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16.02.13 / »Hanfsperling« im Anflug / Vorsicht Suchtgefahr: Mahjong erobert den Westen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-13 vom 16. Februar 2013

»Hanfsperling« im Anflug
Vorsicht Suchtgefahr: Mahjong erobert den Westen

Konzentriert beugen sich die Spieler über den Tisch und bewegen kleine Domino-ähnliche Steine. Es geht um alles, es geht um den Weltmeistertitel und den will sich wieder ein Asiate holen. Denn Mahjong ist wie Tischtennis das Spiel der Chinesen. Ganze Nächte verbringen die Erwachsenen, oft Frauen, damit. Denn Mahjong kann süchtig machen. Nun hat sich das Fieber auch in den Westen übertragen. Seit 1998 ist das Spiel, das übersetzt „Hanfsperling“ heißt, von der staatlichen Sportkommission Chinas als 255. Sportart offiziell anerkannt.

In Europa etablierte sich die in Dänemark registrierte „European Mahjong Association“, der 16 Nationen angehören. Nachdem ihre Mitglieder im chinesischen Qianjiang unlängst an der Weltmeisterschaft teilgenommen ha­ben, werden sie im September 2013 in Österreich die europäische Meisterschaft austragen. In China traten zuletzt 13 Nationen mit 188 Spielern an. Die Chinesen dominierten, bester Europäer war der Franzose André Balagourou, für Deutschland blieb nur Rang 120 übrig, den Xenia Franke belegte. Bei den Vorstandswahlen der Deutschen Mahjong-Liga wurde sie gerade erst im Januar hinter der neuen Präsidentin Anne Schäfer zu einer der beiden neuen Vizechefinnen gewählt.

In Deutschland traf man sich zuletzt im Juli 2012 in Hannover zur nationalen Meisterschaft. Im November wurden dann weitere Wettkämpfe in Frankreich, Russland, Österreich und den Niederlanden ausgetragen. 2011 bei der europäischen Meisterschaft in Mestre/Italien dauerte die Session der 160 Spieler drei Tage, wobei die Franzosen gewannen.

Das ist die sportliche Seite. Ungeachtet dessen fand Mahjong auch immer Eingang in den häuslichen Bereich und löste so manches andere Spiel ab. Angeblich soll Mahjong 4000 Jahre alt sein. Andere Lesarten verlegen die Gründung auf das 500. vorchristliche Jahrhundert, als der Philosoph Konfuzius das System erfunden haben soll. Vorgängerspiele zum Teil in Kartenform hat es auf jeden Fall gegeben. Doch diese in den USA verbreiteten Versionen dienten wohl eher dem Werbeeffekt als der Wahrheit.

Den historischen Quellen nach entstand das Spiel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die ältesten erhaltenen Spiele stammen aus dem Jahr 1870. In Deutschland wurde Mahjong durch das Ankerwerk, dem Pharma- und Spielzeughersteller aus Rudolstadt, eingeführt. Ein weiterer führender Hersteller der bunten Steine war die Hamburger Firma Nordicus-Golconda-Werke. Doch Ende der 1930er Jahre kam es wieder aus der Mode, um jetzt wieder eine Renaissance zu erleben. Zu diesem Trend trugen die Touristenströme nach Fernost und die Migrationsbewegungen etwa der Filipinos nach Westen bei. Unter dem großen Vorsitzenden Mao war das Spiel in seinem Ursprungsland zuerst verboten. Nach der Kulturrevolution fand es wieder Eingang in das Reich der Mitte und wurde zum Lieblingsspiel fast aller Asiaten, vor allem aber der Japaner.

Mahjong besteht aus 108 sogenannten Ziegeln der drei Farben Rot, Blau und Grün, in denen die Symbole und chinesischen Schriftzeichen gehalten sind. Dazu kommen weitere 28 Ziegel der Trumpffarbe mit den lyrischen Namen „Vier Winde“ und „Drei Drachen“ sowie acht Ziegel der Hauptfarbe „Vier Blumen“ und „Vier Jahreszeiten“. Früher bestanden die Steine aus Elfenbein, heute sind sie aus Holz oder Plastik. Zwei bis vier Würfel (es spielen jeweils vier Personen) vervollständigen das Set. Die Firma „Lagarto“ in Helsinki bietet eine Windows-Version für den Computer an. Es existieren im Internet auch etwa 15 kostenlose Online-Spiele.

Die britische Band „Pink Floyd widmete dem Spiel unter dem Titel „A Pillow of Winds“ einen Song und die Kriminalautorin Agatha Christie verewigte es in dem Roman „The Murder of Roger Ackroyd“. Joachim Feyerabend


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