Saal mit besserer Sicht den zu DDR-Zeiten im alten Stil rekonstruierten ersetzen, dann entschied sich die Politik doch für eine schmuckere Form unter Berufung auf den Denkmalschutz. Um den Architekten des modernen Saals loszuwerden, musste nun jedoch die Ausschreibung abgebrochen werden.

Wie beim Flughafen zieht Berlins Senat auch in dieser Pannenvorführung den Bund mit sich, der allerdings seinen Anteil zum Opernhaus auf 200 Millionen Euro gedeckelt hat. Die von der Bauverwaltung jetzt festgestellten Mehrkosten gehen somit voll zu Lasten der Landeskasse.

Zu Lasten von Brandenburgs Landeskasse geht die Freude, dass Potsdam „nun sein Herz gefunden“ habe, wie Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zum Landtag im wiederentstehenden Stadtschloss sagt. Ähnlich wie an der Spree treten auch dort die Folgen politischer Umplanungen zutage. Anfangs sollte der Knobelsdorffbau 2012 wiedererstanden sein. Dann hieß es, Ende dieses Jahres sei es so weit. Die Baufirma BAM rechnet inzwischen mit Mai 2014. Politische Änderungswünsche bei Türen, Treppenhaus und Dach schlugen vor allem dank des Privatinvestors weniger zu Buche als in Berlin, doch auch hier ist das Endergebnis teurer als geplant. Kritiker fürchten nun, dass sich solch ein politisches Spiel mit ständig wechselnden Kulissen wie in der Staatsoper und in Potsdam auch am Berliner Schloss (Humboldtforum) wiederholen könnte. Der Baukonzern Hochtief hat den Zuschlag für den Rohbau erhalten.

In Hamburg steht Hochtief trotz einer erst unlängst erzielten Einigung im Streit mit der Stadt weiter massiv in der Kritik: Einst mit 77 Millionen Euro aus der Stadtkasse geplant, sind die Kosten für die von Hochtief gebaute Elbphilharmonie laut jüngsten Angaben von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) inzwischen auf 575 Millionen Euro angewachsen. Sverre Gutschmidt


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