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23.02.13 / Der Unpreußischste / Vor 300 Jahren starb mit Friedrich I. der erste der Preußenkönige

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-13 vom 23. Februar 2013

Der Unpreußischste
Vor 300 Jahren starb mit Friedrich I. der erste der Preußenkönige

Mehr sein als scheinen“, lautet die Devise der Preußen. „Mehr scheinen als sein“, war das gelebte Motto des ersten preußischen Königs. Keiner der nachfolgenden Preußenkönige war derart unpreußisch wie Fried­rich I. So entwickelt sich denn auch das Bild dieses 1657 in Königsberg geborenen und ab dem Tode seines Vaters, des Großen Kurfürsten, im Jahre 1688 regierenden Hohenzollern in der Geschichtsschreibung diametral zu dem Preußens. Solange Preußen Großmacht war, war das Bild Fried­richs I. düster. Seitdem jedoch der preußische Staat aufgelöst worden ist und preußische Tugenden wie Anstand, Sparsamkeit und Bescheidenheit nicht mehr hoch im Kurs stehen, werden positive Seiten an Friedrich I. entdeckt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt und einen Zusammenhang sieht.

Unbestritten dürfte sein, dass Friedrich I. verschwenderisch, nachsichtig gegenüber Korruption, labil und eitel war. Zielstrebigkeit zeigte er nur in einem, dem Streben nach der Rangerhebung seines Herzogtums Preußen in ein Königreich. Früher wurde dieses nur als Ausdruck seiner Eitelkeit gewertet, einer ebenso unpreußischen Untugend wie seine Prunksucht, die seinen Staat überforderte und an den Rand des ökonomischen Kollapses führte. In Nachkriegsdeutschland zeigt man sich nachsichtiger. Zur Verteidigung wird gerne angeführt, dass auch andere Herrscher seiner Zeit nach Königskronen strebten. Der sächsische Kurfürst August der Starke errang 1697 die polnische Königskrone und der hannoversche Kurfürst Georg Ludwig 1714 die englische. Da scheint es nicht verwunderlich, dass scheinbar analog der brandenburgische Kurfürst nach der preußischen Königskrone griff. Dabei bleibt nur ein wichtiger Unterschied unberück­sichtigt: An der polnischen wie der englischen Krone hing ein ganzes Königreich an Machtgewinn, an der preußischen hingegen kein einziger Quadratmeter, denn dank seines Vaters und Vorgängers war Friedrich auch schon vor der Königskrönung von 1701 souveräner Herrscher in Preußen gewesen, nur eben als Herzog statt als König.

Gerne wird zur Verteidigung Friedrichs ein unterstellter Pre­stige­gewinn Preußens angeführt. Allerdings wirkt Schein unfreiwillig komisch, wenn der Gegensatz zum Sein zu groß ist. So ist überliefert, dass weder seine Ehefrau noch sein Sohn die Selbstkrönung des Ehemannes und Vaters sonderlich ernst nahmen. Und damit standen sie nicht allein. Erschwerend kam hinzu, dass Friedrich ja noch nicht einmal König von, sondern nur in etwas war. Das lag daran, dass es neben dem Preußen der Hohenzollern auch noch das des polnischen Königs gab. Diese Einschränkung fiel erst zwei Generationen später unter Friedrich dem Großen mit dem Gewinn des späteren Westpreußen als Folge der sogenannten Ersten Teilung Polens von 1772 weg.

Zwei Vorteile des neuen Königtums seien hier aber auch genannt. Da ist zum einen die Kehrseite der königlichen Prunksucht in Form der Förderung der Künste, vor allem der Baukunst. Und da ist zum anderen, dass aus Prestigegründen nun fast nichts mehr „nur“ kurfürstlich-brandenburgisch sein durfte, sondern so viel wie möglich königlich-preußisch. Das war ein wichtiger Schritt zur Verschmelzung des Kurfürstentums Brandenburg und des Herzogtums Preußen zum Königreich Preußen.

Für die Rangerhöhung seines Souveräns zahlte der Hohenzollernstaat jedoch einen hohen Preis, indem jener sich gegenüber Wien verpflichtete, die Habsburger mit Tausenden Soldaten, Geld und seinem Stimmrecht als Kurfürst zu unterstützen. Abgesehen von der moralischen Beurteilung dieses sogenannten Kronkontraktes stellt sich die Frage, ob der mit diesem Verzicht auf Menschen, Geld und Entscheidungsfreiheit verbundene Machtverlust den unterstellten Prestigegewinn wert war. M.R.


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