19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.02.13 / Farbenfroher Schwebezustand / Als Männer ihre Frauen noch in den Himmel hoben – Kunsthaus Zürich mit viel beachteter Chagall-Schau

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-13 vom 23. Februar 2013

Farbenfroher Schwebezustand
Als Männer ihre Frauen noch in den Himmel hoben – Kunsthaus Zürich mit viel beachteter Chagall-Schau

Der Künstler liebte die Menschen und die Tiere, zwischen denen er eine spürbare Harmonie herstellte. Er schuf fast kindlich erscheinende Malereien vom russischen Dorfleben, ließ leichtgewichtige Gestalten durch die Luft schweben wie zum Beispiel Bella, seine geliebte erste Frau, die er im Ölbild „Der Spaziergang“ allerdings fest an der hoch empor- gereckten Hand hält.

Marc Chagall (1887–1985) wird zurzeit eine – in Zusammenarbeit mit der Tate Liverpool zustandegekommene – Ausstellung im Kunsthaus Zürich gewidmet, das auch über eine eigene Abteilung mit Arbeiten des malenden Poeten verfügt. Er hat magisch-verträumte Szenen ersonnen und blieb fast immer figurativ. Die nicht chronologisch, sondern nach stilistischen Gesichtspunkten aufgebaute Präsentation umfasst 90 Gemälde und zusätzliche Arbeiten auf Papier primär aus dem Frühwerk des Künstlers. Hinzu kommen die Entwürfe für die Wandbilder, die er 1920 für das jüdische Theater in Moskau malte. Chagall wird in Zürich in all seiner Vielseitigkeit zugleich als Meister der Moderne gewürdigt mit Ausblicken auf sein Spätwerk.

Die prägenden Jahre des von Rembrandt stark inspirierten Künstlers, der im weißrussischen Wi­tebsk geboren wurde und im südfranzösischen Saint-Paul-de-Vence starb, umfassten den Zeit­raum von 1911 bis 1922. Die Stationen sind Paris, wo er nachhaltig wirkende Inspirationen erfuhr, Berlin (hier stellte er 1914 in Herwarth Waldens Galerie „Der Sturm“ aus) und Witebsk, sein von ihm stets im Herzen bewahrter Heimatort, den er 1922 verließ. Marc Chagall malte Themen des einfachen Lebens, die für ihn große Bedeut­samkeit hatten, wie zum Bei­spiel die Ge­burt eines Kindes. Auffallend an vielen seiner farbintensiven Bilder ist die Vorliebe für die Natur, in der er sich oft als quer liegen­de Vordergrundfigur verewigt, aber auch seine Sympathie für Tiere und Mu­sikanten. Ein wiederkehrendes Motiv ist der Geiger, denn Tanz und Musik galten ihm als Möglichkeit, mit Gott zu kommunizieren. Häufig integriert der Künstler Blumensträuße in seine Bilder, und die Katze scheint er als seine Muse empfunden zu haben. In dem Gemälde „Paris durch ein Fenster gesehen“ mit einer von Delaunay inspirierten Mischung aus Außen- und Innensicht integrierte er einen Stubentiger mit menschlichen Zügen. Man kann in den Bildern lesen wie in einem Buch voller Überraschungen und immer neu zu entdeckender Schönheiten.

In den verschiedenen Sektionen der Ausstellung lassen sich Chagalls Inspirationen unschwer verfolgen, angefangen bei den prismatischen Bildern des Kubismus über den „Farbensturm“, den der Orphismus bei ihm auslöste, bis zu seiner kurzen Bekanntschaft mit dem Suprematismus und seinem Interesse für das Theater. Chagalls Bemühung, in seinen Bildern ein harmonisches Bild der Schöpfung zu vermitteln, wird in der Ausstellung überzeugend demonstriert. Sie läuft im Kunsthaus Zürich noch bis zum 12. Mai. Heide Seele


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren